Siegen. Das Museum für Gegenwartskunst Siegen verbindet in der Ausstellung „Die Wolken und Wolke“ die natürlichen und technischen Aspekte des Themas.

Fluffig. Wolken sind fluffig. Das zieht sich als Charakteristikum auch durch die Ausstellung „Die Wolken und die Wolke“, die am Freitagabend im Museum für Gegenwartskunst beginnt. Das Unbeschwerte, das Unkomplizierte, das mit Wolken oft assoziiert wird, haftet vielen der 80 Werke an, macht sie zugänglich. Doch wer tiefer eintauchen möchte, findet in dieser Wolkenlandschaft viele weitere Ebenen.

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Das Thema beschäftige ihn schon länger, sagt Museumschef Thomas Thiel. Es ist die zweite von ihm kuratierte Ausstellung. Erforderte die Vorgängerin „Unsere Gegenwart vom Publikum an manchen Stellen doch eine recht ausgeprägte Bereitschaft, sich intellektuell auf das Präsentierte einzulassen und sich mit Hintergründen und Konzeption auseinanderzusetzen, fällt der Zugang diesmal deutlich leichter.

Das liegt nicht nur an der universellen Kraft von Wolken, in Menschen ganz unwillkürlich verschiedenste Regungen, viele davon positiv belegt, zu wecken. Und es bedeutet auf keinen Fall eine Verflachung. Flach ist in dieser Ausstellung wirklich nichts.

Neues Format zum Start

Für „Die Wolken und die Wolke“ im Museum für Gegenwartskunst, Unteres Schloss 1, gibt es aufgrund der Covid-19-Lage keine herkömmliche Eröffnungsfeier.

Am Freitag, 4. September, gibt es dennoch einen Auftakt von 19 bis 22 Uhr. Nach einer Videoeinführung mit Thomas Thiel stehen Kunst-Guides bereit und beantworten Fragen des Publikums.

Die Ausstellung, zu der es ein umfangreiches Begleitprogramm gibt, läuft bis zum 10. Januar. Weitere Infos gibt es auf mgk-siegen.de

MGK Siegen: Wolken im Wandel der Geschichte

Hans Magnus Enzensberger habe Wolken als „die flüchtigsten aller Meisterwerke“ bezeichnet, sagt Thomas Thiel. Das prädestiniert sie per se eigentlich nicht als Objekte für ein Museum, irgendwie aber gerade deshalb doch, weil ein großer Teil ihrer Faszination in genau dieser Eigenschaft, in ihrer Wandelbarkeit liegt.

Die Kunst habe sich seit dem Mittelalter verstärkt mit dem Motiv befasst, die Wolke sei Symbol gewesen für das „Göttliche, Traumhafte, Nebulöse“, sagt Thomas Thiel. Doch sie sei eben auch Gegenstand der Meteorologie, der Physik, wurde im 20. Jahrhundert nach Atomtests und Tschernobyl zum Ausdruck von Bedrohung und steht heute als „Cloud“ als Sinnbild für Netzwerke und Datenspeicher, für Virtualisierung. Thiels Ziel: „Die natürliche Wolke und die technologische Auffassung der Wolke zusammenbringen.“

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15 internationale Künstler zeigen in der Siegener Ausstellung Arbeiten

Zu sehen und zu erleben sind Arbeiten von 15 internationalen Künstlerinnen und Künstlern. Hans-Peter Feldmanns „Wolken“ aus dem Jahr 2004 ist das älteste Werk. Die 16 kleinformatigen Wolken-Fotografien stammen aus der Sammlung Gegenwartskunst des Hauses und bilden, über Eck in Form einer Wolke gehängt, den Einstieg im ersten Raum.

Weiter geht es mit Bildern der Reihe „I see a face. Do you see a face.“ von Flaka Haliti. In Wolkenfotos hat sie digital stilisierte Gesichter gemalt, die sich mal mehr, mal weniger klar in den Formationen nachvollziehen lassen. Sie nimmt das Spielerische auf: Das In-den-Himmel-blicken und Der-Fantasie-ihren-Lauf-lassen, während sie gleichzeitig die Flüchtigkeit aufhebt und die Wolken im Moment einfriert.

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Museum für Gegenwartskunst Siegen: Die Wolke als Phänomen und als Sinnbild

Ganz andere Assoziationen ruft Michael Sailstorfers „Himmel Berlin“ hervor. Eng unter der Decke hängen aus Lkw-Schläuchen geformte Wolken wie eine drückend-drohende Gewitterfront. Die Schläuche haben die für das Gummimaterial typische Patina und strömen einen Geruch von Straßenverkehr aus. Die Arbeit funktioniert als sinnliches Erlebnis, doch sie illustriert auch den Zusammenhang zwischen Verkehr, Feinstaub, Wolken und Klima; einen recht düsteren und bedrückenden Zusammenhang, unterstrichen durch die Materialität und Massivität der Installation.

Telekommunikationskabel im Querschnitt: Element aus „Brief Syllable/Thin Vowels“ von Nina Canell.
Telekommunikationskabel im Querschnitt: Element aus „Brief Syllable/Thin Vowels“ von Nina Canell. © WP | Florian Adam

Die Dimension von Kommunikation und Vernetzung greift Nina Canell mit „Brief Syllable/Thin Vowels“ auf. Weitläufig in einem Raum verteilt zeigt sie auf Sockeln mal kürzere, mal längere Querschnittsstücke aus originalen Telekommunikationskabeln. Deren Struktur und Farbigkeit, die nach rein technischen Aspekten gestaltet sind, rücken als Objekte in den Blick und deuten in ihrer großflächigen Anordnung ein Netzwerk an, eine Cloud, in der die einzelnen physischen Komponenten ein virtuelles Gitter aufzuspannen scheinen.

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