Deuz. Interqulturelle Geschichtswoche: Im Garten der neuen Deuzer Qulturwerkstatt treffen sich Grundschulkinder zu einer Lesung mit Rieke Patwardhan.
Mitten im großen Garten hinter der Qulturwerkstatt („Q“) an der Zaunstraße sitzt unter einem großen alten Apfelbaum die Kinderbuchautorin Rieke Patwardhan und wartet auf die Gäste. Ihr Publikum sind die Schüler und Schülerinnen der Grundschule Deuz. Zu Fuß in Zweierreihen trudelt die Klasse ein. Nach ein paar Minuten hat dann jedes Kind einen Platz gefunden.
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Die Geschichtenwoche
In Zusammenarbeit mit der Universität Siegen, den Schulen in Netphen und vielen weiteren Kulturorten hat die Qulturwerkstatt das Projekt „Interqulturelle Geschichtswoche“ ins Leben gerufen. Studierende eines Germanistik-Seminars der Universität Siegen gehen in die Klassen der Netphener Schulen, m lesen vor und sprechen mit den Kindern und Jugendlichen über die Inhalte. „Durch das interkulturelle Lesen wollen wir die Schüler und Schülerinnen zum Lesen motivieren“, sagt Stefan Bünnig, der Vorsitzende des Vereins Qulturwerkstatt. „Wir wollen das kulturelle Angebot in Netphen ergänzen, dafür sind wir jetzt schon vielfältig mit anderen kulturellen Einrichtungen vernetzt und binden diese in die entstehende Q mit ein.“
Workshop am Samstag
Im Laufe der „Interqulturellen Geschichtswoche“ gibt es noch eine Veranstaltung für Leseanfänger in Kooperation mit der Buchhandlung Weinaug auf dem Gelände der Qulturwerkstatt. An verschiedenen Stationen wird dabei gesungen und gebastelt. Außerdem werden gemeinsam Spiele gespielt.
Abschließen wird die Woche ein Filmworkshop mit dem Drehbuchautor Martin Behnke (Samstag, 11. September). Sein Film „Wir sind jung. Wir sind stark“ über Nazis, die 1992 eine Flüchtlingsunterkunft in Rostock-Lichtenhagen in Brand gesetzt haben, läuft am Freitag, 10. September, 19.30 Uhr, im Viktoria-Kino.
Rieke Patwardhan liest den Kindern einige Textauszüge aus ihrem neusten Buch vor, dem zweiten Band der „Forschungsgruppe Erbsensuppe“: „Ich freue mich sehr darüber, endlich wieder vor einem Publikum vorlesen zu können und das dann noch in einem so schönen grünen Garten wie hier.“ Lina, eine der Hauptpersonen, ist mit ihrer Familie aus Syrien geflohen und neu in Deutschland. „Das neue Buch ist die Weitererzählung. Ich hatte das Gefühl, dass die Geschichte nicht auserzählt ist.“
Die Schüler und Schülerinnen zeigen sich nicht nur an dem Buch, sondern auch an dem Beruf einer Autorin sehr interessiert. Wie sie auf die Idee für das Kinderbuch gekommen ist? „Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, wie das wohl für die Kinder der Flüchtlingsfamilien von 2015 ist, wenn sie dann hier zur Schule gehen und Freunde finden, ohne die Sprache zu sprechen oder zuvor eine deutsche Schule gesehen zu haben“. Von der Idee bis zum fertigen Buch habe es etwa ein Jahr gedauert.
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Das Q
„Unsere Gesellschaft ist bunt und das ist gut so. Man kann gar nicht früh genug damit anfangen, die interkulturellen Kompetenzen von Kindern zu fördern“, betont Stefan Bünnig. So soll auch das Q ein Ort und eine Begegnungsstätte für alle werden. Noch ist die ehemalige Tischlerei, die sich in die Qulturwerkstatt verwandeln wird, eine Baustelle. Nach Einschränkungen bedingt durch die Pandemie im letzten Jahr sind die Vereinsmitglieder der Qulturwerkstatt gerade dabei, die Räume zu entrümpeln.
Der Verein hat nun einen Architekten mit seinen Plänen für das Gebäude beauftragt. Im Erdgeschoss soll ein Werkstatt-Café als Treffpunkt und Veranstaltungsraum entstehen. Auch ein Fahrstuhl soll für die nötige Barrierefreiheit für den Weg vom ersten in den zweiten Stock angebracht werden. Das große Gartengrundstück mit seiner ganzen Flora und Fauna sei bei gutem Wetter bereits ein erstklassiger Veranstaltungsort mit Frischluftgarantie. An ihn soll bald noch ein überdachter multifunktionaler Veranstaltungssaal angrenzen. Dafür muss allerdings erst noch eine Hütte abgerissen werden, so Stefan Bünnig. „Wir brauchen einfach einen Ort neben dem digitalen Angebot, um gerade für die Jugend sichtbarer zu werden.“
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Die zentrale, aber dennoch ruhige Lage in Deuz passt. Stefan Bünnig: „Das ist ein tolles Gebäude mit einem schönen großen Garten und die Grundschule liegt auch nur fünf Gehminuten entfernt.“ 2021 hat die Bezirksregierung Arnsberg im Rahmen des Landesprogramms „Dritte Orte – Häuser der Kultur und Begegnung im ländlichen Raum“ 450.000 Euro für den Ausbau der Qulturwerkstatt bereitgestellt. Und erst vor ein paar Tagen hat das Projekt den zweiten von drei erforderlichen Qualifizierungssternen für die Südwestfalen-Regionale bekommen.
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