Siegen. Forschungsgruppe der Uni Siegen untersucht den Einsatz von Augmented Reality mitsamt Teslasuit, um etwa Angststörungen zu lindern oder zu heilen.

Ein virtuelles Wohnzimmer. Couch, Tisch. Der Patient streckt den linken Arm aus, sieht plötzlich aus den Augenwinkeln, dass sich dort langsam etwas bewegt – eine Spinne. Kurzer Schockmoment, beruhigen, alles nur optische Illusion. Aber dann kribbelt es auf dem Arm: Die Spinne ist losgekrabbelt...

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Was vielleicht nach Science-Fiction klingen mag, kann schon bald ein Weg sein, um die Psychotherapie und ihren langfristigen Nutzen effizienter zu machen. Im vergangenen August hat an der Universität Siegen die Professur „Medizinische Informatik und Mikrosystementwurf“ von Prof. Dr. Rainer Brück ihre Forschungen im Bereich Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) gebündelt und die Arbeitsgruppe „Medic@l XR Siegen“ gegründet. Unter Leitung von Dr. Armin Grünewald entwickelt das Team um Tanja Eiler, Christian Gießer und Vanessa Schmücker innovative Lösungen im Bereich Psychotherapie, Training von medizinischem Personal und Patienten – und auch den Einsatz von Augmented Reality im medizinischen Alltag.

Teslasuits durch Kooperation mit Siegener Lehrstuhl für Klinische Psychologie

Im Bereich Psychotherapie besteht bereits seit einigen Jahren eine enge Kooperation mit dem Lehrstuhl für Klinische Psychologie um Prof. Dr. Tim Klucken. Dadurch hat die Arbeitsgruppe nun Zugang zu zwei „Teslasuits“ erhalten. Diese Haptik-Anzüge sind mit zahlreichen Sensoren und Aktoren ausgestattet und können damit virtuelle Objekte und Phänomene wie Wind, Regen oder Berührungen körperlich spürbar werden lassen.

Dr. Armin Grünewald zeigt mit VR-Brille und Teslasuit, wie zum Beispiel Angststörungen künftig behandelt werden können.
Dr. Armin Grünewald zeigt mit VR-Brille und Teslasuit, wie zum Beispiel Angststörungen künftig behandelt werden können. © Uni Siegen

Die Nachwuchswissenschaftlerinnen Dr. Alla Machulska und Dr. Kati Roesmann sind an der Forschungskooperation beteiligt und haben die Fördermittel der Fakultät II für diese Teslasuits eingeworben. Sie erhoffen sich dadurch vielfältige neue Möglichkeiten: „Durch den Teslasuit können störungsrelevante Situationen, zum Beispiel Enge bei Klaustrophobie, simuliert werden. Patienten können unter therapeutischer Anleitung lernen, spezifische Befürchtungen zu überprüfen und Situationen nicht länger zu meiden“, erklärt Dr. Kati Roesmann.

Psychische Leiden durch Augmented Reality lindern

Neben Angststörungen werden auch Substanzgebrauchsstörungen wie Nikotinsucht untersucht. „Wir glauben, dass die Effektivität bestehender Interventionen oder Vermeidungstrainings weiter gesteigert werden kann, wenn Probanden währenddessen zusätzlich ein taktiles Feedback bekommen, zum Beispiel sucht-assoziierte Objekte wirklich spüren können“, sagt Dr. Alla Machulska. Das könne der Teslasuit möglich machen und somit einen vielversprechenden neuen Zugang bieten, um bestehende Verfahren zu verbessern.

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Ein Beispiel ist das Gefühl einer Zigarette zwischen den Fingern, das der Anzug durch Vibration oder Widerstand an den Händen des Probanden simuliert. Das Potenzial dieser neuen Technologien soll in künftigen Projekten empirisch überprüft werden, damit sie schon bald dazu beitragen können, psychische Leiden zu lindern. Und auch die Begegnung mit einer Spinne könnte für Arachnophobiker damit gar nicht mehr so schlimm sein.

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