Siegen. Studenten entwickeln Konzepte für die Corona-Zeit. In der Sandstraße 20 in Siegen eröffnen eine Kunstausstellung und ein Umsonst-Laden
Kunst, soziales Miteinander und eine lokale Tauschbörse. All das gibt es zukünftig in der Sandstraße in Siegen – in Einklang mit den Umständen der Corona-Pandemie.
Ehemaliges Möbelhaus wird in Siegen zur Ausstellungsfläche
Eine Kunstvernissage mitten in der Krise? Die Künstlerin und Studentin entwickelte gemeinsam mit Nicolas Sippel ein Konzept, um genau das zu ermöglichen. In der Sandstraße 20 eröffnete Hugger ihr experimentelles Schaufenster „Manege“, ein Schauplatz für wechselnde Kunstexponate. Ausstellungsfläche ist das große Schaufenster eines ehemaligen Möbelgeschäfts, zusätzlich wird ein zweites Schaufenster im Innenhof des Gebäudekomplexes zu darstellerischen Zwecken genutzt. Das Grundstück gehört inzwischen der Universität Siegen. Zu jeder Tages- und Nachtzeit können Besucher die Kunstwerke betrachten, und das sogar entsprechend der Corona-Regeln im Freien und mit ausreichend Abstand.
Bis vor kurzem zierte eine umfangreiche Kunstinstallation von Hugger und Sippel das Schaufenster zur Straße, nun ist der Platz vereinnahmt von den Installationen des anonymen Künstlers „vvwjonaswvv“, der am Freitag mit seiner Performance die Manege offiziell eröffnete. Mit individuell gestalteten Masken spielten die Darsteller Brettspiele und regten Gedanken und spannende Fragen zu Kommunikation, Anonymität und dem Wesen von Kunst an.
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Nach der Präsentation traten die beiden Voguing-Künstler Exxis und Sahary auf und begeisterten das Publikum mit einer intensiven Tanz-Performance. Das Voguing entwickelte sich in den 1970er Jahren in der homosexuellen Subkultur in New York und lehnt die Tanzschritte an die Präsentation und Darstellungen von Models an. Die Ästhetik des Vogue (benannt nach der gleichnamigen Zeitschrift) erinnert an Laufsteg-Schritte und Fotoposen und verbindet die Präsentation des Körper mit durchaus anspruchsvollen Tanzschritten.
Eine musikalische Performance läutete den Ausklang des Abends ein: DJ-Künstlerin Jane Doom spielte ein zweistündiges Vinyl-Set und erschuf eine interessante, zum Teil sehr fetzige Klangkulisse, die in diesen Zeiten von so vielen schmerzlich vermisst wurde. Trotz Maske, Abstand und Regen eine wunderbare Möglichkeit, ein bisschen Kultur und soziales Miteinander zu erleben.
Siegener Student eröffnet Umsonst-Laden
Soziales Miteinander soll bestehen bleiben und ist nun wichtiger denn je: aus diesem Grund eröffnet auch Philip Engelbutzeder in der Sandstraße 20 voraussichtlich am 4. November den Umsonst-Laden. Der Doktorand engagiert sich schon lange im Bereich der lokal-sozialen Gemeinschaft. „Ich möchte verstehen, wie man mit Bürgern ganz normale Städte transformieren und mehr sinnstiftende Dinge ins Leben bringen kann“, erklärt er. Dafür ist der Umsonst-Laden da: nicht mehr gebrauchte Gegenstände können hier einfach abgegeben werden, ein anderer nimmt sie sich dann. Bei dem Umsonst-Laden, der bald regelmäßig geöffnet wird, handelt es sich also um eine Art stationäre Tauschbörse – nur wird nicht individuell getauscht, sondern anonym und gemeinschaftlich.
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Wer etwas bringt, muss nichts nehmen, und wer etwas nimmt, muss auch nichts bringen. „Wir wollen die regionale Versorgung gewährleisten, und dazu gehört die Reparatur und Eigenproduktion von Dingen sowie die Umverteilung von Gütern von sie nicht benötigenden Leuten zu bedürftigen Leuten“, erläutert Engelbutzeder sein Projekt. Dabei geht es nicht um erzwungenes Wegnehmen, sondern lediglich um organisiertes und freiwilliges Tauschen und Um-Hilfe-Bitten. „Teilen schafft Vertrauen und sinnstiftende Beziehungen“, ist er sich sicher.
Die Sandstraße 20 wird insofern zur Adresse auch für schwere Zeiten: Kunst kann hier ganz corona-konform rund um die Uhr entdeckt werden, und mit dem Umsonst-Laden ist ein neuer Ort für Nachbarschaftshilfe und Gemeinsamkeit geschaffen.
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