Freudenberg. Der Evangelischen Kirche in Freudenberg haben Käfer und Feuchtigkeit massiv zugesetzt. Für 750.000 Euro wird sie nun saniert
Ein „Baudenkmal von nationaler Bedeutung“ nennt Pfarrer Thomas Ijewski die Evangelische Kirche in Freudenberg. Ihr steht nun eine aufwendige Renovierung bevor.
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Eine der ersten reformierten Kirchen im Siegerland
1606 wurde die Evangelische Kirche in der Krottorfer Straße fertiggestellt. Als eine der ersten Kirchen im Siegerland wurde sie als reformierte Kirche gebaut, heute ist sie die älteste dieser Art in ganz Westfalen. Die Geschichte ist eng verbunden mit dem Schloss, „über das wir viel weniger wissen“, erzählt Ijewski. Der Schlossherr erlaubte der Kirchengemeinde, seinen Turm als Kirchturm zu benutzen – unter zwei Bedingungen.
Erstens sollte der Turm weiter als Gefängnis dienen. So warteten Gefangene auf ihr Schicksal, während die Gläubigen wenige Meter entfernt christliche Lieder sangen. Ijeweski berichtet von fünf Frauen, die im Zuge der Hexenverfolgung Mitte des 17. Jahrhunderts vier Wochen lang im Turm gefangen waren und anschließend ermordet wurden. Zweitens sollte der Turm weiterhin der Verteidigung dienen. Deshalb hat das Kirchengebäude einen kastenförmigen Vorbau, in dem sich heute größtenteils verglaste oder zugemauerte Schießscharten befanden. „Ich kann Ihnen nicht sagen, ob jemals ein Schuss aus dieser Kirche abgefeuert wurde“, sagt Ijeweski, „aber die Möglichkeit sollte bestehen.“
Spektakuläre Sanierung in Freudenberg
Ein Holzgutachter sollte im Turm Insekten beobachten, die sich als völlig harmlos erwiesen. Wo der aber „schon mal da war“, ließ Ijeweski ihn auch den Zustand der Holzsäulen überprüfen. Und die waren so feucht, dass das Messgerät den Wert nicht einmal mehr erfassen konnte. Die Nässe aus dem Boden hatte die Säulen fast vollständig ausgehöhlt. Akute Gefahr besteht zwar nicht, stellte ein Statiker später fest, allerdings müsse die Kirche dringend saniert werden. Zumal auch die Balken unter dem Dach von Holzkäfern befallen sind.
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Die sechs Säulen werden angehoben und jeweils sieben Zentimeter hohe Sockel aus Stein und Bleifolie darunter gesetzt, damit sie in Zukunft vor Feuchtigkeit geschützt sind. Neue, tragende Balken werden auf dem Dachboden installiert, die sichtbaren Balken im Altarraum bleiben erhalten. Die Käfer werden mit Mikrowellen-Bestrahlungsgeräten getötet. Für diese Maßnahmen müssen das Dach abgenommen und die Kirche leergeräumt werden. Als erster Schritt wird kommende Woche die Orgel luft- und staubdicht verpackt und vorher, damit sie nicht schimmelt, entfeuchtet.
Außerdem werden bei dieser Gelegenheit Außenfassade, Wand und Bänke gestrichen. Die alten Glühbirnen werden durch moderne LED-Leuchten ersetzt und eine Brandmeldeanlage wird einbaut.
750.000 Euro für Kirche in Freudenberg
750.000 Euro sind die geschätzten Kosten für die gesamte Maßnahme. 250.000 Euro steuert der Bund, 160.000 Euro das Land bei. Weitere Fördermittel kommen von der Stadt, dem LWL, den Stiftungen Kirchenbau und Gut für Freudenberg. 100.000 Euro sind das Spendenziel, über 80.000 Euro sind schon erreicht. Die restlichen etwa 200.000 Euro muss die Gemeinde aus eigenen Mitteln finanzieren. „Es wird gelingen“, sagt Ijeweski, aber „ohne die öffentliche Förderung und das private Engagement würde es nicht funktionieren.“
Der vorerst letzte Gottesdienst wurde am Sonntag bereits gefeiert, während der Renovierung weicht die Gemeinde auf das Tillmann-Siebel-Haus in derselben Straße aus. Mit Zeitangaben hält sich der Pfarrer zurück. Im Oktober beginnen die Tiefbauarbeiten, „und dann gucken wir, wie wir voran kommen“. Zwischen einem und zehn Jahren werde es dauern, scherzt Ijeweski mit Blick auf zwei prominente Bauprojekte in Berlin.
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