Siegen/Altenwenden. Von der Kabarett-Bühne in die Taschen- und Rucksackmanufaktur: Christa Weigand beginnt eine zweite Karriere, ganz ohne Publikum.
Es riecht angenehm nach Leder und Kork, wenn man Christa Weigands Wohnung in Altenwenden betritt. In einem großen Raum hat sie eine Werkstatt eingerichtet. Nähmaschinen stehen auf Arbeitstischen, überall liegt Stoff herum, hängen Lederriemen, in Setzkästen sind unterschiedlichste Knopfsorten einsortiert. Und in der Ecke hockt die Figur, die ihr früheres Leben bestimmt hat: Die legendäre Ursel, über Jahrzehnte Christa Weigands Alter Ego, mit roter Strickjacke, Handtasche, Dutt und, ganz der Gegenwart angepasst, Mund- und Nasenschutzmaske. Aber als Puppe.
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Denn im Januar 2020, gerade noch rechtzeitig vor dem ersten Lockdown, hatten sie und ihr Partner Bernd Michael Genähr ihren letzten Bühnenauftritt im wie immer ausverkauften Lyz. „Es hat sowas von gepasst“, sagt Christa Weigand, um gleich hinzuzufügen: „Ich vermisse die Bühne nicht.“
Für eine ordentliche Taschen-Produktion brauchte Christa Weigand eine Nähmaschine
Ihre neue Kunst passiert seitdem in ihrer Werkstatt und ganz ohne Publikum. Genäht und handwerklich gestaltet hat sie schon immer gerne: Gardinen, Sesselpolster und auch mal Handytaschen aus Filz. Über 100 davon hat sie im Laufe der Zeit hergestellt. Keine wie die andere, alle anders gestaltet. Mehr als Filz schaffte ihre Nähmaschine aber nicht. „Ich habe mich selbst in Ausbildung genommen und wurde nähtechnisch immer besser“, sagt Christa Weigand.
Doch sie stieß auch an Grenzen. Um etwa mit Materialien wie Leder arbeiten zu können, musste eine Industrie-Nähmaschine her. Die bekam sie über Ebay aus einer Polsterei im Westerwald. Ein abgeschriebenes Exemplar, das man ölen muss, mit starkem Motor, der wie ein 6-Zylinder schnurrt. „Sie ist unkaputtbar, aber schnell beleidigt“, schmunzelt Christa Weigand, „wenn man falsch einfädelt, bockt sie.“
Viele Freunde unterstützen Christa Weigand mit ihrer Manufaktur
Natürlich ging auf ihrem autodidaktischen Ausbildungsweg mit ihren inzwischen vier Nähmaschinen nicht immer alles glatt. Sie musste lernen, wie man Innentaschen näht, Reißverschlüsse oder Knöpfe einarbeitet. „Ich habe viel geübt“, sagt sie, „aber Fehlversuche bleiben nie aus. Man muss sie zulassen und als Chance sehen, weiterzumachen. Wie auf der Bühne. Auch dort darf man sich nicht verunsichern lassen, muss authentisch sein und ein Ziel haben.“
Vielfältige Aufgaben
Christa Weigands und Bernd Michael Genährs Abschied von der Kabarettbühne war schon lange vor dem Corona-Ausbruch geplant. Doch durch die Pandemie fiel zunächst auch ihre theatertherapeutische Arbeit weg. Das Inklusionsprojekt mit Menschen mit und ohne Beeinträchtigung erfolgt inzwischen über Video-Konferenzen, ebenso wie ihr Coaching und ihre Tätigkeit als Supervisorin der Telefonseelsorge.
Doch so ganz auf sich gestellt war Christa Weigand nie. So sponserte ihr ein Freund die professionelle Nähmaschine, baute ihr ein anderer einen massiven Arbeitstisch, an dem sie auch im Stehen arbeiten kann. Ermutigung kam von vielen Seiten, vor allem auch Aufträge.
Individuelle Taschen und Rucksäcke nach Kundenwunsch
Neben den Taschen, Täschchen, Rucksäcken, die sie über Internet oder direkt von zu Hause aus anbietet, stellt sie auch Wunschtaschen her. Die Wahl der Farben, Materialien, Form und Größe erfährt sie vom Kunden in einem Beratungsgespräch. Und jeder Käufer weiß, dass es seine Tasche nur einmal gibt, dass sie in Altenwenden in Handarbeit angefertigt wurde und manche einen Namen haben, und zwar sehr originelle. So nennt Christa Weigand eine Tasche aus Lammfell: „Frau Müller sagt Mäh“. Da darf sie noch einmal Kabarettistin sein.
Kontakt: Christa Weigand, An der Helle 20, 57482 Schönau-Altenwenden, 022762/9898298, E-Mail Christa.weigand@t-online.de sowie auf www.etsy.com.
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