Siegen-Wittgenstein. Solange Corona die Stimmung trübt, wird es nichts mit neuer Einkaufslust, fürchtet der Einzelhandel in Siegen-Wittgenstein.
Die Konsumstimmung steigt, der Handel leidet aber nach wie vor an Umsatzrückgängen. „Von regelrechter Freude am Einkauf ist nur wenig zu spüren“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener, „Corona liegt wie Mehltau über dem heimischen Handel.“ Die Mehrwertsteuersenkung ändere daran wenig. „Das Milliarden-Steuergeschenk verpufft.“ iframe newsletter wp siegerland anmeldemaske
IHK-Blitzumfrage im Einzelhandel
An einer Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK) zur Lage des lokalen Einzelhandels haben sich 104 Händler aus Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligt.
Die Stimmung: Acht von zehn Händlern berichten von einer zum Teil deutlich gesunkenen Shoppingfreude der Konsumenten. Insbesondere der in vielen Fällen innenstadtprägende Mode-Einzelhandel hat damit zu kämpfen. Nahezu jedes Einzelhandelsunternehmen dieser Branche berichtet von einer gesunkenen Käuferstimmung. 58 Prozent der Einzelhändler gehen nicht davon aus, dass bei einer Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen die Lust am Einkauf steigen wird. „Corona muss offenbar erst aus den Köpfen“, sagt Klaus Gräbener.
Nicht nur Internet
46 Prozent der Händler wollen die Online-Präsenz ausbauen, 21 Prozent setzen auf einen Online-Shop, 20 Prozent auf die Anbindung an bestehende Online-Plattformen.
42 Prozent halten eine Investition in Ladengestaltung und Ambiente für äußerst wichtig. Stephan Häger: „Setzt ein regelrechtes Ladensterben ein, veröden unsere Kernorte und zugleich sinkt die gesamte Standortqualität.“
Boom nur für Möbelgeschäfte
Die Mehrwertsteuer: Die überwältigende Mehrheit (7 5 Prozent) der Einzelhändler sieht in der befristeten Senkung der Mehrwertsteuer keine wirksame Hilfe zur Belebung des Konsums. Nur 8 Prozent bewerten sie positiv. IHK-Handelsreferent Marco Butz: „Die sechsmonatige Mehrwertsteuersenkung entpuppt sich immer mehr als Bürokratiemonster.“ Der Aufwand für die Händler sei enorm, der Ertrag in den meisten Fällen aber sehr übersichtlich. „Zahlreiche Händler berichten uns von einem betriebswirtschaftlichen Totalausfall.“
Nur einige wenige Einzelhandelsbranchen profitierten von dieser Maßnahme. Bei größeren Anschaffungen wie Küchen wirke sie durchaus kauffördernd. So erlebe der Handel mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen einen regelrechten Boom. Bei niedrigpreisigen Produkten wie Mode, Schreib- und Spielwaren oder bei den täglichen Konsumgütern spiele sie hingegen keine Rolle.
Verkaufsoffene Sonntage bringen nichts
Die verkaufsoffenen Sonntage: Um den Konsum wieder anzukurbeln, sind zusätzliche verkaufsoffene Sonntage ein heiß diskutiertes Thema. Da coronabedingt auf absehbare Zeit keine Feste oder Märkte stattfinden können, dürfen sonntags auch keine Geschäfte öffnen. Die Landesregierung wollte daher Sonntagsöffnungen auch ohne Verbindung zu Festen oder Märkten erlauben. Das Oberverwaltungsgericht hat dies in einem Eilverfahren jedoch untersagt.
Auch interessant
IHK-Konjunkturexperte Stephan Häger: „Verkaufsoffene Sonntage hätten eine Chance auf zusätzliche Umsätze sein können, wenn die Konsumstimmung wieder merklich anzöge.“ 61 Prozent der Einzelhändler sehen in zusätzlichen verkaufsoffenen Sonntagen keine geeignete Maßnahme, um den Konsum anzukurbeln. „Auch scheinen die Einzelhändler die permanenten juristischen Auseinandersetzungen um dieses Thema inzwischen leid zu sein.“
Jeder zehnte Laden hat gar keine Kunden mehr
Das Shutdown-Risiko: Die derzeitige Lage im stationären Einzelhandel ist nach wie vor angespannt. Zugleich wird eine sehr gespaltene Gesamteinschätzung deutlich. Zwar berichtet etwa ein Drittel der Händler von kaum gesunkenen oder sogar gestiegenen Umsätzen, bei annähernd einem Viertel sind aber der tägliche Umsatz und die tägliche Kundenzahl um mehr als 25 Prozent gesunken. Etwa 10 Prozent der Einzelhändler haben sogar nahezu keine Kunden oder keinen Umsatz. Marco Butz: „Die durch den Shutdown verlorenen Umsätze sind in den meisten Fällen nicht mehr aufzuholen. Ein zweiter Shutdown wäre bei mehr als einem Drittel der lokalen Einzelhändler existenzbedrohend.“
Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Siegerland gibt es hier.
Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.