Siegen/Netphen. Zeitweise mit großem Aufgebot hat die Polizei den Ortsbürgermeister von Eckmannshausen geschützt. Der wollte sich sogar scharf bewaffnen.

Im Sommer 2020 wurde der Angeklagte verhaftet, in Zusammenhang mit mehreren Bedrohungen, die gegen den Ortsbürgermeister von Eckmannshausen erfolgt sein sollen. Deswegen muss er sich seit vergangener Woche einem Verfahren der 1. Großen Strafkammer stellen, dazu kommen noch Diebstähle und Körperverletzungen. „Er war gerichtserfahren, hat sich gleich nach einer Haftprüfung erkundigt“, erinnert sich der Kriminalhauptkommissar, der den Einsatz leitete.

Randale im Supermarkt

Das wird auch im Lauf des zweiten Prozesstages deutlich. Der 35-Jährige Angeklagte hat gleich zwei Verteidiger, von denen allerdings diesmal nur einer dabei ist. Er macht aber schnell deutlich, dass er auch selbst sehr geschickt und eloquent Fragen stellen kann. Der erste Schwerpunkt liegt auf einem Ladendiebstahl in Dreis-Tiefenbach. Die Managerin und eine Mitarbeiterin berichten, wie der Angeklagte volltrunken in den Laden kam und vor die Tür expediert werden musste.

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„Ich wollte ihn raushaben“, sagt die Managerin. Der Mann sei „so voll“ gewesen, dass sie befürchtete, er würde im Geschäft stürzen, habe ihn mit einem Kollegen auf eine Bank vor der Tür gebracht und die Polizei gerufen. „Er sei ganz allein, habe eine Flasche Wodka getrunken und niemanden, der ihn abholen könne. Er tat mir leid“, ergänzt die Zeugin. Als die Polizei eintraf, sei er aber weggewesen, um am nächsten Tag wieder aufzulaufen. Da wurde er beim Bezahlen von zwei Dosen Bier erwischt, wie er eine Frischhaltedose und einen Thermosbecher unbezahlt durch die Kasse schleusen wollte.

Sozialpsychiatrischer Dienst ist eingeschaltet

Die Verhaftung im Sommer 2020 erfolgte dann aufgrund der Drohvorwürfe. Da sei einiges zusammengekommen, erinnert sich der Kriminalhauptkommissar. Zwei Unterbringungen nach PsychKG, der sozialpsychiatrische Dienst sei eingeschaltet gewesen, dazu die steigende Nervosität des bedrohten Ortsbürgermeisters, der als Jäger „über waffenrechtliche Genehmigungen verfügte und dabei war, einen Waffenschein für eine scharfe Waffe zu beantragen“. Er habe schließlich nicht nur auf den Haftbefehl gedrängt, sondern auch noch eine ungewöhnlich große Einsatzgruppe mitgenommen, sieben oder neun Beamte“, sagt der Zeuge und muss im Nachhinein lachen.

Der Angeklagte habe in einem Zelt im Garten der Eltern geschlafen. All diese Leute „um das kleine Zelt“, das sei schon ein Bild gewesen, findet der Polizist. Wie der Angeklagte denn reagiert habe, will die Vorsitzende ebenfalls lachend wissen. Ob der vielen Kräfte schon überrascht, aber dann auch gelassen und kooperativ, versichert der erfahrene Beamte, der den Angeklagten vorher nicht kannte, im Gegensatz zu vielen Kollegen. Bei einem früheren Besuch hatte die Mutter ihm „von Freitodabsichten“ des Sohnes erzählt, „der wolle sich totsaufen“. Er selbst habe daraufhin auch ganz andere Szenarien befürchtet, „wie ‚Suicide by Cop’“. Es sei glücklicherweise nichts dergleichen gewesen.

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Angeklagter will Verständigung

An dieser Stelle schaltet sich der Angeklagte das erste Mal mit Fragen ein und entlockt dem Zeugen unter anderem, dass dieser auf seinen Wunsch noch einmal zurückgefahren ist, um ein Medikament aus dem Zelt zu holen, das auch genau an der bezeichneten Stelle in einer Tasche gewesen sei: „Damit ich nicht verkrampfe.“ Er geht auch auf Einzelheiten der Telefonate ein, die der Beamte mit dem Ortsvorsteher geführt hat, diesen gebeten habe, „den Ball flach zu halten“. Auch hier stimmt der Zeuge zu. Es habe ein Annäherungsverbot für den Angeklagten gegeben. Der Bedrohte habe unter anderem einmal angerufen, der Mann gehe gerade wieder an seinem Haus vorbei. Nicht alles falle unter das Verbot, habe er dem Betroffenen gesagt, bestätigt der Kripomann.

Und dann gibt es ein unerwartetes Geständnis. „Ich will nur helfen, den Sachverhalt so gut wie möglich aufzuklären“, erklärt der Angeklagte. Es sei keine Frage, dass er an allen angeklagten Taten schuldig sei und auch die überwiegende Verantwortung für die Auseinandersetzung mit dem Ortsbürgermeister trage. Da gebe es nichts kleinzureden. Er wisse, dass es falsch sei, zu stehlen oder andere Menschen zu verletzen. Er habe auch Entschädigungszahlungen an einen Markt geleistet. „Aber es geht hier auch um eine mögliche Maßregel, die großen Einfluss auf mein Leben haben kann“, führt der Angeklagte weiter aus. Es sei damals zu einer Verständigung mit dem Ortsbürgermeister gekommen, der sich auch aggressiv ihm gegenüber verhalten habe, will er fortfahren, wird aber von der Vorsitzenden unterbrochen und auf den nächsten Verhandlungstag verwiesen. Der Betroffene sei für den 24. Februar geladen, „dann können Sie alle Fragen stellen“.

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