Siegen. Auf dem Ausbildungsmarkt in Siegen-Wittgenstein deuten sich einige ungute Entwicklungen an. Das hat eine Blitzumfrage der IHK Siegen ergeben.

Weniger Stellen und weniger Bewerber: Das Ergebnis einer Blitzumfrage bei den IHK-zugehörigen Ausbildungsunternehmen betrachtet die Industrie-und Handelskammer Siegen mit gewisser Sorge. 47 Prozent der 171 beteiligten Betriebe gaben an, für das neue Jahr keine oder nur sehr wenige Bewerbungen junger Menschen zu erhalten. Zugleich planen 28 Prozent, ihr Ausbildungsplatzangebot im Vergleich zum Jahr 2020 zu verringern. Lediglich 8 Prozent wollen ihre Kapazitäten erhöhen. „Wird der regionale Lehrstellenmarkt in diesem Jahr von zwei Seiten in die Zange genommen, entsteht im Frühsommer Handlungsbedarf“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener.

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Natürlich folge das Ausbildungsverhalten in erster Linie der wirtschaftlichen Perspektive. Wer leere Auftragsbücher habe, benötige auf Sicht weniger Personal und umgekehrt, verdeutlicht IHK-Geschäftsführerin Sabine Bechheim: „Derzeit rechnet jedes vierte heimische Unternehmen mit einem Beschäftigungsabbau, während 14 Prozent ihr Personal aufstocken wollen.“ Folge die tatsächliche Entwicklung den Umfrageergebnissen, „läge die realisierte Ausbildungsleistung im zweiten Jahr nacheinander um rund 20 Prozent unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre.“

IHK Siegen: 40 Prozent der Firmen beklagen „mangelnde Ausbildungsreife“

Ein weiteres wichtiges Umfrageergebnis: 40 Prozent der befragten Firmen attestieren den Schulabgängern „mangelnde Ausbildungsreife“. Hier führen die Unternehmen sowohl fehlende fachliche Qualifikationen als auch mangelnde Sozialkompetenzen ins Feld.

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Rund 24 Prozent der Firmen sehen in dem Corona-bedingt fehlenden Kontakt zu Schülerinnen und Schülern eine große Herausforderung – ein Problem, das sich auch im betrieblichen Ausbildungsalltag festmachen lasse, so die Kammer. 32 Prozent der Firmen geben an, dass die schulischen Leistungen ihrer Auszubildenden durch den Distanzunterricht beeinträchtigt werden. Die Berufskollegs stünden vor der gewaltigen Aufgabe, die durch das verstärkte Home-Schooling erzeugten fachlichen Defizite nach einer kompletten Wiederöffnung schnell auszugleichen, betont Sabine Bechheim. „Immerhin halten 12 Prozent der Firmen den Ausbildungserfolg für gefährdet. Das sollte zu denken geben.“

IHK Siegen: Schulschließungen erschweren die Berufsorientierung

Dies sei jedoch ist nicht das einzige Problem, das die langen Schulschließungen nach sich ziehen, sagt die IHK-Geschäftsführerin. „Von einer geregelten Berufsorientierung kann in den allgemeinbildenden Schulen derzeit keine Rede sein.“ Die persönliche Kontaktaufnahme mit Schülern sei für die Firmen, die Agentur für Arbeit und die Kammern bei geschlossenen Schulen so gut wie unmöglich. Zudem hätten die Schulen der Sekundarstufen I und II derzeit anderes im Sinn, als sich über die Berufsorientierung ihrer Abgangsklassen Gedanken zu machen.

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Auf der Bewerberseite müssen sich die Firmen daher nach Auffassung der IHK auf völlig neue Problemlagen einstellen. „Vollkommen gleichgültig, ob sich junge Menschen nach ihrem Schulabschluss in Richtung eines Studiums oder in Richtung einer betrieblichen Erstausbildung bewegen wollen, dürften in beiden Fällen die Unsicherheiten extrem ausgeprägt sein“, sagt Klaus Gräbener. „Wir sind daher stark daran interessiert, bereits im Frühjahr gemeinsam mit der Universität Siegen berufsorientierende Maßnahmen umzusetzen, die diese Unsicherheiten in den Blick nehmen.“

Berufsmessen in Siegen und Olpe könnten digital stattfinden

Zugleich liefen derzeit die Corona-kompatiblen Vorbereitungen für die Berufsmessen in Siegen und Olpe. Sollten reale Messen abermals nicht durchführbar sein, könnten Interessenten auf digitale Varianten umsteigen, wie die Kammer ankündigt. „Natürlich können digitale Formate das persönliche Gespräch auf einer Messe nicht ersetzen“, räumt Sabine Bechheim ein. „Dennoch arbeiten wir auch hieran mit Volldampf, damit wir regional für alle Eventualitäten gut aufgestellt sind.“

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Aus Sicht der befragten Unternehmen seien die politischen Akteure laut Mitteilung der IHK gut beraten, das Hauptaugenmerk auf eine bessere Ausstattung der schulischen Infrastruktur zu richten. Zwei von fünf Unternehmen treten für mehr Lehrkräfte und eine bessere Ausstattung sowohl in den allgemeinbildenden Schulen (40 Prozent) als auch in den Berufskollegs (38 Prozent) ein. 36 Prozent erheben die Forderung, eine möglichst ortsnahe Beschulung an den Berufsschulen sicherzustellen, und 28 Prozent halten zusätzliche Mittel für sinnvoll, um den Übergang von der Schule in den Beruf zu verbessern.

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