Burbach. Seit 2010 führt Bartholomäus in den Abendstunden durch Burbach. Doch in der Pandemie können die beliebten Führungen nicht wie sonst stattfinden.

„Hört ihr Leut...“ - So begrüßt der Burbacher Nachtwächter traditionell die Bürger und so steht es auch auf dem Flyer für die Saison 2020/2021. Die droht, da sie nur in den Herbst- und Wintermonaten stattfindet, wegen Corona beinahe vollständig ins Wasser zu fallen. Immerhin können der zertifizierte Natur- und Landschaftsführer Helmut Redlich und seine Kollegen mittlerweile auf ein Jahrzehnt Nachtwächterführungen in Burbach zurückblicken.

Nachtwächterführung in Burbach: Die Idee

Entstanden ist die Idee nach dem NRW-Tag 2010. Werner Kreutz vom Heimatring Burbach gründete eine Gruppe, die sich mit dem „Plattschwätzen“ befasste – auch diese Mundartgruppe gibt es noch heute im Heimatverein. Auch Helmut Redlich hat großen Respekt vor dieser Kunst: „Ich bin zwar Burbacher, aber richtig plattschwätzen ist nicht so einfach.“ Im Rahmen des NRW-Tags stellte die Gruppe in Siegen auf der Bühne traditionelle Berufe vor, darunter auch den des Nachtwächters.

Waldemar Herr, damaliger Orstvorsteher Burbachs, hatte bei der Recherche den historischen Nachtwächterweg in den Gemeindeplänen gefunden, eine zweieinhalb Kilometer lange Route. Zunächst sei es nur eine Jux-Idee gewesen, tatsächlich Führungen anzubieten, doch daraus wurde schnell Ernst. Mehr als 3.200 Menschen haben die Burbacher mittlerweile geführt, auf einem rund 1,25 km langen Teilstück, „wo man was sehen kann“, erläutert Redlich. Es ist das einzige derartige Angebot im südlichen Siegerland.

Burbachs erster Nachtwächter war im 18. Jahrhundert unterwegs

Die Geschichte des Nachtwächters in Burbach beginnt 1758. Ein großer Brand am 4. Juni hatte 63 Wohnhäuser, 49 Scheunen und acht Stallungen zerstört. Eine organisierte Feuerwehr gab es zu dieser Zeit noch nicht. Der Vogt setzte daraufhin den Nachtwächter ein, der vor derartigen Gefahren warnen sollte. Zwischen 22 und 4 Uhr ging er zu jeder vollen Stunde seine Runde, ausgerüstet mit Umhang, Laterne, Signalhorn und Hellebarde. Dass er seiner Aufgabe nachkam und alles in Ordnung war, musste der Nachtwächter durch das Singen passender Liedverse anzeigen.

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Der Nachtwächter war in der Alten Vogtei einquartiert und tagsüber war er der Totengräber der Gemeinde. Trotz seiner wichtigen Funktion sei der Job eher schlecht bezahlt gewesen, erzählt Helmut Redlich, und die Ehefrau des Nachtwächters musste ihn tatkräftig unterstützen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts veränderte sich der Aufgabenbereich des Wächters. Er musste mithilfe einer Leiter die neu entwickelten Petroleumlampen – sieben Stück gab es davon in Burbach – anzünden. Der Nachtwächter war darüber hinaus eine Art Vorläufer des Polizisten, sagt Helmut Redlich. Um 1930, also nach gut 170 Jahren Dienst, verliert sich dann die Spur des Burbacher Nachtwächters.

Seit fünf Jahren heißt Burbachs Nachtwächter Bartholomäus

Bis er 2010 wieder zum Leben erweckt wurde. Zunächst einfach nur als Burbacher Nachtwächter. Nach fünf Jahren wurde entschieden, dass der Nachtwächter einen Namen bräuchte. Gemeinsam mit dem Tourismusbüro rief man die Burbacher Bevölkerung zur Abstimmung auf. Zehn Namen standen zur Auswahl, die Burbacher entschieden sich für Bartholomäus. Am Anfang boten der mittlerweile 84-jährige Kreutz und der 63-jährige Redlich die Nachtwächtertouren an, wegen der steigenden Nachfrage engagierte man noch einen dritten Bartholomäus: Harald Molzberger, mit 60 Jahren der Jungspund unter den Nachtwächtern.

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Die heutigen Burbacher Nachtwächter sind neben der traditionellen Ausrüstung mit modernster Technik ausgestattet. Mit einem portablen Mini-Beamer werden historische Bilder an Mauern und Häuserwände projiziert. „Dann können die Leute auch mal sehen, wie es früher aussah", sagt Helmut Redlich. Auch für die Barrierefreiheit ist das hilfreich. So können die Besucher das alte Uhrwerk bewundern, ohne dafür auf den Turm steigen zu müssen.

Die Burbacher Nachtwächterführungen in Zeiten von Corona

Und während die Führungen unter Corona-Beschränkungen noch erlaubt waren, wurden so die Bilder aus dem Keller von Haus Herbig gezeigt. Dort starten die Führungen und eigentlich geht es dabei durch die Kellerräume, wo es alte Kerker, Brunnen und das aus Stein gemeißelte Wappen der Gemeinde zu bewundern gibt. Doch dort ist es eng und der Teil wurde ausgeklammert. Bis die Führungen im Rahmen der verschärften Maßnahmen ganz zum Erliegen kamen. Unterwegs ist der Nachtwächter in Burbach nur in der dunklen Jahreszeit, von Oktober bis März zieht Bartholomäus seine Runden – eine Saison, die mit der Corona-Pandemie nicht wirklich in Einklang zu bringen ist.

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So gab es erstmals seit der Entstehung einen extremen Knick in den Besucherzahlen, berichtet Helmut Redlich. Ob es in diesem Frühjahr überhaupt noch einmal Führungen geben wird, ist unklar. Deswegen, und wegen vieler weiterer Ausfälle, fehlen dem Heimatverein Einnahmen. Doch Motivation und Ideen seien dafür umso mehr vorhanden. Aktuell bleibt den Nachtwächtern von Burbach nichts weiter, als abzuwarten. Doch wenn die Pandemie endlich vorbei ist, stehen sie wieder bereit, mit Signalhorn, Hellebarde und Mini-Beamer.

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