Siegen. Das Siegener Bestattungsinstitut Pietät hat genaue Vorgaben wie mit Corona-Toten umgegangen werden muss: Aufbahrung beispielsweise nicht möglich.

Das Beerdigungsinstitut Pietät in der Siegener Oberstadt hat wegen der Corona-Pandemie mehr zu tun. Nicht weil es mehr Tote gibt, sondern weil das Team die Hygienemaßnahmen und die uneinheitlichen Regelungen für Trauerfeiern beachten muss.

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Corona-Tote müssen nicht eingeäschert werden

„Neulich haben wir noch einen Corona-Toten von zu Hause abgeholt. Wir müssen dann immer Schutzausrüstung tragen und den Leichnam in einen sogenannten Body Bag legen. Natürlich kleiden wir den Verstorbenen vorher noch wie gewünscht ein“, erzählt Tobias Bell. Das Bestattungsinstitut gibt den Angehörigen noch Zeit, sich zu verabschieden, denn ein Corona-Toter kann und darf nicht aufgebahrt werden. „Die Body Bag darf nicht mehr geöffnet werden, durch den Transport des Leichnams entweichen Aerosole aus der Lunge, die gefährlich werden können“, sagt er.

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Fast alle Angehörigen würden nachfragen, ob es nicht doch möglich sei, den Leichnam aufzubahren und noch einmal zu sehen, aber „das wäre schlichtweg zu gefährlich. Für unsere Mitarbeiter und die Angehörigen.“ Tobias Bell tun die Angehörigen leid, die sich nicht noch einmal verabschieden können. Viele Menschen denken, dass Corona-Tote nur eingeäschert werden dürfen. Das ist aber ein Irrglaube: „Wir können eine an Corona verstorbene Person genauso in einen Sarg betten wie jeden anderen Menschen.“

Videoanruf für das Trauergespräch

Tobias und Ulrich Bell haben sich für den zweiten Lockdown, der Mitte Dezember startete, ein Trauergespräch-Konzept per Videoanruf überlegt. „Wir haben schon länger überlegt, so etwas anzubieten. Viele Familien sind heutzutage verstreut. Da ist es schön, wenn die Tochter, die im Ausland wohnt, mit dabei sein kann“, erläutert Tobias Bell den Ansatz.

Der 65-jährige Ulrich Bell musste erstmal mit dem neuen Konzept warm werden: „Mein Sohn hat das ganze Equipment angeschafft. Aber ein Video-Gespräch ist besser als nur ein Telefonat“, sagt der Geschäftsführer.

Wegen der Corona-Pandemie wurde die Idee von den zwei Bestattern jetzt schneller umgesetzt als ursprünglich mal gedacht: „Wenn sich zum Beispiel die Familie eines Corona-Toten in Quarantäne befindet, dann ist ein Videoanruf auch eine gute Lösung.“

Keine Aufbahrung für Corona-Tote

Ulrich Bell ist seit 42 Jahren Bestatter und hatte noch nie so viele Tote, die alleine in ihrer Wohnung aufgefunden wurden, wie im Dezember letzten Jahres. „Ich vermute, dass das durch den Lockdown kommt. Viele ältere Menschen bleiben zu Hause, aus Angst. Sie gehen vielleicht weniger zu Ärzten, weil sie Angst haben, sich mit dem Corona-Virus anzustecken.“ Die Toten werden dann erst Tage oder Wochen nach ihrem Tod gefunden. Die Nachbarn würden im Moment nicht wirklich darauf achten, ob die ältere Dame nebenan das Haus verlässt oder nicht. Es ist eben Lockdown, da bleiben die Menschen die meiste Zeit sowieso zu Hause.

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Wegen Corona darf auch keine Verabschiedung mit der ganzen Familie im Abschiedsraum des Beerdigungsinstituts von einem Nicht- Corona-Toten stattfinden. Dort dürfen nur zwei Leute gleichzeitig rein. „Als es Corona noch nicht gab, standen hier manchmal 40 Personen vor der Tür und wollten sich verabschieden. Das geht natürlich jetzt nicht mehr. Aber wir wollen den Angehörigen trotzdem die Möglichkeit bieten, sich zu verabschieden“, sagt Geschäftsführer Ulrich Bell. Deshalb werden Termine gemacht, damit immer nur zwei Leute gleichzeitig bei dem Leichnam sind.

Siegener Trauerhallen haben unterschiedliche Besucherkapazitäten

Auch in den Trauerhallen auf den Friedhöfen müssen viele Auflagen erfüllt werden. Die Besucherzahl ist in jeder Halle unterschiedlich: „Wir müssen einen weiteren Mitarbeiter zu jeder Beerdigung schicken. Einer muss jetzt immer auf die Registrierung zur Nachverfolgbarkeit achten“, sagt Tobias Bell. Vor der Corona-Pandemie hat er sich über gut besuchte Beerdigungen gefreut, „wenn viele Leute erscheinen, ist das immer ein Zeichen von großer Wertschätzung“, sagt Tobias Bell.

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Jetzt ist er froh, wenn so wenig Leute wie möglich kommen. In jeder Trauerhalle gibt es eine begrenzte Anzahl von Stühlen und wenn die besetzt sind, lässt sich da auch keine Ausnahme mehr machen. „Es passiert immer mal wieder, dass Leute zu mir kommen und meinen, dass ich keine Amtsperson sei und nicht das Recht habe, den Zutritt zu verweigern“, sagt er. Damit hätten die Leute generell Recht, aber letztendlich sind die Angehörigen die Veranstalter der Beerdigung und müssen darauf achten, dass alle Schutzmaßnahmen eingehalten werden. „Wir sind vor Ort dabei und unterstützen. Die Angehörigen haben in diesem Moment für eine solche Diskussion keinen Kopf.“

Siegener Beerdigungsinstitut entwickelt QR-Code-System

Tobias Bell hat sich ein QR-Code-System einfallen lassen. Ein Scan mit dem Smartphone und schon können schnell und digital die Daten der Beerdigungsgäste festgehalten werden. „Wir haben auch eine Kondolenzfunktion eingefügt. So entsteht ein digitales Kondolenzbuch“, sagt Geschäftsführer Ulrich Bell. Er hat auch seinen Leistungs-Katalog online gestellt, „aber Passwort geschützt, damit die Konkurrenz keinen Zugriff auf alle Angebote und Preise hat“.

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Die Kunden können sich so vor dem Trauergespräch online schon mal einen Überblick über das Angebot verschaffen. Das würde auch die Dauer des Gesprächs verkürzen.

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