Siegen-Wittgenstein. Die ABC Apotheke in Weidenau ist insolvent, das Apothekensterben in Siegen-Wittgenstein setzt sich fort. Rückgang: mehr als 11 Prozent seit 2008.

Die Zahl der Apotheken in Siegen-Wittgenstein sinkt seit Jahren, mit der Insolvenz der ABC-Apotheke in Weidenau, eröffnet 1978, setzt sich der Trend nun fort. Das Amtsgericht Siegen hat Anfang März das Insolvenzverfahren eröffnet. Damit ist eine weitere alteingesessene Apotheke in der Existenz bedroht.

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Apothekensterben in Siegen-Wittgenstein und darüber hinaus: Zahlen

2008 gab es im Kreisgebiet 71 Apotheken, wie Dr. Gero von Fircks, Sprecher der Apotheken in Siegen-Wittgenstein, sagt. Ende 2020 waren es noch 63. In der Region spiegelt sich damit die bundesweite Entwicklung wider. Laut Zahlen der ABDA – der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Spitzenorganisation der Branche mit Sitz in Berlin – waren im Jahr 2000 noch 21.592 Apotheken in Betrieb, zehn Jahre später noch 21.441. Gerade in der jüngeren Vergangenheit ging die Kurve aber schneller nach unten: Ende 2020 auf 18.753. Nach ABDA-Angaben lag der Rückgang im dritten Jahr in Folge bei mehr als 300. Der steigenden Zahl an Schließungen stehen immer weniger Neueröffnungen gegenüber. Im Jahr 2005 etwa waren es 326, 2019 hingegen nur 107.

Siegen und Umgebung: Gründe für das Apothekensterben

Dass der Betrieb einer Apotheke eine Lizenz zum Geld drucken ist, sei ein Klischee, betont Gero von Fircks. „Der Ertrag der Apotheken ist rückläufig“, sagt er. „Im Laufe der Zeit gab es immer wieder Reformen, die ihn beschnitten haben.“ Diese Entwicklung „hat sich angekündigt. Aber vor sechs bis acht Jahren wollte das noch niemand wahrhaben.“ Unter anderem sei festgeschrieben worden, wie viel Rabatt Apotheker beim Einkauf bekommen dürfen – was sich logischerweise auf den Gewinn auswirkt.

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Häufiger als die Insolvenz sei etwas anderes Grund für die Aufgabe eines Standortes, wie Gero von Fircks erklärt: „Apotheker, die beispielsweise aus Altersgründen aufhören wollen, finden keinen Nachfolger.“ Auch das stehe natürlich mit der veränderten Ertragslage in Zusammenhang. Sofern die Übergabe der eigenen Apotheke – also ihr Verkauf – die Altersvorsorge sichern sollte, stehen die Betroffenen damit vor massiven Problemen. Ganz ähnlich verhält es sich übrigens oft bei Hausärzten, die mittlerweile häufig keine Nachfolger für ihre Praxen finden – ein Vorgang, der lange als sichere Bank galt, aufgrund der sinkenden Zahl an jungen Medizinern aber inzwischen gerade in ländlichen Bereichen längst keine verlässliche Größe mehr ist.

Die Apotheken spüren zudem die Online-Konkurrenz, „aber hauptsächlich im frei verkäuflichen Bereich“, sagt Gero von Fircks. Für Medikamente, die akut benötigt werden oder bei denen Erklärungsbedarf bestehe, würden Patientinnen und Patienten eher eine niedergelassene Apotheke vor Ort aufsuchen. Doch planbare Einkäufe – etwa von hochpreisigen Vitaminpräparaten, ebenso aber von dauerhaft benötigten Medikamenten für chronisch Kranke – würden einige Kundinnen und Kunden über Versandapotheken abwickeln. Diese jedoch seien personell oft anders besetzt, was wiederum die Kosten senkt. Liege der Sitz im Ausland, gelten zudem andere Vorgaben, die das Geschäftsmodell attraktiver machen könnten, wie Gero von Fircks erläutert: Während beispielsweise in Deutschland immer ein Apotheker Betreiber sein müsse, könnten es im Ausland auch Investorengruppen sein.

Aus trotz Tradition

In Weidenau hatte in jüngerer Vergangenheit erst die Adler Apotheke geschlossen. Sie war mehr als 100 Jahre lang eine feste Größe im Stadtteil.

Direkt im Weidenauer Zentrum gibt es damit nun noch zwei Apotheken.

Apothekendichte in Deutschland deutlich unter dem EU-Schnitt

Auch wenn zumindest in innerstädtischen Bereichen eine gewisse Apothekendichte immer noch gegeben ist, liegt Deutschland nach Angaben der ABDA mit derzeit etwa 23 Apotheken pro 100.000 Einwohner unter dem EU-Schnitt von 32. Tendenz fallend. Besonders bemerkbar macht sich die Aufgabe von Standorten natürlich im ländlichen Raum.

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