Wir haben sechs Kandidatinnen und Kandidaten zum Online-Gespräch gebeten. Im dritten Teil ging es um Gesundheit und Pflege.

Frage 3: Termine beim Facharzt machen, einen Hausarzt finden – allein das ist nicht einfach. Krankenhäuser sind am Limit, häusliche Pflege ist wegen Überlastung der Anbieter schwebt zu bekommen, auch im Siegerland werden Pflegeheime gebraucht, die aber niemand bauen will. Was tun Sie?

Ekkard Büdenbender: Selbstverständlich müssen wir zuerst einmal sehen, dass wir den Profitgedanken aus dem Gesundheitswesen rausholen – das war eins der größten Probleme in den letzten Jahren: Dass wir die Krankenhäuser immer in Konkurrenzdenken gebracht haben. Es ist viel zu wenig Geld in die Pflegekräfte geflossen. Sie haben immer schlechtere Arbeitsbedingungen gehabt, dadurch haben wir immer weniger Pflegekräfte, dadurch sind immer mehr Pflegekräfte aus den Heimen und auch aus dem Krankenhaus rausgegangen, dadurch hat sich die Situation wieder verschlechtert – und so weiter. Das ist ein Kreislauf, den müssen wir unbedingt durchbrechen. Wir müssen unser Gesundheitssystem anders aufstellen. In der Stadt funktioniert das noch sehr gut mit Facharztpraxen – hier funktioniert das tatsächlich immer weniger. Das heißt, wir bräuchten auf Landesebene Gremien, die tatsächlich Fachärzte anders verteilen . Wir brauchen auf jeden Fall mehr Geld in der Versicherung. Im Moment haben wir es uns erlaubt, dass die Wohlverdienenden nur bis zu einer gewissen Beitragsbemessungsgrenze zur Kasse gebeten werden. Das werden wir ändern müssen. Wir brauchen regionale Versorgungszentren, wo alle möglichen Dinge angeschlossen werden – auch Physiotherapie, Massagen, Gesprächstherapie und so weiter. Versuchen Sie mal, einen Termin zu machen. Sie telefonieren ja schon einen Tag hin und her, bis Sie überhaupt herausgekriegt haben, wer dafür überhaupt zuständig ist.

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Guido Müller: Klassische Passwords sind für uns natürlich „Digitalisierung im Gesundheitswesen“. Telemedizin ist ein Thema. Ist natürlich auch bei weitem noch nicht zu Ende gedacht. Aber tatsächlich ist das die Lösung in strukturschwachen Gegenden, wo es keinen Landarzt, keinen Hausarzt gibt. Beim Geldverdienen bin ich anderer Meinung. Krankenhäuser müssen tatsächlich entweder profitabel sein – oder sind eine Staatsvorsorge. Aber Staatsvorsorge heißt eben nicht, das Pflegekräfte auf unterem Limit unterwegs sind. Das mag für einen Liberalen überraschen, aber tatsächlich muss ein Arbeitsplatz eine Familie ernähren. Und wenn Krankenschwester, Krankenpfleger besser bezahlt werden müssen, heißt das im Ergebnis letztendlich auch, dass die Medizin natürlich teurer wird. In der Altenpflege zum Beispiel – ich habe selbst früher in meinen Studentenzeiten in der Altenpflege gejobbt – ist diese Lösung, nur auf polnische, rumänische, bulgarische Pflegekräfte zu setzen komplett falsch. Tatsächlich ist die Familie dort gefordert als modernes Instrument. Und wer weiß, wie schwer es ist, zu Hause jemanden zu pflegen – der weiß auch, was diese Leistung wert ist. Und das, muss ich sagen, ist in diesem Land in den Sozialberufen komplett fehlgelaufen. Deswegen gibt es auch keine Krankenschwester, deswegen gibt es auch in Kliniken keine Ärzte, also das ist es auch, warum ich im Moment auch sage, dass eine Klinik auch Geld verdienen muss. Und der Staat muss im Zweifel auch das Geld in die Hand nehmen und sagen: „Die Berufe müssen aufgewertet werden.“ Wenn wir eine Krankenversorgung, eine Gesundheitspolitik machen, die auf dem Niveau der 80er Jahre ist – und die Gesundheitsämter waren das in der Corona-Zeit – dann ist das ein Problem, aber auch typisch deutsch. Wir haben ja bei diesen Themen unglaublich lange Vorlaufzeiten, bis wir uns bequemen, etwas umzustellen, was lange gut gegangen ist. Bloß: In der Krise geht’s eben nicht gut. Und da auch die Politik am falschen Ende gespart. Und letztendlich kann man abschließend noch sagen: Die Gesundheitspolitik in Deutschland ist nicht schlechter als in anderen Ländern – aber sie ist nicht gut.

