Junkernhees. Die Bürgerinitiative Junkernhees wirft Amprion vor, das Umspannwerk mit „mathematischen Spielchen“ zu rechtfertigen.

Der Bürgerinitiative Junkernhees reißt der Geduldsfaden. In der 31 Seiten langen Stellungnahme ihres Rechtsanwalts Phillip Heinz zur erneuten Untersuchung möglicher Standorte des Amprion -Umspannwerks liest sich das so: „Die Mandanten kritisieren aufs Schärfste, dass sie sich, aber auch die Träger öffentlicher Belange, wieder einmal mit einem solch mangelhaften Gutachten auseinandersetzen müssen.“

Darum sind die Bürger sauer

Ansgar Klein , Sprecher der Bürgerinitiative, wird deutlicher: „Wir sind stocksauer. Der Regierungspräsident muss Amprion endlich mal in die Schranken weisen.“ Nach der dritten von – geschätzt – erwarteten 30 vertiefenden Untersuchungen, die alle noch auf den Erörterungstermin im November 2018 in Attendorn zurückgehen, glaubt der Mittelhees er eine Strategie zu erkennen: „Hier wird mit einem Wust von Papier versucht, die Leute dazu zu bringen, das einfach nachzuvollziehen.“ Zuerst bei der Trassenuntersuchung, dann bei der Betrachtung von Denkmälern und Kulturlandschaft, jetzt bei der Standortuntersuchung für das Umspannwerk: „Da kann jeder Laie sehen, dass da was nicht stimmt.“

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In dem Gutachten, mit dem sich am Montag, 30. November, auch der Infrastrukturausschuss befasst, wird begründet, warum das Umspannwerk für die Höchstspannungsleitung von Dortmund-Kruckel nach Dauersberg bei Betzdorf auf der Dänischen Wiese gegenüber von Schloss Junkernhees stehen müsse. Und warum die Erweiterung der Umspannanlage in Altenkleusheim , wie sie Stadt und Bürgerinitiative fordern, keine Alternative sei. „Man versucht hier eher, mit verzweifelter Mathematik einen Grund gegen die Variante Alten­kleusheim zu generieren“, schreibt Rechtsanwalt Philipp Heinz.

Da sieht die Initiative Fehler

Der Variantenvergleich kommt durch die Vergabe von Punkten (0.1 oder 2) für einzelne Kriterien zustande. Sascha Reller von der Bürgerinitiative nennt ein Beispiel: Die nächstliegende Wohnbebauung wird in Altenkleusheim in geringerem Abstand zum Umspannwerk gesehen als in Junkernhees. „Wir haben da mal einen Spaziergang gemacht.“ Die „Wohnbebauung“ in Altenkleusheim erwies sich als verlassene Grillhütte. Dass in Junkernhees Schloss, Backhaus und Mühle bewohnt sind, wurde dagegen übersehen.

Und ein zweites Beispiel: Die längere 110-kV-Leitung von Alten­kleusheim zur Setzer Wiese bei den Edelstahlwerken in Geisweid , die zusätzlich zur 380-kV-Leitung gespannt werden müsste, brauche womöglich um zehn Meter höhere Masten. Daraus aber eine Masterhöhung von 230 Metern (bei 23 Masten) zu addieren und die mit den „nur“ 80 Metern Masterhöhung im Heestal (bei zwei Masten) zu vergleichen, sei nichts als ein „mathematisches Spielchen“.

Seit fünf Jahren aktiv

Rund 1000 Unterstützer hat die Bürgerinitiative, die seit fünf Jahren aktiv ist. Der „harte Kern“ wird auf zehn bis 15 Aktive geschätzt. Finanziert wird die Arbeit durch Spenden. Zehn Mitstreiter, die als Betroffene auch klageberechtigt sind, tragen den Einsatz des Rechtsanwalts. Geschätzt 12.000 Euro hat die Auseinandersetzung bisher gekostet.

Eine Initiative aus Herdecke hat kürzlich ihren Prozess gegen Amprion beim Bundesverwaltungsgericht verloren. „Das schreckt uns nicht“, sagt Ansgar Klein. Anders als in Herdecke könne in Kreuztal eine Alternative aufgezeigt werden. Zudem hat Kreuztal wegen Kulturlandschaft und Schloss auch den Landschaftsverband auf seiner Seite.

Die Bürgerinitiative hat schließlich das Bewertungsschema des von Amprion beauftragten Gutachtens angewendet und die Bewertung aus ihrer Sicht bereinigt: Altenkleusheim bekäme dann 22 Punkte und nicht 16. Und Junkernhees fiele von 22 auf 12 Punkte zurück. Was aus Sicht der Bürgerinitiative auch nachvollziehbar ist: In Altenkleusheim würde schließlich nur eine vorhandene Anlage um ein Schaltfeld erweitert, in Junkernhees dagegen eine Fabrikhalle („Gasisolierte Schaltanlage“) neu errichtet. Die Kreuztaler haben eigene Berechnungen angestellt: 6,9 Millionen Euro würde die Altenkleusheim-Variante kosten, 9.4 Millionen Junkernhees.

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Darum könnte es auch gehen

An irgendeiner Stelle fragt Rechtsanwalt Philipp Heinz: „Warum wurde dann überhaupt in Altenkleusheim ein Umspannwerk errichtet und nicht schon vor 20 Jahren in Fellinghausen/Junkernhees ?“ Ansgar Klein und Sascha Reller haben eine Vermutung: Es geht nicht darum, die 380-kV-Leitung (statt jetzt 220 kV) durchs Hüttental zu den Edelstahlwerken zu vermeiden, indem man früher umspannt – zumal das Unternehmen auch eine südliche Netzanbindung habe. „Die brauchen einen neuen Knotenpunkt“, glaubt Ansgar Klein, auch für weitere Stromtrassen von Kohlekraftwerken. Sascha Reller: „In fünf Jahren ist hier ein Stromumspannparadies.“

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