Netphen. Viel Ärger und rote Zahlen: Künftig bekommt die Gesellschafterversammlung der Freizeitpark GmbH Weisungen vom Hauptausschuss.

Die Politik nimmt die stadteigene Freizeitpark Obernautal GmbH (FON) an die kurze Leine: Die Mitglieder der Gesellschafterversammlung werden künftig auf Weisung des Hauptausschusses abstimmen. Über eine Änderung der FON-Satzung werde der Rat in seiner Sitzung Ende April entscheiden. Das bestätigte Bürgermeister Paul Wagener dieser Zeitung auf Anfrage.

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Vorgeschichte

Die FON wurde vor mehr als zehn Jahren gegründet, als das Freizeitbad politisch und finanziell auf der Kippe stand – ursprünglich als Unternehmen, dem neben der Stadt auch privatwirtschaftliche Gesellschafter beitreten können sollten. Diese Investoren haben sich allerdings nie gefunden. Die FON konnte dann aber um 2010 herum die große Modernisierung des Betriebs stemmen: In diesem Zuge entstanden die neuen Saunen, das Dampfbad in der Schwimmhalle, das Physio-Aktiv-Fitnessstudio im ehemaligen Restaurant im Obergeschoss und der automatisierte Kassenbereich mit Guthabenchips.

Die Politik hatte mit dem Betrieb fast nichts mehr zu tun. Der Freizeitparkausschuss, der bis dahin über Finanzen und Modernisierungen, Eintrittspreise und Öffnungszeiten zu beschließen hatte, wurde abgeschafft. Aufgabe des Rates blieb es, einmal im Jahr, zusammen mit dem Haushalt, über die Überweisung an die FON zu beschließen: Das jährliche Defizit von rund 750.000 Euro hat sich im ersten Corona-Jahr auf 1,5 Millionen Euro verdoppelt.

Heute

Gesteuert wird das Unternehmen derzeit von Geschäftsführer Raik Richter, dem eine Gesellschafterversammlung vorgesetzt ist: In der ist jede Ratsfraktion mit einem Mitglied vertreten. Mit dem Jahr 2018 begann für die FON ein neues Kapitel: Sie übernahm, nach dem Ende der Sportpark Siegerland GmbH, auch den benachbarten Freizeitpark mit Soccer- und Tennisfeldern, Fitnessstudio und der neu eingerichteten Trampolinhalle. Alle Einrichtungen treten nach außen unter der neuen Marke "N Flow" auf.

Der Stoff, aus dem der Ärger ist

11. Dezember 2019, Information an die FON-Gesellschafterversammlung: Wenn die Steuerungsanlage ausfällt, ist das Bad für mindestens ein halbes Jahr dicht.

23. April 2020: Die Gesellschafter beschließen die Erneuerung der Steuerung; dazu könnte die Schließzeit während der Pandemie genutzt werden.

8. Dezember 2020: Die Gesellschafterversammlung erfährt, dass nun Geld vom Land da ist. Planung und Ausschreibung für die Steuerungsanlage gibt es aber noch nicht.

14. Januar 2021: Die FON-Spitze rät zum Umbau der Steuerungsanlage im März oder April 2022.

16. Februar 2021: Die Gesellschafterversammlung drängt auf die Ausschreibung der Arbeiten.

11. März 2021: Der Entwurf für eine Ausschreibung liegt nicht vor. Die Gesellschafterversammlung beschließt die sofortige Ausschreibung und überträgt dem Rat die Entscheidung über einen Bauzeitenplan.

Daten aus einer nicht öffentlichen Stellungnahme der CDU-Fraktion

Konflikte

2020 gab es Ärger – gleich zwei Mal: Zuerst im Sommer, als die FON sich frühzeitig auf den Ausfall der Freibadsaison festlegte. Und dann zum Jahresende, als die Stadt den Zuschlag aus einem Corona-Konjunkturprogramm des Landes erhielt und ihr 725.000 Euro für ein Sanierungsprogramm bewilligt wurden – unter anderem für eine „speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)“, ohne die der Betrieb stillliegen würde. Weil die komplexen Arbeiten eine Schließzeit erfordern, wollen Verwaltung und FON-Leitung die Arbeiten erst Anfang 2022 ausführen. Die Gesellschafterversammlung drängt auf einen früheren Termin, um den Totalausfall der maroden SPS zu vermeiden.

Lösungen

In der Sondersitzung des Rates am vorigen Woche wurde nicht nur der neue Beigeordnete gewählt, sondern auch über einen Antrag der CDU-Fraktion verhandelt – unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weil nach Ansicht des Bürgermeisters schutzwürdige Interessen der GmbH betroffen seien und die Gesellschafterversammlung ebenfalls nicht öffentlich tage. Die CDU fordert, „sämtliche von der Gesellschafterversammlung der FON GmbH zu treffenden Beschlüsse im Rat zu beraten und zu entscheiden …. und jeweils die Gesellschaftervertreter der FON anzuweisen, die getroffenen Beschlüsse entsprechend in der Gesellschafterversammlung umzusetzen“.

Mit solcher Weisungsgebundenheit wären die FON-Vertreter in guter Gesellschaft: 2011 hat der Bundesgerichtshof bestätigt, dass der Rat der Stadt Siegen den Mitgliedern des Aufsichtsrates der Siegener Versorgungsbetriebe Weisungen erteilen darf – geklagt dagegen hatten die Mitglieder des Aufsichtsrates selbst.

Mit einer solchen Eskalation dürfte in Netphen nicht zu rechnen sein. „Wir werden zu einer guten Lösung kommen“, sagte CDU-Fraktionschef Sebastian Zimmermann auf Nachfrage dieser Zeitung – womit er wohl die Hauptausschuss-Variante andeuten wollte. „Das Schwimmbad ist ein wichtiges Gut für Jung und Alt hier in Netphen“, heißt es in dem Antrag, „die Debatten darüber müssen öffentlich und in den städtischen Gremien geführt werden, die eine demokratische Legitimation besitzen“. Dass es künftig aber wieder zu öffentlichen Debatten über Eintrittspreise und Öffnungszeiten (schon vor Corona von 22 auf 20 Uhr Betriebsschluss zurückgenommen) kommt, ist noch nicht ausgemacht. Nach Informationen dieser Zeitung sollen die FON-Angelegenheiten in den nicht öffentlichen Sitzungsteilen des Hauptausschusses platziert werden.

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