Sechs Kandidaten, 18 Schlagworte
Sechs Kandidaten, 18 Schlagworte © WP Siegen | Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Laura Kraft: Ja, dem letzten Satz von Guido Müller kann ich mich anschließen. Ich glaube, das haben wir auch während der Coronapandemie alle noch mal deutlich vor Augen geführt bekommen. Und es reicht eben nicht, wenn man auf dem Balkon steht und für die Menschen klatscht, die im Krankenhaus arbeiten oder in den Pflegeheimen. Die müssen bessere Arbeitsbedingungen bekommen, die müssen einen auskömmlichen Lohn haben. Wir müssen auch gezielt Fachkräfte anwerben – weil der demografische Wandel uns auch vor Augen führt, was uns in den nächsten Jahren, Jahrzehnten erwartet, gerade auch im Bereich der Pflege. Es stimmt, dass viele Menschen, die im Alter pflegebedürftig sind, natürlich am liebsten zu Hause bleiben und zu Hause altern möchten. Aber da steht natürlich auch immer eine angehörige Person dahinter, die diese Person pflegt. Und diese Menschen, die Angehörige pflegen, die brauchen Unterstützung, die müssen auch entlastet werden. Und wir müssen dafür auch ambulante Angebote weiterhin ausbauen. Im ländlichen Raum spielt die Gesundheitsversorgung eine genauso wichtige Rolle wie in den Städten. Und hier müssen wir auch schauen, dass das erhalten bleibt, dass wir eine gute Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum schaffen. Das bedeutet, dass wir Anreize schaffen, dass sich auch wieder Hausarztpraxen im ländlichen Raum niederlassen. Aber auch Apotheken: Wenn die Hausarztpraxis zumacht, dann macht kurz danach die Apotheke zu. Und dann ist die Frage: Wo ist der nächste Arzt? Wir müssen schauen, dass wir Medizinische Versorgungszentren schaffen, wo mehrere Facharztpraxen sind. Dänemark hat versucht, das ein bisschen anders zu lösen. Die haben insgesamt weniger Krankenhäuser mit mehr Kompetenz – aber so, dass trotzdem alle erreichbar sind. Ich weiß nicht, ob das möglich wäre hier für unsere Region, für unser Land.

Luiza Licina-Bode: Ich freue mich, was ich hier schon von meinen Vorrednern gehört habe – in die Richtung muss es natürlich gehen. Unser Gesundheitssystem muss auf jeden Fall reformiert werden. Gerade hier im ländlichen Raum hat das duale System der Gesundheitsversorgung mehr oder weniger ausgedient. Im ländlichen Raum kommen weniger Patienten in die Krankenhäuser. Was die von den Krankenkasse pro Patient, pro Diagnose dann bekommen, reicht am Ende nicht, um ein ganzes Krankenhaus zu betreiben. Und deshalb haben wir hier Krankenhäuser, die nicht so gut ausgestattet sind, die nicht so eine gute Medizin können, die vielleicht auch nicht so gute Fachärzte hier in den ländlichen Raum holen können. Und da muss was passieren. Wir brauchen im ländlichen Raum eine Basisabsicherung für Krankenhäuser, um sie rentabel zu machen. Und natürlich müssen wir hier im ländlichen Raum noch drüber nachgucken, ob wir nicht Kompetenzen noch irgendwie bündeln können. Die Pflege ist natürlich noch mal ein ganz wichtiger Punkt. Und da ist es so, dass natürlich die Gewerkschaften und wir auch fordern: Der Pflegeberuf muss attraktiver gemacht werden, der muss besser bezahlt werden.

