Siegen-Wittgenstein. Zukunftsthemen verhandelt der ZWS auch: zum Beispiel den öffentlichen Nahverkehr mit privaten Pkw.

Die Zukunft im öffentlichen Nahverkehr hat einen Namen: „Molly“ ist eine Art Mitfahrzentrale mit Fahrschein. Berichtet wurde darüber jetzt auf der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Personennahverkehr (ZWS). „Wenn das funktioniert, wäre das eine gute Lösung für das ganze Verbandsgebiet“, sagt Geschäftsführer Günter Padt.

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Die Zukunft

„Molly“ wird ab September in Altenhundem ausprobiert: Wer mit seinem Auto irgendwohin fahren will, registriert diese Fahrt auf einer Online-Plattform. Darauf haben potenzielle Mitfahrer Zugriff. Das Programm organisiert die Fahrgemeinschaft. Jeder Mitfahrer zahlt pro Kilometer 30 Cent Fahrgeld, der Fahrer bekommt 30 Cent je gefahrenem Kilometer. Der auf zwei Jahre angelegte Versuch wird mit rund 720.000 Euro Landesmitteln gefördert. Günter Padt: „Wir sind die Ersten in Deutschland.“

Hellertalbahn: Es geht weiter mit der Stärkung der Hellertalbahn, neue Zahlen werden im Dezember vorgelegt. Vor einem Jahr war der ZWS kurz davor, dass seit 2010 geplante Projekt der Streckenbeschleunigung aufzugeben. „Uns waren die Posten davongelaufen“, erinnert Günter Padt. Nun eröffne sich am Bahnhof Neunkirchen eine „kostengünstige Möglichkeit“, den benötigten zweiten Bahnsteig zu bauen. Und mit batterieelektrischem Antrieb könnten die Züge sprintstärker werden. Solche Akku-Triebwagen werden allerdings zunächst nur auf der Linie RB 90 (Siegen-Limburg) eingesetzt. Der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) arbeite an einem Konzept für Strecken ohne Fahrdraht und für Strecken, auf denen derzeit trotz Fahrdraht Dieseltriebwagen fahren, berichtet Günter Padt.

Barrierefrei

2992 Bushaltestellen gibt es in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe. Von denen sind 623 für den barrierefreien Ausbau vorgesehen. Seit 2016 ist der Umbau von 340 Haltestellen geschafft worden, berichtet ZWS-Geschäftsführer Günter Padt.

Siegstrecke: Beschlossen hat die Verbandsversammlung eine Resolution für den zweispurigen Ausbau der Siegstrecke. Immer noch sind zwei Abschnitte, auf denen zum Kriegsende 1945 Eisenbahnbrücken gesprengt wurden, eingleisig. Die Siegstrecke, so die Resolution, könnte als Ausweichstrecke für den Güterverkehr im überlasteten Rheintal genutzt werden. Möglich wäre dann auch die Anbindung Siegens an den Rhein-Ruhr-Express (RRX) – gewünscht wird eine Linie zu den Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf.

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Die Gegenwart

Mobilitätscard: Der Verkauf von Mobilitätscards, die subventionierten Netzfahrkarten für Fahrgäste mit geringem Einkommen, geht drastisch zurück – von Juni 2019, in dem 5037 Karten verkauft wurden, um 29 Prozent auf 3572 im Juni 2021. ZWS-Geschäftsführer Günter Padt führt das auf einen Nach-Corona-Effekt zurück: Viele Sprach- und Integrationskurse, die das Jobcenter seinen Klienten anbietet, sind noch nicht wieder angelaufen; die Teilnehmer können sich die Fahrkarte also sparen. Es gibt aber auch eine weitere Erklärung: Die Tickets werden gefälscht. „Wir haben einen Hinweis aus der Szene bekommen.“ Tatsächlich wurden bereits Mobilitätscards entdeckt, die mit Hilfe von Farbkopierern und Folien hergestellt wurden – sogar das Hologramm wurde ausgetrickst. „Da müssen wir eine Lösung finden.“

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Pünktlichkeit: Die Busse im Siegerland fahren durchweg pünktlich. „Insgesamt sind wir zufrieden“, sagt Günter Padt. Der beste Wert wurde am Siegener ZOB mit 96,4 Prozent Pünktlichkeit erreicht, gefolgt von Kreuztal (89,8 Prozent) und Weidenau (85,9 Prozent). Die leichten Verschlechterungen – bei bis zu 3:59 Minuten gilt ein Bus als pünktlich – führt Padt auf wieder steigende Fahrgastzahlen zurück. „Für den neuen Nahverkehrsplan werden wir uns die Fahrpläne genau anschauen.“ Unter Umständen müssten dann längere Fahrzeiten eingeplant werden, um die Pünktlichkeit zu steigern. „Gute Qualität ist das A und O.“ In Kreuztal sind im Mai 0,9 Prozent aller Fahrten ausgefallen, in Weidenau 0,8 und in Siegen 0,7 Prozent. Als „Ausfall“ wird eine Fahrt mit mehr als 20 Minuten Verspätung bewertet. Ursache dafür sind stets Baustellen, vor allem in Kreuztal und Hilchenbach, und Staus, an denen mangels Busspuren die Busse nicht vorbeifahren können. Am Weidenauer ZOB fehlt eine Überholmöglichkeit für Gelenkbusse; dort war die Pünktlichkeit im Oktober 2020 sogar auf 76,2 Prozent gesunken.

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