Siegen. Seefahrt als Betriebsausgabe Im Prozess in Siegen gegen einen Arzt wegen Steuerhinterziehung sagt ein Finanzbeamter aus.

Verfahren zum Thema Steuerhinterziehung haben ziemlich oft einen sehr trockenen und langwierigen Charakter. Das wird auch im Prozess gegen einen Mediziner im Rentenalter deutlich, der nach der Anklage rund 331.000 Euro Steuern verkürzt haben soll, in den Jahren 2011 bis 2014. Bislang hat er nichts gesagt, werden dafür diverse Zeugen gehört.

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Söhne verweigern Aussage

Am letzten Montag im August sind es zwei Mitarbeiter des Siegener Finanzamtes, die seinerzeit eine Betriebsprüfung in insgesamt fünf Unternehmen durchführten und dabei die Unregelmäßigkeiten entdeckten. Was am Ende des zweiten Verhandlungstages definitiv feststeht: Es wird eine Einlassung geben. „Sie kommt“, sagt Anwalt Dr. Ingo Flore auf Nachfrage der Kammervorsitzenden Sabine Metz-Horst. Er müsse zuvor unbedingt noch einen der geladenen Zeugen hören. Die Aussage werde auch detailreich und nicht belanglos sein, verspricht der Jurist für den fünften Verhandlungstag am 6. September, der eigentlich der vierte ist. Weil der Termin am 26. August ausgefallen ist. Da waren die Söhne des Angeklagten als Zeugen geladen, die beide im Vorfeld kundgetan haben, von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen zu wollen. Auf eine weitere Ladung wird verzichtet. Beide waren zum Teil an den vielfältigen Geschäften des Vaters beteiligt.

„Zuschlag“ für Siegen

Trotz Firmenadressen in mehreren Bundesländern wurde das Verfahren von den verschiedenen Finanzämtern nach Siegen abgegeben, weil die entscheidende Adresse in dessen Einflussgebiet lag.

Der Zeuge aus dem Siegener Finanzamt bringt das Hauptproblem seiner Arbeit auf den Punkt. „Die Buchführung war chaotisch. Nicht korrekt“, stellt der erfahrene Betriebsprüfer fest. Daneben wurden Konten gefunden, die aus Sicht des Finanzamtes Einnahmen enthielten, aber in keinem der fünf Unternehmen steuerrechtlich relevant in den Unterlagen auftauchten, vor allem aber große Summen an Firmenausgaben, die der Prüfer allesamt für privat eingestuft hat.

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13.000 Liter Heizöl für zwei Räume

Da seien Bücher über Seefahrt, alleinige Abendessen und andere fragwürdige Punkte als Betriebsausgaben verrechnet worden, sechs Digitalkameras und 15 Fahrzeuge im Eigentum der diversen Firmen gewesen. Der Prüfer hat sich gefragt, warum für ein Büro, in dessen zwei Räumen 100 Kilowattstunden Strom in einem Jahr verbraucht wurden, 13.000 Liter Heizöl bestellt und geltend gemacht worden seien: „Sehr dunkel und sehr heiß!“ Letztlich sei das Gebäude in Greifswald, das 2008/09 gebaut wurde, komplett dem Privatvermögen des Angeklagten zugeschlagen worden. Da seien einfach in großem Maße private Ausgaben sozialisiert worden, findet der Zeuge: „Das geht nicht. Das kann keiner von uns.“

Der Zeuge hatte aber auch Kontakt zu einem der früheren Steuerberater, der im Laufe des Verfahrens verstorben sei. Der Mann „in den Achtzigern“ habe mitmachen müssen, „weil er noch viel Geld von ihm bekam. Der hat mir richtig leid getan“, führt der Finanzbeamte aus.

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