Freudenberg. Nach 43 Jahren geht der Freudenberger Postbote Wolfgang Loos in den Ruhestand. Zum Abschied blickt er auf den Verlauf seiner Karriere zurück

Einen äußerst merkwürdig aussehenden Postwagen konnten die Freudenberger vor einiger Zeit beobachten. Hawaiianische Hula Ketten schmückten Spiegel und Kühlergrill, auf der Motorhaube stand in großen Buchstaben zu lesen: „Wurschtis letzte Fahrt“. Wolfgang Loos, Jahrgang 1954, seit 43 Dienstjahren bei der Post und damit der bis dato älteste Mitarbeiter im Zustellbereich Siegen, wurde Ende Juni in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet.

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Dass er einmal für die Post arbeiten würde, geschweige denn 43 Jahre, konnte sich Wolfgang Loos zu Beginn seiner Karriere gar nicht vorstellen. Er machte eine Ausbildung zum Klempner und Installateur, bei einer Firma in Oberschelden, die es lange nicht mehr gibt. Seine erste Baustelle war in Büschergrund, erinnert sich der 65-Jährige. Wann genau das gewesen ist, weiß er nicht mehr. „Vor 1977“, da ist er sich jedoch sicher. Denn in diesem Jahr begann er bei der Deutschen Post.

„Da musstest du Beziehungen haben“, erinnert sich Loos. Der damalige Landtagsabgeordnete Hans-Heinrich Hoof war der Cousin seiner Mutter. Der fragte ihn eines Tages, ob er ewig auf dem Bau arbeiten wolle. „Was soll ich anderes machen?“, fragte Loos. Hoof wiederum kannte den Personalchef der Post und organisierte ein Treffen. „Du sollst morgen vorbei kommen“, teilte er Loos schon am Abend nach ihrem Gespräch mit.

Loos ging hin. Ein alter Mann mit Zigarre und tiefer Stimme habe ihn erwartet. Die erste Frage: „Was haben Sie mit Hans Hoof zu tun?“ Danach musste sich Loos noch vom Arzt untersuchen lassen – und durfte am nächsten Montag anfangen.

Geldtransporte durch das Siegerland

Für ein halbes Jahr stellte er Briefe mit dem Fahrrad in Freudenberg zu. Danach wollten ältere Kollegen aus Siegen nach Freudenberg wechseln und als Neuling musste Loos sie dort ersetzen. Am Bahnhof nahm er Pakete in Empfang.

Zwei Jahre später machte er den Klasse-2-Führerschein für Lkw in Dortmund. Da sei auch der Zeitpunkt gewesen, als ihm zum ersten Mal der Gedanke kam, er könne „bei der Post „alt werden“. Es folgte seine beruflich spannendste Zeit. Fünf Jahre lang fuhr er Geldtransporte zwischen Sieger- und Sauerland für die Post. Bewaffnet – „alle 14 Tage ging es zum Übungsschießen“. Sieben Millionen D-Mark war der größte Betrag, den er je fuhr, erinnert sich Loos. Dann gab die Post diese Aufgabe an ein externes Unternehmen ab. 25 weitere Jahre fuhr Loos mit dem Lkw quer durch NRW, statt Geld aber nun Pakete.

Kein ruhiger Abschied

Eigentlich seien die Sommerferien immer die ruhigste Zeit im Jahr, sagt Wolfgang Loos. Wegen der Corona-Pandemie gäbe es aktuell aber so viel zu tun wie sonst nur im Weihnachtsgeschäft.

Von der Krise „bleibt bei der Post was zurück“, vermutet der erfahrene Zusteller. Die Menschen hätten sich bereits jetzt daran gewöhnt, sich alle Produkte bis an die Haustür liefern zu lassen.

„Entweder man kann das, oder nicht“, sagt Wolfgang Loos zum Umgang mit den großen Autos. Einmal holte er einen Kollegen ein, der 30 Minuten vor ihm aus Freudenberg nach Hagen aufgebrochen war und sein Fahrzeug nicht in die Einfahrt lenken konnte. „Die Hagener Kollegen guckten alle von der Tür zu“, erinnert sich Loos. Sein Kollege stieg aus – „er schwitzte trotz Eiseskälte“ – und bat „Wolle“ um Hilfe. Auch heute noch „fahre ich alles auf Spiegel, das hat man so drin.“

2001 kam er dann wieder in die Poststelle Freudenberg und stellte Briefe zu. Zunächst in Bezirk 6: Plittershagen, Mausbach, Hohenhain. Seine letzten elf Dienstjahre dann in Bezirk 12: Bottenberg, Alchen – und Büschergrund.

Der beste Postbote in Freudenberg

Seinen letzten Tag hat Wolfgang Loos gebührend gefeiert. Zuerst mit den Kunden. Mit zahlreichen Geschenken würdigten sie ihn zum Abschied, darunter eine Urkunde als bester Postbote. Und dann mit „seiner Postfamilie“. Das sei für ihn das wichtigste in all der Zeit gewesen. „Ich hatte Kollegen, die sind mit Geld nicht zu bezahlen“, sagt Wolfgang Loos. Es ist ein guter Zeitpunkt für ihn, um zu gehen, sagt er. Man müsse körperlich fit sein, etwa 600 Mal steige er ein und aus an einem Arbeitstag. „In den letzten paar Wochen merkte ich schon, wenn die letzten Häuser kamen“.

Ein bisschen komisch fühle sich der Ruhestand schon an. Eher noch „wie Urlaub“. Vielleicht kehrt er als Teilzeitkraft sogar noch einmal zurück. Vielleicht kauft er sich aber auch ein Wohnmobil und fährt damit nach Spanien über den Winter. Vielleicht auch beides. Auf seine Karriere jedenfalls schaut er gerne zurück. „Ich bin immer gerne auf die Arbeit gegangen“, sagt Wolfgang Loos. Und das 43 Jahre lang.

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