Volkmar Klein: Also, am Anfang spielt ja vor allen Dingen ja auch noch die Frage der Ärzteversorgung eine Rolle. Und ich denke, zweifelsfrei ist es so, dass der Ärzteberuf wieder ein Stück attraktiver gemacht werden sollte. Das ist einerseits eine Frage der Bezahlung. Das ist aber vielleicht um so mehr eine Frage der Arbeitsbedingungen und der Abkehr von dem traditionellen Bild „Hausarzt 24 Stunden verfügbar“. Da kann ich mich als Kind noch erinnern: Wenn man mal krank war, dann kam der Arzt. Das würde heute überhaupt gar nicht mehr gehen. Und dass eine Ärztin oder ein Arzt wirklich 24 Stunden verfügbar ist – das will ja auch keiner mehr. Deswegen gibt es ja auch immer mehr dieser MVZ’s, dieser Medizinischen Versorgungszentren, wo die Ärzte dann angestellt sind und eine feste Arbeitszeit haben. Das ist eine der Antworten. Eine Antwort war ja auch unser Versuch – da war ja die CDA, der Sozialflügel der CDU, mal Ideengeber – Ärzteausbildung in Siegen zu starten. Das hat bisher, leider, die Uni noch nicht hingekriegt, dass das wirklich gestartet werden kann. Aber die Idee war ja: Wenn die dann hier studiert haben, wenn die hier ihre abschließenden klinischen Zeiten verbracht haben, dann würden die vielleicht eher auch hier einen Job übernehmen und den Ärztemangel in unserer Region reduzieren. In Sachen Pflege hat sich ja auch schon eine ganze Menge getan. Beispielsweise ist ja die Pflege nicht mehr ein Teil der Fallpauschalen, so dass ein Krankenhaus heute Pflegerinnen und Pfleger ohne Begrenzung durch die Fallpauschalen einstellen kann. Gleichzeitig ist es ein Versuch, durch ein Stück Zusammenschaltung der Pflegeausbildung in der Altenpflege und in der Krankenpflege die Attraktivität der Ausbildung zu erhöhen.

Henning Zoz: Ich würde mich auf keinen Fall damit abfinden, dass wir eine schrumpfende Gesellschaft sind und deswegen riesige Pflegeprobleme haben. Wir sollten lieber an den Basics gucken. Wir müssen Familienpolitik wieder massiv fördern, wir müssen selbst wieder mehr Kinder machen. Wir müssen zurück zu Mehrgenerationenhaushalten. Dann kann eine Pflege auch wieder zu Hause so, wie es eigentlich sinnvoll – auch wirtschaftlich übrigens sinnvoll – ist, geschehen. Das wäre viel schöner. Dann zum Thema Gesundheit: Die größte Geißel, die die Menschheit je scheinbar gesehen hat, ist nicht Corona, das ist die Coronapolitik. Die Coronapolitik ist wahrscheinlich der größte Betrug an der Menschheit, den wir… in vielen Jahren werden wir es alle wissen.. Am 9. Juni hat der Bundesrechnungshof aufgedeckt, dass das DIVI-Bettenregister gelogen war – also die Grundlage für alle Lockdowns. Das wusste der Herr Spahn oder zumindest das Bundesministerium für Gesundheit schon am 11. Januar spätestens – das schreibt wiederum der Bundesrechnungshof. Dann hat nämlich das RKI das Bundesministerium für Gesundheit informiert. Das heißt, spätestens seit Januar hätte es keinen Lockdown mehr geben dürfen. Dennoch quälen wir unsere Kinder weiter mit Masken, die grundsätzlich gar nichts bringen an dieser Stelle. Wir schicken Leute zum Impfen, wir machen Impfaufrufe – da gibt’s gar nicht mehr „Zu Nebenwirkungen und Risiken fragen Sie und gucken Sie auf die Packungsbeilage“ Auch 16-Jährige, 15-Jährige können sich plötzlich impfen lassen ohne Einwilligung der Eltern mit einem Impfstoff, der nur eine Notzulassung hat. Ich bin kein Impfgegner. Aber ich lasse mir doch nicht was spritzen, was keiner kennt. Und das ist etwas, da möchte ich nicht in der Haut von dem Volkmar Klein stecken, der das demnächst ganz vielen Menschen erklären muss.

