Die Erschließung des Gewerbegebiets Im Bruch in Dreis-Tiefenbach und eine Zwischennutzung der ehemaligen Tagesklinik Netphen stehen 2021 an.

Netphen Bürgermeister Paul Wagener formuliert die Devise für die Haushaltsplanung so: „Wir werden Maß halten, ohne uns kaputt zu sparen.“ Auch in Netphen kommt das dicke Ende nach Corona erst 2024, wenn die Stadt mit den bis dahin „isolierten“ (so der Gesetzestext) Schulden umgehen muss: 12,7 Millionen Euro Pandemie-Belastung wird die Stadt von da an über 50 Jahre abstottern müssen. Bis dahin gibt es eine kleine Atempause: Die Jahresrechnung 2020 wird sogar mit 250.000 Euro Überschuss abschießen, eingeplant waren gerade einmal 4500 Euro. Das Defizit von gut einer halben Million Euro in diesem Jahr ist so klein, dass dafür kein neues Haushaltssicherungskonzept gebraucht wird. Und die Neuverschuldung von 3,35 Millionen Euro hält sich in Grenzen.

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Viel dramatischer betrachtet der Bürgermeister die Entwicklung jenseits der Stadtkasse: „Die Schäden in der Gesellschaft sind groß, die Denunziation feiert fröhliche Urständ – das ist teilweise erschreckend zu sehen.“ Kindern gehe Bildung verloren, Großeltern der Kontakt zu ihren Enkeln, den Vereinen ihr Vereinsleben. „Wir müssen aufpassen, dass die Schutzmaßnahmen nicht mehr Schaden verursachen als das Virus selbst.“

Knackpunkte

In den um 3,35 Prozent erhöhten Personalkosten sind auch 3,4 zusätzliche Stellen in der Verwaltung vorgesehen, unter anderem erstmals für das Fördermittelmanagement: „Die ganzen Programme durchforsten und Fördermittel entdecken“, beschreibt Bürgermeister Paul Wagener die Aufgabe der gesuchten Fachkraft. Im Zusammenhang mit den Personalkosten erwähnt der Bürgermeister auch die von der Stadt zu tragenden Kosten für Beamte im Ruhestand: Derzeit bekämen drei Beigeordnete Versorgungsbezüge, pro Kopf und Jahr um die 100.000 Euro. „In zehn Jahren ist das eine Million.“ Aktuell streitet Wagener mit der Ratsmehrheit über die laufende Ausschreibung, mit der die Stadt einen Beigeordneten sucht.

Die Stadt plant mit weniger Kreisumlage, als der Kreis sie in seinem Haushalt einplant. Nein, sagt auf Nachfrage, „es gibt derzeit keine Signale, dass der Kreis sich bewegt.“ Die Veranschlagung im Netphener Haushalt solle als „Signal an unsere Politiker“ verstanden werden, die über die Kreisumlage beschließen. Im Vorbericht des Haushaltsplans macht der Kämmerer eine Rechnung auf: Demnach würde die Nachforderung des Kreises rund 80 Prozentpunkte mehr Grundsteuer ausmachen. Daran denkt Hans-Georg Rosemann allerdings noch nicht: „Wir würden versuchen, einen höheren Fehlbetrag auszuweisen.“

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Projekte

Gewerbegebiet Im Bruch: Finanziert werden Kanal- und Straßenbau. „Im kommenden Jahr wird es losgehen“, kündigt Bürgermeister Paul Wagener an. Es gebe Anfragen von Unternehmen, die sich an dem Hang an der B 62 in Uni-Sichtweite ansiedeln wollen. Über eine große Fläche verfüge die Bauunternehmung Demler, die nach wie vor über eine Umsiedlung von Netphen nach Dreis-Tiefenbach nachdenke.

Schulen: Veranschlagt sind Mittel für die Erweiterung des Gymnasiums, aber noch nicht für die Grundschule Netphen. Sollte über die im Rat angekündigten „großen Lösungen“ oder Standortverlagerungen nachgedacht werden, müssten Schulen und Eltern beteiligt werden. Ein ratsinterner Arbeitskreis genüge nicht. „Wir müssen die Menschen mitnehmen. Hinterzimmermentalität ist fehl am Platze.“

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Die Stadt Netphen hat die ehemalige Tagesklinik an der Talstraße gekauft; das Johanneswerk ist mit seiner Einrichtung ins Dreis-Tiefenbacher Telekomgebäude umgezogen. 50.000 stehen für eine neue Nutzung bereit, möglicherweise im Bereich der Jugendarbeit, für Gesangsgruppen und Chöre oder auch als Ausweichquartier für Schulen, die für den Betrieb unter Pandemiebedingungen mehr Platz brauchen. „Das wird sich im Laufe des Jahres ergeben“, sagt Paul Wagener. Die Nutzung sei „natürlich zeitlich begrenzt“. Die Stadt habe das Gebäude gekauft, „um Stadtentwicklung zu betreiben“. Konkret: Wenn auch der Mietvertrag mit der Post (ebenfalls in Stadt-Eigentum) ausläuft, soll der Platz am Rande des Einkaufszentrums für einen vergrößerten Discountmarkt genutzt werden.

Freizeitbad: Der jährliche Zuschuss verdoppelt sich auf 1,5 Millionen Euro. Zusätzlich stehen 725.000 Euro Landesmittel für eine Sanierung bereit.

Feuerwehrgerätehaus Oberes Siegtal: Der Neubau, durch eine Lärmschutzbegutachtung ausgebremst, steht nun für 2022 im Etat. Der Bürgermeister zum Grundstücksthema: „Gespräche werden geführt.“

Radwege: Eingeplant sind der Radweg vom Bahndamm Netphen-Deuz über die L 729 nach Beienbach (Landeszuschuss: 80 Prozent) und ein Radweg von Deuz nach Feuersbach (Landeszuschuss: 100 Prozent).

Ausbau Lahnstraße: Wenn der Landesbetrieb Straßenbau die Lahnstraße zwischen Restbrücke und Schillerstraße ausbaut, ist auch die Stadt mit rund 600.000 Euro für Kanal und Gehweg dabei. Pläne für einen Kreisel B 62/Lahnstraße hat das Land bereits aufgegeben – der Grunderwerb war nicht möglich.

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