Siegen. Ausverkauf für die Umwandlung zu Globus bei Real in Siegen: Lebensmittel bis zuletzt, komplett leerer Markt am 30. Oktober – nicht so einfach.
Eine Warenhausmarke verschwindet, nicht nur aus Siegen: Ende Oktober schließt die Real-Filiale an der Eiserfelder Straße. Vorher muss alles raus, das Gebäude komplett leer sein für die Umbauarbeiten, bis im Sommer 2022 die neue Globus-Filiale eröffnet werden kann. Eine logistische Herausforderung für Geschäftsleitung und Belegschaft, die den Abverkauf über flexible Rabattaktionen punktgenau bis zur Schließung steuern – und die alle übernommen werden.
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Am Samstag, 30. Oktober um 16 Uhr – voraussichtlich – wird der Siegener Real für immer seine Pforten schließen. Wenn keine Ware mehr da ist, auch schon früher. Absolut leer muss das Warenhaus sein, bekräftigt Geschäftsleiter Rainer Keeve. Natürlich werde aber dafür Sorge getragen, dass zumindest die Nahversorgung im Lebensmittelbereich bis möglichst zuletzt gesichert sei, Kunden in diesem Segment keine Einschränkungen hinnehmen müssten.
Kein Arbeitsplatz geht in Siegen durch Aus von Real verloren – es entstehen neue
Das zu bewerkstelligen ist durchaus kompliziert: Zwar wird einerseits der Lagerbestand bestimmter Produkte nicht weiter aufgefüllt, gewisse Kontingente aber, Obst und Gemüse etwa, müssen aber eben doch nachgeliefert werden. „Wir analysieren jeden Tag sehr genau, wo wir nachjustieren“, erläutert Keeve; man behalte den Bestand im Blick, über Rabatte wird nachgeschärft, weitere Prozente erlassen, um das oberste Ziel des leeren Geschäfts punktgenau zu erreichen. Am Donnerstag startete der Abverkauf, „wir sind fast überrannt worden“, sagt er. Ganz neu sei das für die Belegschaft in Siegen nicht, man verfüge über einige Erfahrung – aber erstmals muss der Prozess in nur vier Wochen über die Bühne gebracht werden.
Alle Beschäftigten der Filiale werden übernommen, auch die leitenden Angestellten – und darüber hinaus wird noch einiges Personal benötigt, sagt Rainer Keeve. Das Unternehmen konnte nicht alle seine Filialen an neue Eigentümer verkaufen, zeitweise herrschte auch in Siegen Unsicherheit. Dass alle Jobs gesichert sind: Enorm beruhigend. „Eine Ära geht zu Ende, wir haben unter Real gute Zeiten gehabt“, sagt der Geschäftsleiter. Unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin herrsche große Loyalität zum Standort, zum Unternehmen, „Fluktuation kennen wir kaum.“ Viele seien seit langer Zeit im Unternehmen.
Siegener Beschäftigte werden täglich mit Bussen zur Einarbeitung gebracht
Der neue Eigentümer Globus lege großen Wert darauf, dass das so bleibt: Alle Angestellten seien früh an der Neuausrichtung ihres Arbeitsplatzes beteiligt worden, mit allen wurde vor der Übernahme gesprochen. „Das hätten wir uns nicht besser wünschen können“, sagt der Filialleiter, der den Standort nach 17 Jahren auf eigenen Wunsch verlässt, das Unternehmen aber nicht. Keeve hat wie viele andere in Siegen schon mehrere Übernahmen mitgemacht: Er fing ursprünglich bei Wertkauf an, die Filiale wurde später Walmart, 2007 dann Real.
Nicht verwechseln
Es gibt – oder vielmehr gab – zwei Warenhausketten mit dem Namen „Globus“. Den Standort Siegen übernimmt die Globus Holding GmbH & Co. KG mit Sitz in St. Wendel.
Die SB-Warenhäuser der Globus-Handelsgruppe RHG Kaiser+Kellermann oHG aus Kirchhundem – auch in Siegen gab es eine Filiale – wurden 2005 von der Rewe-Gruppe übernommen.
Alle 130 Beschäftigten werden ab November in benachbarten Globus-Filialen eingearbeitet, über den gesamten Schließungszeitraum hinweg. „Ziemlich einmalig“, findet Rainer Keeve – denn die nächsten Globus-Märkte liegen bei Gießen und in Limburg. Per Bustransfer werden die Angestellten dorthin gebracht, im Schichtdienst, also mehrmals täglich. Ein enormer Aufwand – das Unternehmen hat monatelang keine Einnahmen aber bleibende Personalkosten. Zudem müssen in den Nachbarfilialen die Voraussetzungen geschaffen werden für mehr Beschäftigte – Pausenräume oder Spinde zum Beispiel.
Die Zukunft: Globus setzt in Siegen auf Erlebniswelt rund um Lebensmittel
Bis auf die Außenmauern wird das Gebäude entkernt und auf das neue Marktkonzept hin neu aufgebaut. Das Konzept des Warenhauses, in dem es quasi alles gibt, von Lebensmitteln über Kleidung bis hin zu Autozubehör, hat ein Stück weit ausgedient; zu übermächtig sind die Alternativen online. „Früher haben wir noch Lampen und Teppiche verkauft“, erinnert sich Rainer Keeve. Globus setze in seinen Filialen auf die „Erlebniswelt Food“: frische, regionale Lebensmittel, vor Ort hergestellt und produziert, vom Mehl bis zum fertigen Kuchen. Eine eigene Bäckerei werde es geben, eine Metzgerei, einen Gastronomiebetrieb. Für viele Angestellte bedeutet das eine völlig neue Aufgabe – daher auch die intensive Einarbeitungszeit in den anderen Globus-Filialen. „Das Unternehmen gibt sich große Mühe, dass alle sich das nötige Wissen aneignen können“, sagt Keeve.
Für Siegen, glaubt der Geschäftsleiter, werde der neue Globus-Markt auf Jahrzehnte ein Gewinn sein, nicht nur weil alle bestehenden Jobs erhalten und weitere geschaffen werden. Die Globus-Eigentümerfamilie Bruch setze ganz wesentlich auf Nachhaltigkeit und Regionalität: „Jeder Milchbauer aus der Region, der möchte, kann künftig hier seine Produkte verkaufen.“
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