Freudenberg. Nicole Reschke möchte Bürgermeisterin in Freudenberg bleiben. Christoph Reifenberger möchte ihr das Amt abnehmen.
Eine Stichwahl wie vor fünf Jahren wird es bei der anstehenden Bürgermeisterwahl in Freudenberg nicht geben. Dieses Mal gibt es von vorneherein einen Zweikampf um das Amt an der Spitze der Verwaltung. Die Amtsinhaberin, Nicole Reschke, sieht Freudenberg auf einem guten Kurs, den sie gerne weiter fortsetzen möchte. Ihr Herausforderer, Christoph Reifenberger, sieht viel ungenutztes Potential und zu wenig offene Kommunikation mit den Bürgern – und möchte das als neuer Bürgermeister ändern.
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Wahlkampf zur Corona-Zeit
Nicole Reschke
„Ich empfinde den Wahlkampf als vielfältiger als vor fünf Jahren“, sagt Nicole Reschke. 2015 gab es vier Bewerber um das Bürgermeisteramt in Freudenberg. Reschke erzielte mit mehr als 45 Prozent bereits im ersten Wahlgang das beste Ergebnis und konnte sich in der Stichwahl deutlich gegen ihre Konkurrentin Heide Batz durchsetzen, die von CDU, FDP und Grünen ins Rennen geschickt worden war. Die FDP konnte Nicole Reschke mit ihrer Arbeit offenbar überzeugen, die freien Demokraten unterstützen bei diesem Wahlkampf die amtierende Bürgermeisterin. Diesmal hat sie es mit nur einem Gegenkandidaten zu tun.
Mit ihrer Aussage bezieht sich die 41-Jährige aber natürlich auf die Coronakrise. Sie hat dabei aber eher die Chancen im Blick. Durch die Entwicklung in den sozialen Medien habe man nun sogar mehr Möglichkeiten, sich den Menschen vorzustellen. Die in Plittershagen lebende Reschke ist Diplom-Sportwissenschaftlerin – mit Schwerpunkt Medien und Kommunikation. Beste Voraussetzungen für einen digitalen Wahlkampf also. Wichtig für Reschke sind aber vor allem die Rückmeldungen aus der Bürgerschaft. Sie spüre eine breite Akzeptanz für die Entwicklung, die Freudenberg mit ihr an der Spitze der Verwaltung in den vergangenen fünf Jahren genommen hat.
Christoph Reifenberger
Der Herausforderer sieht das naturgemäß anders. Nicht unbedingt die positive Entwicklung der Stadt stellt er in Frage – wohl aber, wer dafür verantwortlich ist. Eigene Projekte seien bei der Bürgermeisterin nicht zu finden, teilweise lege die Verwaltung guten Ideen aus der Bevölkerung sogar Steine in den Weg. Der Dialog mit den Bürgern sei unheimlich wichtig, gerade in einer kleinen Kommune. Und davon gab es „zu wenig in den vergangenen fünf Jahren“, sagt Christoph Reifenberger.
„Was fehlt, ist die Begegnung mit den Leuten“, sagt der 53-Jährige in Hinblick auf den Wahlkampf in der Corona-Zeit. In den einzelnen Ortsteilen mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, war ein Kernelement der CDU-Strategie. An Wahlständen suchte der in Büschergrund lebende Reifenberger trotzdem persönliche Gespräche – mit Maske und in Zweiergruppen. Dabei habe er viele gute Dialoge geführt. Natürlich nutzt auch Reifenberger die sozialen Medien und versucht über möglichst viele Kanäle für die Bürger erreichbar zu sein. „Manche schreiben auch noch SMS“, scherzt er. Auch wenn die Möglichkeiten momentan eingeschränkt seien, „die persönliche Ansprache ist die beste“, sagt Christoph Reifenberger – „Wenn man schon ein öffentliches Amt anstrebt, darf man sich nicht von Anfang an verstecken.
Die Themen in Freudenberg
Christoph Reifenberger
Politisch aktiv ist der „Büscher Jung“ erst seit sechs Jahren. Und hätte man ihn vor sieben Jahren gefragt, hätte er sich das noch gar nicht vorstellen können. Als „uralter CVJMler“ und Chorleiter habe er aber schon viel Erfahrung damit, Verantwortung für Menschen zu tragen, sagt Reifenberger. Als Mitbegründer des Netzwerks Flüchtlingshilfe kam Reifenberger in den Sozialausschuss. Dort zu erleben, wie man die Kommunalpolitik direkt beeinflussen könne, habe ihn gereizt. Eine Abstimmung auch mal zu verlieren oder ein Ziel – zunächst – nicht zu erreichen, demotiviere ihn nicht, ganz im Gegenteil sogar. „Warum sind Dinge, wie sie sind – und müssen sie so sein?“, fragt sich Christoph Reifenberger, und: „Wie kann Freudenberg nach vorne kommen?“
Zur Person
Christoph Reifenberger (53) machte eine Ausbildung zum Elektroanlageninstallateur und zum Energieanlagenelektroniker und studierte Elektrotechnik an der Universität Siegen. Bei der Sparkasse Siegen ist er Leiter des IT-Managements.
Seit 2015 ist er Stadtverordneter, seit 2017 Fraktionsvorsitzender der CDU Freudenberg.
