Kreuztal. Die Amprion-Höchstspannungsleitung hat auch eine „Umgehung Fellinghausen“. Über sie wird wenig gesprochen.

Gewundert hat sich Michael Elfers die ganzen Jahre über schon. Wenn es um die Amprion-Höchstspannungsleitung ging, rückten das Heestal und das Schloss Junkernhees in den Vordergrund. Aber nie die Numbach in Fellinghausen , durch die die Leitung aus dem Nachbarkrei s Olpe herunterkommt.

Schauplatz Numbach

Der selbstständige Malermeister deutet auf eine Gruppe von vier Strommasten oben auf der Kuppe im Nebel. Von dort soll die „Umgehung Fellinghausen“ abzweigen, einen Bogen um die Wohnhäuser an der Numbachstraße schlagen und über Acker und Wiese zwischen den beiden Stadtteilen Fellinghausen und Junkernhees auf die alte 220- und künftige 380-kV-Trasse im Tal treffen. Mit höchstens 70 Metern Abstand an seinem Wohnhaus vorbei. „Wer will denn direkt unter einer Hochspannungsleitung wohnen?“

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Zwei Jahre ist es her, dass Michael Elfers sich den Erörterungstermin in Attendorn angehört hat. Nicht nur das Heestal ist erhaltenswert, findet er. Hier, im Numbachtal, gebe es auch viele Spaziergänger und Radfahrer, Falken und Graureiher, Fledermäuse und Milane. In Mudersbach und Brachbach hat er sich umgeschaut, wo der nächste Abschnitt der Amprion -Leitung im Bau ist. Bis zu 30 Prozent Wertverlust, erfährt er von der Bürgerinitiative, haben Hausbesitzer dort hinnehmen müssen, als sie den Marktwert ihrer Immobilien testeten.

Neubau vor Ausbau

In der „vertieften Variantenbetrachtung“ kommt der von Amprion eingesetzte Gutachter zu dem Schluss, dass der Neubau eines Umspannwerks in Junkernhees (22 Punkte) besser ist als die Erweiterung der Anlage in Altenkleusheim (16 Punkte).

Michael Elfers und einige Nachbarn schauen zu: wie die Dänische Wiese nach dem Tod von Hans Heinrich Belz, einem Nachfahren des Junkernheeser Schlossherrn, in den Besitz von Amprion gelangte. Wie auf einmal das Stück Wiese mit der mächtigen Eiche verkauft war: für den ersten von drei 60 Meter Masten der Umgehung Fellinghausen. Michael Elfers hört den Strom buchstäblich näher kommen – er kennt das vom Mühlberg, wo er früher wohnte: „Wenn Krupp volle Pulle aufdreht, rauscht es.“

Schauplatz Flick-Halle

Am Montag setzt sich Michael Elfers auf einen Zuschauerplatz in der Otto-Flick-Halle . Dort tagt der ­Infrastrukturausschuss, befasst sich ein weiteres Mal mit der Amprion-Leitung. Diesmal geht es um das weitere Gutachten zur Standortwahl für das Umspannwerk, das Stadt und Bürgerinitiative allenfalls in Altenkleusheim, keinesfalls aber in der Dänischen Wiese sehen. Petra Kramer , Kreuztals Stadtplanerin, ist seit Jahren tief im Stoff. Mittlerweile ist die Stadt entschlossen, gegen einen Planfeststellungsbeschluss zu klagen. Zum dritten Mal liegt eine vertiefende Untersuchung vor. „Wieder wurden unzureichend Grundlagen ermittelt“, sagt Petra Kramer, „man muss eine gewisse Absicht unterstellen.“

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„Geschönt“, „tendenziös“, „fehlerhaft“, „offensichtlich nicht rechtmäßig“: Das Urteil der Stadtplanerin ist klar: Es würde sie „sehr wundern, wenn auf dieser Grundlage die Anlage genehmigt wird“. Vorbereitet wird der Planfeststellungsbeschluss von der Bezirksregierung. Deren Aufgabe wäre es, Grundlagen zu ermitteln, überlegt Petra Kramer. „Dazu ist sie eigentlich von Amts wegen verpflichtet.“

Ausschussvorsitzender Andreas Müller (SPD ) hat nur eine Erklärung: „Die wollen das Ding nach Junkernhees stellen.“ Einstimmig beschließt der Ausschuss die Stellungnahme, wie sie die Verwaltung vorschlägt. „Ich bewundere Ihren Langmut“, sagt Felix Viehmann (FDP ). „Mir persönlich würde das keinen Spaß machen“, sagt Arne Siebel (CDU). „Ich kann nicht glauben, dass studierte Leute so einen Mist verzapfen“, sagt Dieter Gebauer (Grüne). Jochen Schreiber (SPD): „Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die versteht man nicht.“

Schauplatz Numbach

Und Michael Elfers? Einen Rechtsanwalt hat er. Eine Idee auch: Einen Ballon will er 60 Meter hoch steigen lassen, um zu zeigen, wie die Leitung die Gegend verändern wird. „Wenn ich das vor 25 Jahren gewusst hätte“, sagt er, hätte er wohl woanders gebaut. Am Dienstag ruft er bei der Stadt an, will sich erkundigen, wie sein Verlust ersetzt werden kann. Die Umgehung Fellinghausen, erfährt er da, ist keine Erfindung von Amprion. Sie war ein Wunsch der Stadt Kreuztal. Michael Elfers sagt nichts mehr.

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