Luiza Licina-Bode: Wenn viele Ärzte mir sagen: Die Leute sind krank und sie sterben in Krankenhäusern, dann sind das für mich Fakten, die für mich glaubhaft sind, und die stelle ich erst mal nicht in Frage. Deshalb will ich da auch nicht drüber reden. Mir hat mal irgendjemand gesagt im Studium: Wenn die Meinungen so ganz weit auseinandergehen, dann muss man sich die Energie sparen. Wir müssen die gesetzliche Krankenversicherung unbedingt stärken – ich weiß nicht, ob es schon jemand gesagt hat. Wir werden dafür sorgen, hoffe ich, in der nächsten Regierung, dass wir das ändern in eine Bürgerversicherung – dass alle, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind oder arbeiten, dort auch einzahlen, damit wir dieses System auch wieder stärker auf solidarische Füße stellen. Grundsätzlich sind wie hier eine Gsellschaft und für mich gibt es da eine gesetzliche Krankenversicherung, wo alle reingehören. Ich habe das noch nie so wirklich verstanden, warum wir diese Sondersysteme da nebenbei noch so haben. Die sind ja auch eigentlich nicht mehr zeitgemäß. Die Pflege müssen wir unbedingt bezahlbar machen. Der Eigenanteil, der jetzt künftig vorgesehen ist von Herrn Spahn. sind 873 Euro. Wenn ich aber ein Einkommen von 1000 Euro habe, eine durchschnittliche Rente, dann sehen wir ja, dass es da ein enormes Missverhältnis gibt. Ich bin der Ansicht, dass wir da schauen müssen, ob das System nicht dahingehend reformiert werden kann, dass wir sagen: Eigenanteile in der Pflege müssen sich auch an dem verfügbaren Einkommen, richten, nach der Rente, die den Leuten auch zur Verfügung steht, um das einfach auch sozial gerechter zu machen. Wer soll sich das noch leisten, der keine Familie hat?

Volkmar Klein: Was der Herr Zoz hier eben gesagt hat, ist halt einfach hanebüchener Unfug. Jetzt noch mal zu behaupten, da würden bei uns Impfstoffe mit einer Notzulassung verabreicht, ist glatt gelogen. Und das ist ja gerade der Punkt gewesen, dass in Deutschland die Impfstoffe halt später als in den USA und in Israel und überhaupt zum Einsatz gekommen sind, weil die ordnungsgemäßen Verfahren abgewartet worden sind – und das ist auch richtig so, damit halt in einem großen Teil der Bevölkerung das Vertrauen da ist. Insgesamt bin ich mit der Coronapolitik ganz zufrieden. Bei uns waren die Einschränkungen, die uns natürlich alle richtig leid sind, aber kleiner als in vielen anderen Ländern. Und wenn ich mit Freunden in Spanien oder in Italien rede, wo die Einschränkungen so waren, dass man das Haus nicht verlassen durfte außer mal kurz bis zum nächstgelegenen Geschäft. Die Einschränkungen waren sehr viel schärfer als bei uns – und die Ergebnisse aber schlechter. Und insofern bin ich ganz zufrieden. Schlüssel ist das Impfen. Und ich kann nur dazu aufrufen, dass sich möglichst viele – und jetzt auch, nachdem das empfohlen ist, Kinder – impfen lassen. Denn wir werden im Herbst noch einmal sehr große Probleme kriegen. Die Gefährdung der Kinder ist sehr, sehr sehr dramatisch. Und da vom Impfen abzuraten, ist Unfug.

Ekkard Büdenbender: Ich muss natürlich mal wieder auf den Guido Müller eingehen – und auf seine Bemerkung, dass die Krankenhäuser Geld verdienen müssen. Geld verdienen ist nicht der Sinn von einem Krankenhaus. Wir brauchen allgemein wieder einen ganz anderen Stellenwert von dem Gesundheitssystem. Also, in der Schwarzwaldklinik, zu der Zeit war Krankenhaus und Arzt und Krankenschwester irgendwie das Höchste, was es gibt. Aber inzwischen wissen wir alle: Produktion von Autos ist in unserer Gesellschaft höher angesehen und auch tatsächlich wesentlich besser bezahlt als die Pflege von alten oder von kranken Menschen. Und da müssen wir tatsächlich wieder ein den Hebel umlegen. Wir werden früher oder später nahezu alles automatisch produzieren können. Gesundheit wird trotz Digitalisierung immer noch etwas sein, was wir hauptsächlich menschlich machen werden, vor allem gerade, was den Bereich von Pflege angeht – das wollen wir, glaube ich, alle nicht über irgendwelche Roboter erledigen. Und deswegen muss da tatsächlich einfach Geld reinfließen, ausreichend. Wir tun uns alle da keinen Gefallen, wenn wir sagen von wegen: Nein, das muss Geld bringen, das muss sehr lukrativ sein. Vor Corona hat es bereits Zahlen gegeben, dass 30,000 bis 50.000 Menschen in den Krankenhäusern jedes Jahr gestorben sind, weil die Zeit für richtige Desinfektion fehlte, weil tatsächlich irgendwelche Fehler aufgetreten sind, die mit etwas mehr Geld, mit mehr Zeit vermeidbar gewesen wären.