Die Fragen stellt er sich zum Beispiel in Bezug auf die KAG-Debatte – Klares Ziel sei die Abschaffung, solange das aber nicht vom Land in Betracht gezogen würde, müsse man eine gerechte Lösung für alle Freudenberger finden. Oder in Hinblick auf das geplante Gewerbegebiet auf dem Ischeroth – dort seien sämtliche Alternativen zu schnell verworfen und Verhandlungen zu schnell abgebrochen worden. Die digitale Infrastruktur, die ärztliche Versorgung, die öffentliche Sicherheit und der Tourismus sind weitere Bereiche, in denen Freudenberg Potential liegen lässt, so Reifenberger. „Wir müssen uns nicht verstecken, Freudenberg hat etwas zu bieten“, sagt er. Die Kommune müsse allerdings aktiver sein.
Dazu gehört es für Reifenberger auch, bittere Wahrheiten auszusprechen und Kompromisse zu finden. Zwischen den unterschiedlichen Interessensgruppen. Und zwischen ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten. „Für mich ist das kein Widerspruch“, sagt Christoph Reifenberger. Als Christ möchte er die Schöpfung erhalten, aber auch mit der Zeit gehen und Arbeitsplätze in Freudenberg schaffen und erhalten. „Das ist für mich Politik“, sagt Reifenberger. Er sieht es als ein Phänomen der Zeit, dass die Kompromissfähigkeit eher abnehme.
Nicole Reschke
Das wiederum sieht die amtierende Bürgermeisterin ganz anders. „Gute Kompromisse“ habe man in den vergangenen Jahren im Rat gefunden, wichtige Entscheidungen seien zu „95 Prozent einstimmig oder mit großer Mehrheit“ gefällt worden. Die Zusammenarbeit zwischen den Parteien beschreibt sie als sachlich und fair. „Wir haben in den ersten fünf Jahren sehr vieles umsetzen können“, sagt Reschke. „Mindestens genauso viel“ habe sie noch vor und sie verspüre große Motivation und Lust auf eine zweite Amtszeit. Bürgermeisterin von Freudenberg zu sein, bezeichnet sie als Herzensangelegenheit.
Zur Person
Nicole Reschke (43) studierte Sportwissenschaften mit Schwerpunkt Medien und Kommunikation. In Köln absolvierte sie ein Volontariat zur Redakteurin und war stellvertretende Lokalchefin. Bis zu ihrem Amtsantritt war sie Pressesprecherin der Universität Siegen.
2015 wurde sie zur Bürgermeisterin der Stadt Freudenberg gewählt.
Besonders in der Stadt- und Dorfentwicklung sei viel erreicht worden. In puncto KAG müsse man zu einer Landeslösung kommen, dafür habe sie sich bereits mit mehreren Resolutionen eingesetzt, sagt Nicole Reschke. Sie sei davon überzeugt, dass Freudenberg ein weiteres Gewerbegebiet brauche, Vergleiche hätten ergeben, dass der Standort Wilhelmshöhe-Nord dafür die beste Lösung sei. „Ich bin überzeugt davon, dass wir die Bürger nicht in ihrer Lebensqualität einschränken werden“, verspricht die Bürgermeisterin.
„Das Thema Bildung ist mir persönlich ein ganz wichtiges“, sagt Nicole Reschke. Die Schulen seien bereits bestens aufgestellt, in Zukunft möchte sie die Aufenthaltsqualität noch weiter erhöhen. Das Ehrenamt soll in Freudenberg noch mehr Untersützung bekommen, beispielhaft nennt Reschke die Feuerwehr. Ein neues Feuerwehrgerätehaus ist geplant, vorhandene sollen umgebaut werden. Ein weiteres Anliegen ist die Verbindung der Ortschaften untereinander mit sicheren Rad- und Fußwegen.
Plittersches Mädche gegen Büscher Jong
Nicole Reschke
„Natürlich die Familie“, ist Nicole Reschkes Antwort darauf, was ihr Kraft gibt. Den Alltag ihrer beiden Kinder zu begleiten, sowohl in der Schule als auch in der Freizeit, sei schon ein großer Ausgleich, verrät die Bürgermeisterin. Falls dann ausnahmsweise mal noch ein bisschen Zeit übrig bleibt, nutzt das „Plitterscher Mädche“ diese gerne für Sport und Natur. Joggen, Fahrrad fahren und Schwimmen, natürlich bevorzugt in Freudenberg. Auch beim Rudelturnen war sie gerne dabei, erinnert sich Reschke lächelnd.
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Christoph Reifenberger
Zwei Kinder hat auch Christoph Reifenberger, auch für ihn ist die Familie die wichtigste Kraftquelle. Sport und Musik sind seine weiteren Leidenschaften. In gleich zwei Bands spielt er Bass, auch in der Kirchengemeinde ist er noch aktiv. Mit einer Bike-Gruppe erkundet er stetig neue Strecken rund um Büschergrund, wo er seit mittlerweile 20 Jahren lebt. Falls nach Job, politischem Engagement und diesen Hobbys noch Zeit bleibt, verbringt er sie dort in seinem Garten, genauer gesagt in seinem Gemüsebeet.
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