Siegen. Auf über 200 Seiten erzählt der Siegener Buchhändler Jörn Heller, welche 111 Orte in Siegen-Wittgenstein man gesehen haben muss

Jörn Heller ist Siegen s bekanntester Buchhändler. Doch er verkauft nicht nur Bücher, er schreibt auch welche. Neun kleine Bände hat er bisher veröffentlicht . Alle mit Beispielen seiner tiefsinnigen, oftmals auch schrägen Lyrik, stets im klassischen Versmaß und mit Endreim, etwas Christian Morgenstern und manchmal auch Heinz Erhardt. Beispiel gefällig? „Der Milchmann macht Frau Meier an, doch die schwärmt nur vom Eiermann.“

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Doch dass der zehnte Band aus seiner Feder ein völlig anderer werden sollte, hat etwas mit Zufall zu tun. Ein Vertreter des renommierten Kölner Emons-Verlags fragte Jörn Heller bei einem Arbeitsgespräch im Büro seiner Buchhandlung am Kölner Tor eher beiläufig: „Wann kommt ein Buch ‘111 Orte in Siegen -Wittgenstein, die man gesehen haben muss’ heraus?“ Bücher mit diesem Titel hat Emons schon nahezu 50 Mal veröffentlicht, unter anderem über Köln, Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden und das Ruhrgebiet. Da Jörn Heller keine Antwort wusste, sagte er einfach: „Dann schreib ich das.“

Das war im Mai 2019. Einige bei Emons werden sich die Augen gerieben haben, doch sie forderten Arbeitsproben an. Heller bekam den Auftrag, unterzeichnete den Vertrag und machte sich an die Arbeit. 111 interessante Orte zu finden, fällt selbst jemandem, der gerne wandert, zunächst einmal schwer. Zumal der gebürtige Lüdenscheider erst seit 15 Jahren im Siegerland zu Hause ist. Er startete einen Aufruf an die Leser seiner Gedichtbände: „Liebe Leute, könnt ihr mir helfen 111 Orte zu finden!“ Tipps bekam er jede Menge, und damit auch jede Menge Arbeit, alles neben seinem eigentlichen Beruf als Buchhändler.

Riesige Auswahl im Siegerland

„Ich bin ab Januar 2020 morgens um 4 aufgestanden und habe von halb 5 bis 7 recherchiert und geschrieben, jeden Tag einen Text. Mehr geht nicht.“ Und für jeden der 111 Texte brauchte er ein passendes Foto. Oft musste er den Ort mehrmals besuchen, bis die äußeren Bedingungen stimmten. Dann kamen Termine mit den Lektoren, die die Texte auf Herz und Nieren, sprich Wortwahl, Satzbau und Formulierungen, prüften. Doch Jörn Heller sagt auch: „Der Lektor hat mir viele gute Tipps gegeben, doch das letzte Wort hatte ich“. Das Ergebnis: Ein Band mit über 200 Seiten, jeder Ort ausführlich, dennoch knackig kurz und mit allen wichtigen Informationen beschrieben, dazu veredelt mit Fotos, die Lust machen, sich alles mit eigenen Augen anzusehen. Und da hat der Siegerländer eine riesige Auswahl. Denn von den 111 beschriebenen Orten fallen 87 auf den „Altkreis“.

Siegerländer Spezialität

„Es gibt sie noch, die guten Dinge“. Mit diesem Slogan wirbt ein Unternehmen, das Hochwertiges und Solides anbietet. Solide und bodenständig sind auch manche hiesige Kneipen. Die Gaststätte Harr in Siegen s Oberstadt etwa, die noch die Siegerländer Spezialität Schampe anbietet (viele sagen zu diesem Ragout aus dem Magen von Rindern „Igitt“), die Dorfwirtschaft „Bi Krämersch“ in Walpersdorf mit seinem charismatischen Wirt mit Mega-Schnäuzer, der nur Siegerländer Platt spricht, oder der Wandertreff in Nenkersdorf , darin der besondere Tresenbereich mit Bestandteilen einer alten Weinpresse, aus dem Inventar von Schloss Junkernhees stammend.

Kirchen in Siegen und Wilnsdorf

Klassiker sind natürlich die Nikolaikirche in Siegen s Oberstadt mit dem Goldenen Krönchen, der Silbernen Taufschale und einem Glockengeläut, das an 500 Jahre altem Holzgerüst hängt. Damals war Leonardo da Vinci gerade in der Pubertät. Und wer dann noch den Fußboden aus der Karolingerzeit der Martinikirche bestaunt und anschließend nach Wilnsdorf fährt und die moderne Autobahnkirche besucht, erlebt die Gnade der Stille inmitten der Hektik von Lkw, Schnellimbiss und Tankstelle.

In jeder Buchhandlung

Das Buch „111 Orte in Siegen Wittgenstein, die man gesehen haben muss“ ist im Emons Verlag erschienen und ist zum Preis von 16.95 Euro erhältlich. Es ist in jeder Buchhandlung zu bekommen, natürlich auch in der Alpha Buchhandlung am Kölner Tor in Siegen, in der Jörn Heller arbeitet.

Das Apollo-Theater erwähnt Jörn Heller nicht einmal. Stattdessen aber Kulturorte, die es schwer haben, sich neben dem allgegenwärtigen Kulturtempel zu behaupten: Das Bruchwerk Theater, Café Basico in Kreuztal , die Kulturscheune Sonnenhof in Breitenbach , die alte Linde in Niederdielfen , die von zupackenden Bürgern von einem stillgelegten Gasthof in eine Kulturkneipe verwandelt wurde, das Viktoria Filmtheater, gleichzeitig Gebrüder-Busch-Kreis-Heimstätte in Dahlbruch und das Heimhof-Theater in Würgendorf mit seinem nostalgischen Charme.

Siegen-Wittgenstein hat viel Natur zu bieten

Und gerade da hat das Siegerland manches mehr oder weniger Verstecktes zu bieten: Das Wetterbachtal im Hickengrund, die 650 Jahre alte Bärenwaldeiche zwischen Nieder- und Oberholzklau und ihre knorrige Kollegin, die Dicke Buche von Krombach , die Trupbacher Heide, den historischen Tiergarten in Weidenau , die Tiefenrother Höhe auf der Kalteiche, die Gernsdorf er Weidekämpe, das Naturparadies NaKuMe in Wilnsdorf - Obersdorf .

Vieles kommt noch hinzu : Fachwerk, geschichtliche Orte, lukullische Tipps, Industriedenkmäler, alte Berufe, der erste Omnibus. „Hat Spaß gemacht“, sagt Jörn Heller über seine Arbeit an dem Buch. Das werden seine Leser nach der Lektüre auch sagen.

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