Laura Kraft: Wir Grüne wollen uns auch für eine Pflegebürgerversicherung einsetzen, wo auch alle mit einbezahlen, und wir wollen auch Schluss machen im Gesundheitssystem mit dieser Zweiklassenmedizin, die wir haben, und da ist für uns auch die Bürgerversicherung die Lösung, wo dann auch Selbstständige mit einzahlen. Zu dem, was Herr Zoz gesagt hat, weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich bin da ehrlich gesagt fast sprachlos, weil: Das ist einfach ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die seit dieser Pandemie in den Krankenhäusern standen, die da alles gegeben haben, denen die Menschen unter den Händen weggestorben sind oder die in ihrer Verwandtschaft oder Familie selbst Angehörige verloren haben durch das Coronavirus. Wir sollten dankbar sein, dass wir die Impfung haben. Und ich finde das schrecklich, dass wir in Deutschland überhaupt solche Begriffe wie „Impfneid“ oder sonst was für Impfdebatten haben müssen – oder jetzt auch Impfverweigerung. Wir sind privilegiert. Wir können froh sein, dass wir diese Impfungen haben. Das wird uns aus der Pandemie langfristig rausholen. Und jetzt ist noch die Frage, wie wir für Impfstoffgerechtigkeit auch im globalen Süden sorgen. Denn diese Pandemie ist auch in Deutschland nicht vorbei, solange auf der Welt nicht alle Menschen Zugang zu Impfungen hatten und wir keine gefährlichen Mutationen mehr zu erwarten haben. Und vielleicht noch so ein kleiner grüner Schwenker an dieser Stelle: Die nächste Pandemie, die kommt wahrscheinlich aus dem Stall. Da können wir auch mal dran denken. Solange wir unsere Reserveantibiotika in der industriellen Landwirtschaft verballern: Da mache ich mir ehrlich Gedanken, was die Gesundheit in den nächsten Jahrzehnten für unsere Gesellschaft und unsere Welt bedeutet. Diese Pandemie war hoffentlich ein Weckruf. Und wir müssen jetzt unsere Systeme, unser Gesundheitssystem, alles, was dazu gehört, resilient machen, und schauen, wie wir demnächst Pandemien verhüten oder wie wir effektiven Gesundheitsschutz betreiben.

Henning Zoz: Vielleicht können wir uns auch darüber unterhalten, dass die Leute machen, die gerne einen Hausarzttermin haben möchten und kriegen den nicht mehr, weil der ja nur noch impft. Das Statistische Bundesamt lügt nicht, ich glaube, da sind wir uns einig: 2020 hatten wir keine Übersterblichkeit. Berechnen Sie die demografische Entwicklung ein, hätten wir wahrscheinlich sogar eine leichte Untersterblichkeit. Die Westfalenpost redet von Corona-Ausbrüchen an Siegener Schulen. Haben Sie sich mal überlegt, was Sie den Leuten da in den Kopf pflanzen? Wie sehen denn die Ausbrüche aus? Rennen denn alle in Panik weg, gibt’s überhaupt Erkrankte? Nein. Es gibt einfach nur Tests, die irgendetwas ausgesagt haben - und dann reden Sie von einem „Ausbruch“. Sie müssten von einem „Testanzeigeausbruch“ sprechen, wenn Sie es genau machen wollen. Die Krankenhauskeime, die der Herr Büdenbender angesprochen hat, ich glaube, die bedrängen uns weit mehr und bringen uns weit mehr in einen Notstand und da könnte man auch was Vernünftiges gegen tun. Liebe Leute, wir kennen gar keine Coronatode. Von Anfang an haben wir Obduktionen quasi verboten. Und dann darf ich auch mal an die Verwandten erinnern – ich habe so einen – die in der gleichen Woche nach der Impfung an Corona gestorben sind. Wir fangen jetzt an, von einer „Pandemie der Ungeimpften“ zu sprechen. Dabei schreibt die Regierung in die Verordnungen rein, dass die Impfung gar nichts bringt. Da steht drin: Auch wenn man geimpft ist, kann man sich weiter infizieren, kann man andere infizieren, deswegen muss man weiter Maske tragen. Zur Impfung selber: Es hieß am Anfang „eine Impfung, zwei Impfungen“, jetzt ist die erste Booster-Impfung, die nächste Booster-Impfung – also heißt das, wir müssen uns jetzt ständig impfen. Ist denn irgendjemand hier der Meinung, dass diese Pandemie vorbei wäre? Wir werden die Maske nie los und wir werden auch diese Pandemie nicht los.

