Siegen. Siegener Grüne bleiben bei Forderung: gemeinsame Umweltspur für Bus und Rad auf Koblenzer Straße. ADFC aus Sicherheitsgründen ebenfalls dafür.
An der geplanten Radspur auf der Koblenzer Straße scheiden sich die Geister. Wie berichtet lehnen die Grünen den von der Verwaltung geplanten eigenen Fahrstreifen für Radfahrer wegen der Mittellage zwischen Bus- und Autoverkehr ab und fordern eine gemeinsame Umweltspur für Bus und Rad.
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Auch beim ADFC Siegen-Wittgenstein werde das Thema „heiß diskutiert“, sagt Dr.-Ing. Holger Poggel, Vorsitzender des örtlichen Kreisverbands im Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club. „Die Sache ist nicht ganz einfach.“ Ein separater Streifen nur für Radfahrer sei eigentlich immer die beste Lösung, wenn es technisch machbar sei, so der Fahrradverkehr-Experte. Eigentlich – aus Sicherheitsgründen spreche sich der ADFC aber hier dagegen aus, so Sachverständiger Manfred Rohde im Umweltausschuss. Mit Blick auf die Einfahrten, etwa zum Biomarkt-Parkplatz, und dass Radler zwischen Bussen und Autos „eingequetscht“ werden können, plädiere man für eine breitere Umweltspur mit ausreichend Sicht.
Grüne Siegen: Mittelspur für Radverkehr lässt keinen Sicherheitsabstand zu
Auf diesem 1,85 Meter breiten Streifen könne der empfohlene Sicherheitsabstand von 1,50 Metern zu beiden Seiten von Auto- zu Radfahrern gar nicht eingehalten werden, argumentieren die Grünen, die sich daher der Empfehlung der „Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen“ zu Radverkehrsanlagen anschließt. In dieser „Bibel des Radverkehrs“, so die Grünen in einer Pressemitteilung, werde bei einem Aufkommen von bis zu 150 Radfahrenden in der Stunde die gemeinsame Nutzung von Bus- und Radverkehr auf einer Umweltspur eindeutig befürwortet.
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Die Bemühungen der Verwaltung, den Radverkehr in Siegen sicherer, attraktiver und komfortabler zu gestalten, begrüßen die Grünen, hier werde man diesem Anspruch aber nicht gerecht. Die verbleibende Autofahrspur links der Radfahrer sei nur 2,75 Meter breit, im Zweifelsfall werde das Fahrrad links von Autos und rechts von Bussen bedrängt. Bei einer Fahrradbreite von 70 Zentimetern wäre hier also aus Sicht der Grünen zur Einhaltung des Überholabstands eine Breite des Radfahrstreifens von mindestens 3,7 statt 1,85 Metern erforderlich.
Nur Tempo 30 in der Koblenzer Straße in Siegen nach Willen der Grünen
Die von der Verwaltung vorgeschlagene Lösung möge zwar regelkonform sein, schaffe aber unnötigerweise einen weiteren Angstraum besonders für ungeübtere Radfahrer, so die Grünen. Sie bleiben bei ihrem Vorschlag der breitere Busspur vor, die wie bisher für den Radverkehr freigegeben wird (Umweltspur). Radfahrer könnten am rechten Fahrbahnrand fahren, Busse hätten genügend Raum, unter Umständen mit geringfügiger Mitbenutzung der Autospur, um Radfahrer mit ausreichend Abstand zu überholen.
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Zudem fordern die Grünen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h von Kochs bis Reichwalds Ecke. Das ist ohne weiteres nicht machbar, weil es sich bei der Koblenzer um eine Landesstraße handelt, das Vorhaben müsste gegenüber den zuständigen übergeordneten Behörden durchgesetzt werden. „Das würde nicht nur die Verkehrssicherheit sondern insgesamt die Aufenthaltsqualität in diesem zentralen Bereich der Innenstadt signifikant erhöhen.“
Siegener Grüne vermischen eigenen Radfahrstreifen und Radschutzstreifen
Die Grünen vermischen hier allerdings in der Argumentation Radfahrstreifen und Radschutzstreifen. Auf der Koblenzer Straße ist eine eigene Fahrspur für Radfahrer vorgesehen, die von anderen Verkehrsteilnehmern nicht befahren werden darf. Auch Halten und Parken ist verboten. Dazu gibt es beidseitig eine durchgezogene Linie von in der Regel 25 Zentimetern Breite, zusätzlich sind in Gefährdungsbereichen Rotmarkierungen der gesamten Fahrspurbreite vorgesehen. Die Breite von 1,85 Metern steht ausschließlich den Radfahrern zur Verfügung. Damit setzt die Verwaltung die aktuellste Empfehlung zur Straßenverkehrsordnung in punkto Sicherheit für Radfahrer um.
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Im Unterschied dazu steht ein Fahrradschutzstreifen auch dem motorisierten Individualverkehr zur Verfügung, wenn kein Fahrradfahrer ihn beansprucht. Fahrradfahrer haben auf dem Schutzstreifen grundsätzlich Vorrang und müssen mit einem Mindest-Sicherheitsabstand von 1,50 Metern überholt werden. Dies gilt aber für einen eigenen Radfahrstreifen eben nicht, weil Fahrradfahrer auf ihrer eigenen Spur grundsätzlich erstmal nicht damit rechnen müssen, diesen mit anderen Verkehrsträgern zu teilen. Fährt das Fahrrad in der Mitte, gibt es auf beiden Seiten 55 Zentimeter Abstand – in der Tat nicht viel, verbunden aber mit der relativen Gewissheit, dass kein anderes Verkehrsmittel den eigenen Fahrweg kreuzt.
Radspuren mit mindestens 2,20 Metern Breite wären nicht nur in Siegen nicht machbar
Würde man die Grünen-Forderung weiterdenken, könnten eigene Radfahrstreifen als separate Fahrspuren entlang von Straßen grundsätzlich nur mit einer Mindestbreite von wenigstens 2,20 Metern Breite geplant werden – 70 Zentimeter als durchschnittliche Fahrradbreite plus 1,50 Meter Mindestabstand zum motorisierten Individualverkehr. Das würde nicht nur in Siegen den begrenzten Verkehrsraum überfordern, weil entsprechende Straßenquerschnitte kaum zur Verfügung stehen.
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Zudem würde es Radfahrer – wie bisher – deutlich gefährden, wenn sich ihre Wege ständig mit denen der Busse kreuzen. Die Busse sind nun einmal gezwungen, die Haltestellen am Gehweg anzusteuern – wenn dort aber die Radfahrer unterwegs sein sollen, wie es die Grünen vorschlagen, kommen sich beide Verkehrsträger ständig ins Gehege. Das würde nicht nur eine Gefährdung der Radfahrer bedeuten, sondern gleichzeitig auch den ÖPNV ausbremsen. Verkehrsanalysen zeigen, dass Verspätungen im Busverkehr in der Siegener Innenstadt entstehen, wo sämtliche Buslinien über den ZOB angebunden sind.
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