Siegen. Die Stadt Siegen möchte mit NRW-Fördermitteln die Weichen für eine attraktivere Innenstadt stellen. Der Weg: Läden an- und günstiger vermieten.

Die Stadt Siegen möchte mit Hilfe von Landesfördermitteln leere Ladenlokale in der Innenstadt an- und dann deutlich günstiger an Gewerbetreibende weitervermieten. Auf diese Weise sollen neue und innovative Idee und Konzepte zum Zuge kommen, die Branchenvielfalt nachhaltig ausgebaut und die Attraktivität der Innenstadt langfristig gesteigert werden. Insgesamt geht es um 512.279 Euro für die Jahre 2021 bis 2023.

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Grundlage ist das „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in NRW“. Zehn Prozent der Summe – also 51.228 Euro – muss die Stadt als Eigenanteil aufbringen. Der Antrag ist rausgegangen, die Bezirksregierung hat die Förderung in Aussicht gestellt. Das Land Nordrhein-Westfalen habe im Sommer 2020 die ersten 70 und in einer zweiten Runde noch einmal 30 Millionen Euro freigegeben, „um von Leerstand und Schließungen in Handel und Gastronomie betroffene Städte und Kommunen zu unterstützen“, ist in der Vorlage erläutert, mittels derer die politischen Gremien in Siegen Kenntnis nehmen. Eine Zustimmung der Kommunalpolitik ist nicht erforderlich.

Siegen: Lockdowns und Corona-Pandemie verstärken Trend zum Online-Einkauf

Das Problem ist bundesweit bekannt: „Die Corona-Pandemie hat den Strukturwandel in deutschen Innenstädten – und hier besonders im stationären Einzelhandel – stark beschleunigt“, schreibt die Verwaltung. In Siegen habe die Wirtschaftsförderung „eine deutliche Steigerung des Beratungsbedarfs festgestellt“, vor allem die extra für Gewerbetreibende eingerichtete Service-Hotline „wurde sehr stark nachgefragt“.

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Gerade die Lockdowns haben nach allgemeiner Einschätzung massiven Anteil daran, dass der schon zuvor bestehende Trend zum Einkauf im Internet sich in den vergangenen anderthalb Jahren noch einmal heftig verstärkt hat. Aber, so die Verwaltung: „Funktionsfähige, vitale Innenstädte sowie deren Urbanität und Attraktivität hängen vom Einzelhandels- und Gastronomiebesatz ab.“

Siegen: Eine attraktive Innenstadt braucht Alleinstellungsmerkmale und Innovationen

Mittlerweile, auch da sind sich Fachleute längst einig, kommt aber noch etwas hinzu: Ohne Originalität und Alleinstellungsmerkmale, die über ein Einkaufserlebnis, wie es die Kundschaft aus den 80er und 90er Jahren gewöhnt ist, wird es künftig nicht mehr gehen. Simpel ausgedrückt: Wer Artikel online von der Couch aus bestellen und ins Haus liefern lassen kann, braucht über die reine Versorgung mit Waren hinaus zusätzliche Anreize, um in die Innenstadt zu gehen. Und wenn er oder sie dann schon einmal da ist: Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass dort auch etwas gekauft wird.

Die Verteilung

Die Mittel im Zuge des „Sofortprogramms zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in NRW“ sollen gleichmäßig – und für 2021 anteilig – verplant werden.

In Siegen stehen damit für das Jahr 2021 insgesamt 46.105 Euro zur Verfügung, für die Jahre 2022 und 2023 jeweils 207.473 Euro. Der städtische Eigenanteil beträgt zehn Prozent.

„Interessante Nutzungsmischungen“ sind entsprechend das Ziel, wie die Verwaltung erklärt. Diese könnten beispielsweise durch die Ansiedlung kleiner Manufakturen, Ateliers mit Direktverkauf oder Läden mit regionalen Produkten entstehen, außerdem durch Kultur- und Bildungsangebote oder Einrichtungen wie Repair-Cafés. Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass solche Nutzungen laut Vorlage auch temporär nutzbar sein können. Einerseits bekommen Start-ups so eine Möglichkeit, sich der Kundschaft öffentlichkeitswirksam vorzustellen; andererseits können Gewerbetreibende so ohne größeres Risiko testen, wie ihre Geschäftsidee ankommt – ohne sich einen langfristigen, womöglich über Jahre laufenden Mietvertrag ans Bein zu binden.

Stadt Siegen gewinnt dankt Fördermitteln Einfluss auf die Einzelhandelslandschaft

Das Förderprogramm gibt der Stadt die Chance, bis zu zehn Ladenlokale in Kölner Straße und Bahnhofstraße anzumieten. Förderfähig sind bis zu 70 Prozent der sogenannten Altmiete (kalt); diese darf bei der Vermietung um bis zu 80 Prozent reduziert werden. Was das konkret heißt, macht die Verwaltung an einem Rechenbeispiel deutlich: Ein Ladenlokal mit einer Kaltmiete von 10 Euro pro Quadratmeter könnte die Stadt für 7 Euro an- und für 2 Euro weitervermieten.

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Der Vermieter hätte so (im Gegensatz zum Leerstand) überhaupt Einnahmen und kann einen Beitrag zur Attraktivierung des Quartiers leisten – was den Wert der Immobilie steigert. Der Endmieter kann wesentlich günstiger als üblich in die Fußgängerzone einziehen. Und die Stadt hat maximale Einflussmöglichkeiten und kann steuern, welche Geschäftsideen das Bild prägen. Ziel bei alledem: Eine nachhaltige Entwicklung anstoßen, die der Gesamt-Innenstadt langfristig weiterhilft. Natürlich, so die Verwaltung, setzt dieses Modell aber „von allen Akteuren Mut zur Veränderung, hohe Kooperationsbereitschaft und immobilienwirtschaftliche Flexibilität seitens der Eigentümer“ voraus. Einige Vermieter hätten bei einer exemplarischen Abfrage aber bereits signalisiert, „zur vergünstigten Vermietung von Gewerbeflächen an die Stadt“ bereit zu sein.

Siegen: Zentrenmanagement soll Innenstadt genau unter die Lupe nehmen

Für die Anmietung von Leerständen ist der überwiegende Großteil des Gesamt-Projekt-Etats vorgesehen. 93.000 Euro sollen jedoch in den „Anstoß eines Zentrenmanagements“ fließen. Innerhalb dessen soll geprüft und entschieden werden, „ob die Konzentration von Handelslagen erforderlich ist und, wenn ja, wo diese räumlich und in welcher Form stattfinden soll“, wie in der Vorlage ausgeführt ist. An diesem Passus nahm Michael Groß, Fraktionsvorsitzender der Grünen, bei Vorstellung der Pläne im Haupt- und Finanzausschuss Anstoß: Dererlei Entscheidungen seien „nicht Teil des laufenden Geschäfts der Verwaltung“. Er plädierte für eine Einbindung der Politik. Die Verwaltung sagte zu, in den politischen Gremien regelmäßig Bericht über den Stand der Dinge zu geben.

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