Geisweid. Die Geschwister-Scholl-Schule und die Realschule am Schießberg in Geisweid verabschieden ihren jeweils letzten Jahrgang. Am Mittwoch ist Schluss.

Die Schullandschaft im Norden Siegens verändert sich nachhaltig: Die Geschwister-Scholl-Hauptschule und die Realschule Am Schießberg schließen ihre Pforten. Am Mittwoch ist ihr letzter Schultag, am Donnerstag finden die Entlassfeiern für die letzten Jahrgänge statt. An ihre Stelle ist die Gesamtschule Auf dem Schießberg getreten, die 2016 mit dem ersten Jahrgang gestartet ist.

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1961 wurde die neue Hauptschule gegründet, als das neu entstehende Wohngebiet Wenscht auch eine weiterführende Schule benötigte. Kurze Schulwege, viel Grün, lichtdurchflutet, eine zeitlose Architektur. Und sie erhielt ausnahmsweise mal nicht den Namen eines Berges oder eines verstorbenen Prominenten, sondern den der Geschwister Scholl. Studenten, die als Widerstandskämpfer gegen die Nazidiktatur kämpften und ihren Mut mit dem Leben bezahlten: Sie wurden hingerichtet.

Siegen: Geschwister-Scholl-Schule und Klafelder Schule in Geisweid fusionieren 1979

Neben dieser Schule im Wenscht gab es noch eine weitere Hauptschule, ganz in der Nähe der damaligen Molkerei: Die Klafelder Schule, in verzweigten Backsteingebäuden untergebracht und nicht mehr zeitgemäß. Die Hüttentaler Stadtväter beschlossen daher, auf dem Schießberg, direkt hinter der schon bestehenden Realschule eine neue Hauptschule zu errichten. Geplant vom Büro des Kreuztaler Architekten Helmut Blöcher und auch heute noch ein Musterbeispiel für durchdachte Schulbauten.

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Die beiden Hauptschulen fusionierten 1979. So entstand, wunderbar eingebettet in den Mischwald, die damals größte Hauptschule des Siegerlandes mit mehr als 600 Schülern und in der Stufe 9 zunächst sogar sechszügig. Auch diese neue Schule soll den Namen der Geschwister Scholl tragen. Zur Eröffnung 1982 kam Kultusminister Jürgen Girgensohn, so wie auch fast alle späteren Kultusministerinnen die Schule mit einem Besuch beehrten.

Siegen-Geisweid: Geschwister-Scholl-Schule mit ausgefeiltem Schulprogramm

Das Kollegium entwickelte ein Schulprogramm, das es in sich hatte: Klare Kante, was gelernt werden sollte, Programme, die Schüler dabei zu unterstützen, aber auch jede Menge Raum für Aktivitäten außerhalb der Klassenzimmer. So gehörte auch zum Schulprogramm, dass die 6. Jahrgangsstufe nach Wangerooge fuhr und die Stufe 8 ins Walsertal zum Skifahren. Und wer selbst keine Ausrüstung hatte, konnte sich im schuleigenen, bestens bestückten Skikeller eine ausleihen. Es gab Projektwochen und die Schule führte als erste der Region, verbindlich für alle, Betriebspraktika zur beruflichen Orientierung durch. Fast schon legendär sind die Schulfeiern: ob Orientierungsläufe in den nahen Wäldern, Fahrten mit dem Sonderzug zum Giller, Feten in der Aula, Grillen auf dem Schulhof.

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Die Abschlussklassen der Geschwister-Scholl-Schule mit Lehrern.
Die Abschlussklassen der Geschwister-Scholl-Schule mit Lehrern. © Unbekannt | Wolfgang Leipold

Ganz wichtig war aber immer, das Andenken an die Geschwister Scholl lebendig zu halten: Natürlich im Geschichtsunterricht, in dem der Mut von Hans und Sophie Scholl gründlich thematisiert wurde. Auch durch Gastspiele von Theatergruppen, durch Filme wie „Die weiße Rose“, aber vor allem durch einen Geist der Toleranz, auf den Lehrer und Schüler im täglichen Miteinander besonderen Wert legten. Wichtig schon dadurch, weil viele Schüler eine Migrationsgeschichte hatten.

Die engagierten Lehrer bleiben den wenigen noch verbliebenen Hauptschulen des Kreises erhalten: Schulleiter Christoph Weiser geht zur Hauptschule Eichen, seine Stellvertreterin Ina Kissing nach Rudersdorf.

Siegen-Geisweid: Realschule am Schießberg hatte sogar eine Nautik-AG

1961 startete die Realschule Klafeld im Gebäude der Bismarckschule, später war sie zu Gast in der Albert-Schweitzer- und Geschwister-Scholl-Schule, bevor sie 1964 in ihren Neubau auf dem Schießberg einziehen konnte. Günter Ermert, stellvertretender Schulleiter, hat viel zu erzählen, schon über den eigenen beruflichen Werdegang. Vor genau 20 Jahren kam er zum Schießberg und ist damit der dienstälteste Lehrer. Vorher war der 65-Jährige in verantwortungsvoller Position in der freien Wirtschaft tätig: bei der Firma Rittal, für die er häufig auch im Ausland unterwegs war. Dieses erste berufliche Leben ist wichtig für ihn und auch für seine Schüler: „Ich habe dadurch viele Erfahrungen gesammelt, die ich nun weitergeben kann.“

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Vieles im Schulprogramm ist dem der Nachbarschule sehr ähnlich: Ob die gute Zusammenarbeit mit der örtlichen Industrie, Praktika, Skifreizeiten oder die spektakulären Segeltörns auf dem Ijsselmeer. Sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal war, dass es zeitweise eine Nautik-AG gab, in der Schüler den Bootsführerschein erwerben konnten. Die Realschule am Schießberg hatte immer den großen Vorteil, durch einen aktiven Förderverein einiges davon finanziell unterstützen zu können. Doch all das konnte den schleichenden Tod der Schule nicht aufhalten, die in Spitzenzeiten um die 450 Schülerinnen und Schüler und bis zu 28 Lehrer hatte, aber in den letzten Jahren keine neuen Schüler mehr aufnehmen durfte. Wobei sich das auf die Qualität des Unterrichts überhaupt nicht auswirkte.

Realschule am Schießberg in Geisweid: Motivation bis zuletzt ungebrochen

Die drei Abschlussklassen der Realschule mit ihren Lehrern.
Die drei Abschlussklassen der Realschule mit ihren Lehrern. © Unbekannt | Wolfgang Leipold

Günter Ermert: „Wir hatten nie das Gefühl einer Endstimmung. Alle Kollegen haben sich bis zuletzt voll reingehängt.“ Immerhin hat die Schule zum Schluss noch drei Klassen mit 66 Schülerinnen und Schülern im letzten Jahrgang. Diese überschaubare Zahl machte es möglich, in den Pandemiezeiten die Klassen zu halbieren und so angenehm kleine Gruppen zu erreichen. Wichtig ist Günter Ermert zu erwähnen, dass der ziemlich hohe Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund – er kann mehr als 20 verschiedene Herkunftsländer aufzählen – an der Realschule am Schießberg nie zu Problemen führte: „In einer funktionierenden Klasse spielen Nationalitäten keine Rolle.“ Und auf sich selbst bezogen: „Ich bin selbst Teil dieser Klasse.“

Einige Kollegen sind schon zur Gesamtschule gegangen. Günter Ermert selbst wird diesen Weg auch einschlagen. Aber nur für ein halbes Jahr. Dann wird er pensioniert.

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