Siegen-Wittgenstein. Kreis muss noch eine Notbremse ziehen: Krankenhäuser sind überlastet. Siegen darf ab 26. April testweise Bäder öffnen.

Kontrastprogramm zum Wochenende: Ab Samstag gilt im Kreis Siegen-Wittgenstein eine Ausgangsbeschränkung. Wer dann zwischen 21 und 5 Uhr draußen unterwegs ist, muss dafür einen triftigen Grund haben. Am selben Tag wurde die Stadt Siegen vom NRW-Wirtschaftsminister als „Modellregion“ zur Erprobung von Lockerungen ausgewählt: Ab 26. April darf die Stadt Siegen ihre Bäder öffnen.

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Lockdown

„Ich verstehe, dass man Perspektiven schaffen muss“, sagt Landrat Andreas Müller im Gespräch mit dieser Zeitung. Er war am Freitag für die schlechten Nachrichten zuständig. Siegen-Wittgenstein ist nach Remscheid und dem Märkischen Kreis die Kommune mit der höchsten 7-Tage-Inzidenz in NRW.

Nachtbusse fahren nicht

Vor dem Hintergrund der für den Kreis Siegen-Wittgenstein erlassenen Ausgangsbeschränkungen werden ab Sonntag, 11. April, bis einschließlich Sonntag, 25. April, die Nachtbuslinien N1 bis N6 in Abstimmung mit dem Aufgabenträger ZWS nicht verkehren. In der Nacht von Freitag auf Samstag, 10. April, verkehren die Nachtbusse gemäß dem gültigen Fahrplan.

Die Fahrplan-Onlineauskünfte werden aufgrund der kurzfristigen Entscheidungen zur Ausgangssperre nicht aktualisiert.

Ausnahmen von der Ausgangsbeschränkung gelten bei medizinischen Notfällen, für Arbeitsweg oder Berufsausübung, Fürsorgetätigkeiten oder Betreuung Unterstützungsbedürftiger, Begleitung Sterbender, Versorgung von Tieren, Besuch von Ehegatten oder Lebenspartnern in deren Wohnung sowie „ähnliche gewichtige und unabweisbare Zwecke“. Darüber hinaus gelten alle bisherigen Lockdown-Bestimmungen samt Kontaktbeschränkungen weiter, die Geschäfte bleiben zu.

„Wir brauchen diese Verschärfungen, um gemeinsam die dritte Welle zu brechen, eine Überlastung der Krankenhäuser zu vermeiden und die gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu schützen“, sagt Landrat Andreas Müller. Die Kapazitäten sind tatsächlich erschöpft: Selbst die Celenus-Klinik in Hilchenbach, die als Ausweichkrankenhaus einspringt, hat elf ihrer zwölf für Covid-Patienten bereitgestellte „Normalbetten“ und eins von drei Intensivbetten belegt – nächster Schritt wäre nun die Verkürzung der Reha-Aufenthalte von Schlaganfall-Patienten. Auch die Akutkrankenhäuser wurden aufgefordert, planbare Operationen zu verschieben. „Es geht darum, Patienten zu vermeiden“, sagt Andreas Müller. Wobei es nicht an Betten, sondern an Personal fehlt: Die Betreuung von Covid-Patienten ist besonders aufwändig. „Die ersten drei haben wir schon verlegt.“ Sie werden in Krankenhäusern in Olpe und Köln versorgt.

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Modellregion

Derweil kann sich die Stadt Siegen in den Kreis der „Modellregionen“ einreihen, in denen testweise Lockerungen von Corona-Einschränkungen zugelassen werden. Ursprünglich hatten Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Siegen gemeinsam einen Öffnungsversuch unternehmen wollen, der auch Kultur, Handel und Gastronomie umfasst hätte. Landrat Andreas Müller hatte dieses Unternehmen dann aber als aussichtslos aufgegeben, als für die Vorlage eines Konzepts eine Frist von nur 24 Stunden gesetzt wurde. „Das wäre in der Zeit nicht machbar gewesen“, bestätigt Siegens Bürgermeister Steffen Mues im Gespräch mit dieser Zeitung.

„Wir haben uns dann noch einmal in der Verwaltung zusammengesetzt“, berichtet Mues – schließlich habe Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart ausdrücklich auch „Teilkonzepte“ angefordert. Und das habe für die städtischen Bäder „in der Schublade“ gelegen: „Wir hatten für das letzte Jahr ein ziemlich gutes System entwickelt.“ Mit Online-Vorabbuchung und Hygienekonzepten habe Siegen als erste Kommune in NRW die Freibäder wieder öffnen können. Und so wird es womöglich auch in diesem Jahr sein: im Rahmen der „Modellregion“, zusätzlich nun auch mit Schnelltests. „Das Konzept ist nicht fertig“, betont Steffen Mues, an den Details werde nun gearbeitet.

Siegen gehört zu der zweiten Projektgruppe, die ab 26. April starten soll, „wenn die Inzidenzlage es zulässt“, wie der Bürgermeister erfahren hat. Der Minister habe die 100er-Inzidenz als Marke genannt, „das habe ich aber nicht verstanden“, sagt Mues: Schließlich gehe es in dem Modellregionen-Versuch doch gerade um Öffnungen im „Notbremsen“-Bereich über 100. Im Siegener Stadtgebiet liegt die Inzidenz derzeit bei 220, „seit einer Woche steil sinkend“, stellt Steffen Mues fest: „Wir waren schon über 300.“ Die Zusage aus Düsseldorf sei am Freitag „schon ein bisschen unerwartet“ gekommen, räumt der Bürgermeister ein. Jetzt geht die Verwaltung an die Arbeit: Zwei Freibäder und ein Hallenbad werden rechtzeitig startklar sein.

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