Siegen. Ob Berliner Bär, Ufo-Brunnen oder Tanzperformance: Die Stadt Siegen möchte die Bedeutung von Werken im öffentlichen Raum ins Bewusstsein bringen.
Die Kunst soll dahin, wo die Menschen sind – auch die Menschen, die sich von sich aus nicht gezielt zur Kunst begeben: Die Stadt Siegen arbeitet daran, die Bürgerinnen und Bürger für Kunst im öffentlichen Raum und deren besondere Bedeutung zu erwärmen. Diese, da sind die Verantwortlichen sicher, geht nämlich über rein dekorative Ansätze oder künstlerischen Selbstzweck weit hinaus.
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Es geht zunächst einmal um Denkmäler, Kunst am Bau, Wandbilder, Brunnen, Skulpturen und Installationen. Diese stehen oder hängen eben nicht nur irgendwo in der Gegend herum, sondern sind „identitätsstiftend und stadtbildprägend“, wie es in der Broschüre „Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau in Siegen“ aus dem Dezember 2019 heißt. Dass das keine leeren Worthülsen sind, zeigt ein Blick in die Liste der 28 Werke, die in der Broschüre vorgestellt und beschrieben werden, unter anderem Berliner Bär, Henner und Frieder, Ufo-Brunnen in der Fißmer-Anlage oder die Kuhherde mit Hirte in der Alten Poststraße – also markante Objekte, die wohl jedem Siegener und jeder Siegenerin bekannt sind und die fest mit der Stadt und mit persönlichen Erinnerungen verbunden werden.
Siegen: Werke namhafter Künstlerinnen und Künstler prägen das Stadtbild mit
Mit dem Handlungskonzept „Kunst im öffentlichen Raum“, im Mai 2019 vom Kulturausschuss beschlossen, verpflichtet sich die Stadt deshalb zu einem wertschätzenden Umgang mit den Arbeiten: vor allem zum Erhalt, zur Pflege und zur Dokumentation (etwa in Broschüren und online) sowie zur Neuschaffung.
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„Ein Großteil dieser Kunstwerke entstand nach den verheerenden Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges in der Nachkriegszeit durch namhafte regionale Künstler“, ist im Handlungskonzept erläutert. Urheber sind etwa Reinhold Koehler (1919-1970), Hermann Kuhmichel (1898-1965) und Theo Meier-Lippe (1907-1980). Es sind aber auch noch ältere Arbeiten erhalten wie Henner und Frieder (1902) oder die Germania (1876) in der Fißmer-Anlage, alle drei von Prof. Johann Friedrich Reusch geschaffen. Ein stilistisch (und historisch) völlig anderes Beispiel sind die bunten Röhren am Gymnasium Auf der Morgenröthe in Niederschelden aus dem Jahr 1976 von Gudrun Müsse-Florin.
Siegener Urban Art Festival „Out & About“ soll zur regelmäßigen Einrichtung werden
Um seitens der Stadt fortlaufend weitere Werke im öffentlichen Raum entstehen zu lassen, „soll nach Möglichkeit jeweils ein Wettbewerb durchgeführt werden, wenn nicht bereits durch besondere Umstände ein Künstler feststeht“. Ein prominentes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist die Gestaltung der Oberstadtbrücke, für die auf ebendiesem Wege im September 2019 ein Entwurf ausgewählt wurde. Dieser harrt allerdings noch seiner Umsetzung – unter anderem wegen der Einschränkungen während der Corona-Krise.
Festival alle zwei Jahre
Der zweijährige Rhythmus des Urban Art Festivals – anstelle eines jährlichen Turnus’ – hat vor allem zwei Gründe, wie Astrid Schneider, Leiterin der städtischen Kulturabteilung, erklärt.
Einerseits solle das Format „nicht inflationär“ genutzt werden, damit potenzielle Mitwirkende reichlich Luft haben, um Ideen und Projekte zu entwickeln.
Andererseits sei es eine Frage der Finanzierung. Der erste Durchgang kostete rund 30.000 Euro. Die Hälfte davon stellte die Kulturregion Südwestfalen, Teil des Landesförderprogramms Regionale Kulturpolitik NRW, zur Verfügung. Außerdem gab es Sponsoren und Unterstützer.
Kunst im öffentlichen Raum kann, muss aber nicht auf Dauer angelegt sein, wie Astrid Schneider, Leiterin der städtischen Kulturabteilung, erklärt. Temporäre Eingriffe, ob in Form von Objekten oder Aktionen – so genannte Interventionen – seien auf dem Vormarsch. Genau dafür bot 2020 von Juni bis Oktober das erste Siegener Urban Art Festival „Out & About“ eine Plattform. Es soll nicht das letzte seiner Art gewesen sein. Der Ausgangspunkt sei gewesen, das Festival im Zwei-Jahres-Rhythmus stattfinden zu lassen „wenn's gut läuft“, sagt Astrid Schneider. „Und es ist gut gelaufen.“
Konzept des Siegener Urban Art Festivals geht auf
An vier Aspekten lasse sich der Erfolg des Formats, der eine Wiederholung nahelege, festmachen:
Engagement. „Es war ein Experiment. Wir wollten die unterschiedlichsten Akteure sprechen“, sagt die Kulturamtsleitern. Ob das auf fruchtbaren Boden fallen würde, war zunächst offen. „Aber siehe da: Es gab jede Menge Interesse von Künstlern und Gruppen.“ Es kam ein Programm mit 21 Projekten und insgesamt rund 100 Beteiligten zustande.
Mischung. Etablierte Künstler und Newcomer, regionale und überregionale Akteure, jugendkulturelle Initiativen und langjährig Kunstschaffende machten mit, es gab Illuminationen, Performances, Installationen. „Der Mix ist gelungen“, betont Astrid Schneider. „Und es war kein Nebeneinander der Künstler. Da hat Kommunikation stattgefunden.“
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Resonanz. Die Rückmeldungen des Publikums seien sehr positiv gewesen, sagt Astrid Schneider. Gerade in einem Sommer, in dem Corona-bedingt vieles abgesagt werden musste, hätten sich viele Menschen über das Angebot gefreut. „Wir konnten Kultur machen, weil wir draußen waren.“
Aufmerksamkeit. Das Festival wurde über Siegen hinaus als vielversprechendes Format wahrgenommen. Beispielsweise wurde die Stadt Ende 2020 zur westfälischen Kulturkonferenz eingeladen, um das Konzept vorzustellen.
Permanente und temporäre Kunst im öffentlichen Raum unterscheiden sich natürlich grundlegend, weil sie – logischerweise – auf verschiedene Zeiträume angelegt sind. Ihr Kontext ist aber derselbe, weil sie dieselbe Bühne bespielen. Während die Kontinuität einer Arbeit einen prägenden (und idealerweise emotional angenehm besetzten) Fixpunkt schafft, kann ein vorübergehend präsentiertes Werk der Wahrnehmung eines vertrauten Ortes neue Impulse geben. „Man merkt auf und schaut im besten Fall zwei Mal hin“, sagt Astrid Schneider. So trägt beides dazu bei, den öffentlichen Raum und seine Möglichkeiten als positiv belegtes Umfeld zu erleben.
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