Deuz. Im Hotel „Fünf10“ arbeiten Menschen mit und ohne Handicap zusammen. Wie läuft der Betrieb über ein Jahr nach Eröffnung und dem Lockdown?
Das Inklusionshotel „Fünf10“ hat ein ganz schönes Hin und Her hinter sich: Mitten in der Corona-Pandemie eröffnete es im August 2020, dann war es von Januar bis August 2021 geschlossen, erzählt Annabel Barteit, stellvertretende Betriebsleiterin: „Wir konnten keine Struktur schaffen.“ Die Zeit, als das Hotel offen war, reichte nicht aus. All das musste dann „im Vollbetrieb“ ab diesem Sommer geleistet werden. Das tut dem Erfolg – auch nach dem Lockdown – aber keinen Abbruch: „Wir sind seit August fast durchgehend zu 60 Prozent gebucht“, so Annabel Barteit.
Inklusionshotel „Fünf10“ in Netphen: So läuft die Zusammenarbeit
Im Inklusionshotel „Fünf10“ arbeiten Menschen mit und ohne Handicap zusammen. Berührungsängste gebe es zwischen ihnen nicht – „ganz im Gegenteil“, betont Annabel Barteit. Im Hotel „Fünf10“ würden auch die Menschen mit Handicap „genauso wie jeder andere behandelt“. Dem ein oder anderen Beschäftigten mit Handicap (siehe Infobox) müsse man die Abläufe nur mehrmals erklären, so Restaurantleiterin Jutta Seringhaus. „Da fängt man Montag bei Adam und Eva an. Übers Wochenende kann man anscheinend ganz viel vergessen“, erzählt sie mit einem Schmunzeln. Das braucht Geduld, aber die hat Jutta Seringhaus. Nur an manchen Tagen müsse sie einmal „tief durchatmen“.
Das Team
Das Team im „Fünf10“ setzt sich wie folgt zusammen: Vier inklusive Mitarbeiter haben eine Beeinträchtigung und sind ganz normal für den ersten Arbeitsmarkt vorgesehen, erläutert Annabel Barteit. Zwölf sogenannte Beschäftigte seien bei der AWO-Werkstatt in Deuz angestellt und könnten im „Fünf10“ ausprobieren, ob die Arbeit im Hotel etwas für sie ist. Hinzu kommen sechs Hotelmitarbeiterinnen und -mitarbeiter ohne Handicap.
„Wir haben Glück mit unserem Personal“, sagt auch Annabel Barteit. In dem „bunten Haufen“, wie Jutta Seringhaus das Team zusammenfasst, haben alle Spaß an der (Zusammen-)Arbeit. Dort ist Inklusion kein von außen aufgedrückter Zwang oder einfach nur eine hübsche Idee. „Es ist erst Inklusion, wenn sie selbstverständlich ist“, fasst Jutta Seringhaus zusammen. Dem ein oder anderen Gast falle gar nicht auf, dass in Deuz Menschen mit und ohne Handicap zusammenarbeiten, erzählt Annabel Barteit.
Netphen: Inklusionshotel „Fünf10“ – das sind die Aufgaben im Hotel
Jutta Seringhaus bringt den Beschäftigten zum Beispiel bei, wie man die Tische eindeckt, Bestecke sortiert, das Buffet einräumt oder Frühstücksplatten belegt. Dabei setzt sie auf Eigeninitiative und hilft mit dem ein oder anderen Wink, wie etwa „Was braucht man für Tee?“.
Hausdame Lisa Buhlmann arbeitet mit Zweierteams, in dem die Menschen mit Handicap zusammenarbeiten. Nicht jeder könne die schwere Matratze heben. „Im Housekeeping muss man gucken, wer es körperlich gut schafft“, sagt sie. Die Zimmerkontrolle übernimmt am Ende dann immer eine Person ohne Beeinträchtigung. Auch wenn es ein Inklusionshotel ist, am Ende möchte jede oder jeder Gast im Zimmer genau dieselben Ansprüche erfüllt sehen wie in jedem anderen Nicht-Inklusionshotel. Neben Geschäftskunden würden vor allem Wanderer das Deuzer Hotel besuchen, so Annabel Barteit.
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Dort stellt sich wie in jedem anderen Hotel meist schnell heraus, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders gerne machen oder eben auch besonders gut können. Während für den einen der Spüldienst eine Wohltat ist, ist für den anderen der Restaurantservice der Favorit, erläutert Jutta Seringhaus. Jede und jeder findet im Hotel „Fünf10“ seine Aufgabe.
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Stefan Sassmannshausen gefällt es „gut“ dort, wenn auch im Restaurant „Fünf10“ in Kreuztal etwas besser. Aber nur, weil der Weg von seinem Heimatort dahin kürzer ist. Er hilft auch schon einmal im Housekeeping im Hotel aus. Sein Steckenpferd ist aber das Restaurant. Auch im Seminargebäude nebenan („Akademie 19“) sorgt er regelmäßig für die Bewirtung.
Netphen: Auch Inklusionshotel „Fünf10“ sucht weiterhin Fachkräfte
Doch so viel Spaß es allen Beteiligten im Hotel „Fünf10“ macht – der Fachkräftemangel ist auch hier ein Problem. Die Arbeitszeiten in der Gastronomie können sich viele nicht vorstellen. „Wir brauchen hauptamtliche Mitarbeiter“, betont Jutta Seringhaus. Gerade während des Lockdowns hätten sich viele Hotel- oder Restaurantfachkräfte eine andere Branche gesucht, erzählt Annabel Barteit.
Im Hotel „Fünf10“ wurde diese Zeit genutzt: Während des Beherbergungsverbots erstellte Jutta Seringhaus mit den Beschäftigten Lernmappen. „Man muss viel mit Bebilderung arbeiten, die Beschäftigten können nicht alle lesen“, erläutert sie. So sorgte sie für Arbeit, während die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu 100 Prozent in Kurzarbeit waren.
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