Siegen. Nach der Premiere der Bühnenfassung von „Und es war Flutlicht“ macht das Apollo-Theater Siegen dem Publikum noch ein besonderes Angebot.
„Es berührt mich, dass Sie das gemerkt haben“, sagt Magnus Reitschuster lächelnd. Es ist sein Abend, an dem die neue Saison im Siegener Theater beginnt, mit der Uraufführung von „Und es war Flutlicht“, seiner ganz eigenen „Heimatkomödie mit Inzidenzen“. Die eigentlich das erste Mal im April auf die Bühne kommen sollte und dann nicht durfte. Es gab nur eine spezielle Freiluftversion im Juni im Leimbachstadion.
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Aber für Intendant und Autor Magnus Reitschuster und seine Schauspieler ist letztlich dieser Freitag der eigentliche Tag der Wahrheit. Der warme Applaus am Ende und die Reaktionen beim anschließenden Theatergespräch hinterlassen positive Stimmung. Sie wisse um seine Qualitäten, hat eine Frau gesagt. Aber sie habe sie nicht in diesem Stück erwartet. Dessen Vielschichtigkeit, die verschiedenen Ebenen, hätten sie berührt, sagt sie.
Apollo-Theater Siegen: „Und es war Flutlicht“ beleuchtet Fußballhistorie im Siegerland
Das Publikum sieht zunächst einmal Martin Hofer als „Sportfreund“ und Andreas Kunz als „Käner“, die beiden Rentner, die am 70. Geburtstag des ersteren von dessen Balkon aus das entscheidende Ligaspiel ihrer Vereine beobachten. Am Ende der Saison 22/23 endet das Derby mit einem Unentschieden und mit dem gemeinsamen Abstieg der Traditionsvereine, bedingt durch mäßige Leistungen und einen Sieg der „Sauerländer“ über die „Kölner“. Die langjährige Freundschaft des ungleichen Paares droht an dieser Situation zu zerbrechen, während sie in ihrem Streitgespräch neben der Fußballvergangenheit des Siegerlandes auch die eigene Revue passieren lassen.
Eigentlicher Anlass ist der bevorstehende Umzug der beiden Männer in das Seniorenheim „Seeblick“ an der Bigge. Eine tolle Gelegenheit, wie der „Käner“ findet, während sein Freund viel lieber den jahrelang genossenen Stadionblick vom Balkon aus behalten möchte. Den hat er bezogen, als die erfolgreichen Siegerländer Fußballfrauen vom Hofbach- ins Leimbachstadion umzogen.
Apollo Siegen: Viele Themen in einem Stück untergebracht
Gerade deren Erfolg ist ein wichtiger Teil des Stücks, in dem es neben dem Fußball um Freundschaft geht, um Altern und Abschiednehmen, um generationenübergreifende Beziehungen und schließlich noch Covid-19. Fast ein wenig viel, aber offenbar musste sich Reitschuster den Frust über das „sch… Corona“, wie er eingangs formuliert, massiv von der Seele schreiben.
„Meinen Sie nicht, dass der Autor da am Ende etwas dick aufgetragen hat“, fragt Reitschuster denn auch verschmitzt hinterher ins Publikum, das ihm schon ausdrücklich Begeisterung signalisiert hat. Die Zuschauer verneinen, und auch Sportjournalist Timo Latsch, der neben Autor und Ensemble in der Runde sitzt, hat dem Theatermacher und Fußballfreund bereits ein positives Urteil erteilt.
Mehr Normalität
Intendant Magnus Reitschuster begrüßte die Zuschauer im nicht ganz ausverkauften Apollo-Theater und lobte, dass bis auf fünf Prozent Getestete alle anderen genesen oder geimpft waren. Das mache möglich, endlich wieder gemeinsam Theater zu genießen und miteinander ins Gespräch zu kommen.
Das Ende dreht sich um die Nachricht, dass der „Sportfreund“ nicht ins „Seeblick“ ziehen kann, weil er positiv getestet wurde. Er flirtet umgehend mit der Schwester am Telefon und dann auch mit der geliebten Enkelin, die Lena heißt, gerade beim FC Barcelona unterschrieben hat, und kurz davor steht, zur Weltfußballerin des Jahres gewählt zu werden. Vom geliebten Opa mehr oder weniger erzogen, hat sie auch dessen zweite Leidenschaft Philosophie geerbt, ihn eigentlich in allen Bereichen überholt und sie pflegt nebenbei auch noch ein reichhaltiges Liebesleben.
Siegen: Bei „Und es war Flutlicht“ im Apollo übersteht die Freundschaft alles
Alle sind sich einig über die verbindende Kraft des Fußballs und jeder kann Beispiele nennen. Im Siegerland gebe es nicht viel Besonderes, da seien die guten Jahre der Sportfreunde ein besonderer Faktor gewesen, sagt Timo Latsch, während Magnus Reitschuster sich erinnert, dass erste Mal von Siegen durch die Frauenerfolge gehört zu haben. Das Schicksal seines Grantlers, der doch viel mehr Seiten habe, als anfangs deutlich werde, wofür das Finale mit Lena unverzichtbar sei, lässt Reitschuster dagegen offen. Der sei wahrscheinlich gegen das Impfen, weil er eben immer schon gegen alles gewesen sei, stehe damit jetzt vor einer düsteren Zukunft. Aber er gebe dennoch nicht auf.
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Und letztlich hält ja auch die Freundschaft zum „Käner“, entschuldigen sich beide für ihre verbalen Ausfälle. Er kenne viele Intendanten, „echte Schöngeister“, sagt Magnus Reitschuster, die am Sonntag auf den Platz gingen, um übelste Beschimpfungen zu brüllen. Am Ende mag der Song gelten, den die beiden Herren immer wieder einmal anstimmen in Schlüsselmomenten: Franz Beckenbauers „Gute Freunde kann niemand trennen.“
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