Hilchenbach. Guido Fuhrmann will aus dem Richard-Martin-Haus ein Pflegehotel für Kurzzeit-Pflegegäste machen.

Den schönsten Ausblick hat man aus den Zimmern unterm Dach, nach dem Aufstieg durch das geschwungene Treppenhaus mit den Glasmalereien, die die Zünfte abbilden: einmal über die Baumwipfel und Hilchenbach hinweg hinüber zur Ginsburg. In so einem Zimmer mit Aussicht soll man Urlaub machen können. Guido Fuhrmann setzt die Idee um: Sein Richard-Martin-Haus über der Hilchenbacher Siedlung wird Pflegehotel. Zwei bis zweieinhalb Millionen Euro will der Unternehmer in das 1929 gebaute Haus investieren, im April oder Mai 2021 sollen die ersten Gäste kommen können.

So sieht es heute aus

Ein bisschen ist die Zeit hier stehen geblieben. Minigolf spielt draußen schon längst niemand mehr, das letzte Landbier in der Kellerkneipe ist wahrscheinlich auch schon vor einiger Zeit über den Tresen gegangen, und die Zimmerpflanzen sehen nicht danach aus, als ob sie regelmäßig gegossen würden. Die Zimmer sind einfach eingerichtet, die Bäder auf einem ziemlich neuen Stand – Vereine mieteten sich bis Ende 2018 hier gelegentlich noch ein, vor allem Chöre, dann und wann Hochzeitsgesellschaften und Klassentreffen.

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Das ist die Idee

„Es ist so viel dazwischen gekommen“, sagt Guido Fuhrmann, der das Haus 2009 der Evangelischen Arbeitnehmerbewegung (EAB) abgekauft hat. So viel, dass er Ende 2018 seiner Abendfrieden-Gruppe mit Pflegeheim in Helberhausen, Wohnanlagen und Pflegedienst ausgestiegen ist. Und dann, sagt er, sind ihm Ideen gekommen: „Kurzzeitpflege ist das Problem.“ Also der Pflegeplatz auf Zeit, wenn pflegende Angehörige einmal ausfallen, und sei es, weil sie selbst Urlaub brauchen.

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Für die Betreiber der Heime ist der Umgang mit ständig wechselnden Bewohnern wenig attraktiv: „Ein wahnsinniger Aufwand“, sagt Guido Fuhrmann. Für die Gäste ist das zudem auch nicht prickelnd: Die Kinder fahren in Urlaub, sie kommen ins Heim. „Was, wenn sie wirklich in ein Hotel kommen?“ Keine Ohrensessel und keine Biografiearbeit, sondern Rezeption und Zimmerservice, lauschige Ecken draußen im Grünen, Unterhaltung und Abwechslung unten im Saal und Ausflüge, wie man sie eben im Urlaub bucht.

So entsteht das Pflegehotel

Guido Fuhrmann kennt Altenpflege, und er ist Geschäftsmann. Er jongliert mit Begriffen wie „Ambulantisieren“ und „Verhinderungspflege“, um zu diesem Ergebnis zu kommen: Dieses Hotel mit integrierter Tagespflege, etwa wie in einer ambulant betreuten Wohngruppe, kann man sich mit Hilfe der Pflegekasse gut einen Monat im Jahr leisten; dabei ist der Eigenanteil für den Tag Vollpension einschließlich Rund-um-die-Uhr-Pflege) nicht höher als etwa 35 Euro. „Ein bezahlbarer Preis“, findet Guido Fuhrmann, der mit Irina Reidel und David Blechert aus der ehemaligen Helberhausener Mannschaft zwei Mitstreiter an seiner Seite, die selbst als Gesellschafter einsteigen und das Pflegehotel voraussichtlich später allein verantworten werden.

Bis 2009 EAB-Heim

Das Hilchenbacher Richard-Martin-Haus war bis 2009 Erholungsheim der Evangelischen Arbeitnehmerbewegung (EAB). Guido Fuhrmann bot das Haus bis vor kurzem zum Verkauf an.

Ein Kaufinteressent legte den Plan für eine „Begegnungs- und Übernachtungsstätte für erholungsuchende Selbstversorger“ vor..

Man könnte sich vorstellen, dass man aus weiter Entfernung Hilchenbach für die Großmutter bucht. So wird es aber selten sein, schätzt Guido Fuhrmann. Weil der Bedarf in der Region viel zu groß ist. „Wir sind keine Konkurrenz“, stellt Fuhrmann klar. Nicht um die Gäste. Eher aber dann doch ums Personal: Um die 15 Vollzeitkräfte werden im neuen Pflegehotel im Einsatz sein, und die müssen erst gefunden werden. „Wir werden nicht abwerben“ Außer mit dem Hinweis, dass Entgelt nach Tarif gezahlt wird. Das können sich nicht alle leisten.

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Das passiert jetzt

20 bis 25 Gäste werden gleichzeitig im Haus wohnen können, in Einzelzimmern, die aber in der Regel ein zweites Bett haben. Um Platz zu gewinnen, werden je zwei kleine Zimmer zu einem großen zusammengefasst. Der Hilchenbacher Architekt Matthias Krämer plant den Umbau. Ein Treppenlift für die ersten Stufen muss noch herbei, und unten im Keller, wo jetzt Küche und Kneipe auf verschiedenen Ebenen liegen, muss sogar der Fußboden angehoben werden. „Da ist eine Menge zu tun“, weiß Guido Fuhrmann, „das soll eine Perle werden.“

Und weil das Pflegehotel kein Heim ist, wird es auch nicht mehr Richard-Martin-Haus heißen. Der neue Name? „Ich weiß es noch nicht“, sagt Guido Fuhrmann. Auch da wird ihm wird bestimmt etwas einfallen.

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