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Luiza Licina-Bode: Sehr geehrter Herr Zoz, einen Satz darf ich bitte noch ganz kurz dazu sagen. Also, ich versuche das zu verstehen, aber ich komme echt nicht hinterher. Was ist denn mit den vielen Menschen, die beatmet wurden – also, die hatten ja ein Coronavirus, die wurden beatmet. In den Krankenhäusern: Ich kenne Ärzte, die mich ja nicht anlügen, in Berleburg im Krankenhaus oder sonst wo. Manche haben es geschafft, andere sind an dem Coronavirus gestorben. Und Sie wollen mir jetzt sagen, niemand ist an Corona gestorben? Das verstehe ich nicht.

Guido Müller: Ich will mal aufräumen. Also tatsächlich, Volkmar Klein: Es ist zu leicht gedacht, zu sagen: Ihr habt das gut im Griff gehabt. Nein, Corona, muss ich sagen, hat der Bundestag nicht gut im Griff gehabt – sonst hättet ihr es nicht die Ministerpräsidenten entscheiden lassen. Ich glaube, es ist über viele Sachen abgestimmt worden, ohne Ahnung zu haben. Und dass kann man vorwerfen. Wenn man etwas schnell machen möchte, ist das Thema „Luftfilter“, das im Land versaubeutelt worden ist oder im Bund, ein Thema, das jetzt auf die Tagesordnung gehört. Und wir müssen mit dem Thema „Corona“ selbstverständlich leben. Und tatsächlich: Eine FDP-Forderung ist, dass das RKI weisungsunabhängig wird. Also, muss ich auch ganz ehrlich sagen, man hat sofort gemerkt, dass es eine Staatsbehörde ist, die da relativ viel laviert hat und eben keine Klarheit gebracht hat bei dem Thema. Wir haben sehr viel mir Angst gelebt in den letzten 18 Monaten. Und ganz ehrlich: Viele Ängste hätten wir gar nicht haben müssen, da stimme ich einigen Rednern zu. Tatsächlich, Corona, ob der Inzidenzwert 400 ist oder nicht, hätte man viel entspannter lösen können. Tatsächlich ist die Bedrohung zwar groß als Krankheit, aber es ist nicht das einzig bestimmende Thema gewesen. Da sind Leute tatsächlich im Altenheim vereinsamt gestorben. Da hat jeder bestimmt diese Fälle im eigenen Personenumfeld gehabt. Es ist eine Unverständlichkeit, wieso eine 94-Jährige nicht ihre Familie sehen kann in den letzten Monaten. Zu Ekkhard Büdenbender: Das Thema, ja, von den resistenten Keimen bin ich komplett bei Ihnen. Aber auch das ist das Thema: Eine bessere Pflege und eine bessere Reinigung ist auch eine Frage davon, wie viel Geld ein Krankenhaus dafür zur Verfügung hat. Und ein staatliches Krankenhaus – nur mal ein Blick rüber nach Ungarn oder nach Polen – funktioniert einfach nicht. Ein Krankenhaus muss auch Geld erwirtschaften. Da schließe ich den Kreis zum Thema hier. Hier diskutieren immer noch bei Krankenhäusern, ob es in Freudenberg steht oder in Kredenbach steht. Das ist Humbug. Ich meine, man hat’s ja gesagt: Wir brauchen große Kliniken und vielleicht in Siegen-Wittgenstein ein großes Klinikum mit verschiedenen Standorten. Denn ob ein Arzt 300 Mal im Jahr einen Fall durchführt oder fünf Mal im Jahr, unterscheidet auch in der Qualität seiner Arbeit. Und da muss ich ganz ehrlich sagen, es tut mir echt weh, wo noch mit der Bibel in der Hand entschieden wird, ob ich evangelisch oder katholisch bin bei der Krankenhauspflege. Punkt.

Das Gespräch moderierte Steffen Schwab, die Fragen stellte Florian Adam, der auch auf die Einhaltung der Redezeit achtete.

+++ Hier gehts zum ersten Teil des Gesprächs +++

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