Siegen-Wittgenstein. Kinder und Jugendliche aus armen Familien in Siegen-Wittgenstein sollen leichter Zugang zu Sozialrabatten bekommen.

Keinen Antrag stellen, sondern an der Kasse einfach eine Chipkarte vorzeigen: „Deine Karte Siwi“ soll es Kindern und Jugendlichen aus Familien, die Sozialgeld beziehen, einfacher machen, Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket in Anspruch zu nehmen. Sozialausschuss, Jugendhilfeausschuss und Kreistag haben sich jetzt für einen Antrag der Grünen ausgesprochen, die Einführung dieses Karten-Abrechnungssystems zu überprüfen.

Das wird bisher geleistet

„Die Stigmatisierung fällt weg“, begründete Bernd Schneider (Grüne) den Antrag. Das Beispiel der YouCard in Hamm zeige, dass die Akzeptanz des Unterstützungsangebotes wachse. Dort würden die Leistungen zu 91,3 Prozent in Anspruch genommen, in Siegen-Wittgenstein dagegen nur zu 1,4 Prozent. Damit sei der Kreis „Schlusslicht“.

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Dieser Darstellung widersprach die Verwaltung: Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) habe bei seiner Erhebung nur eine von sechs Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets ausgewertet und unterstellt, dass die Chipkartenbesitzer die Leistungen auch tatsächlich in Anspruch nehmen. Tatsächlich hätten 2019...

510 Sechs- bis 15-Jährige Leistungen für die soziale und kulturelle Teilhabe, 18,5 Prozent der Berechtigten;

1364 Sechs- bis 25-Jährige Zuschüsse zu Schulausflügen und Klassenfahrten (28 Prozent);

4340 Zuschüsse für den Schulbedarf (89 Prozent);

322 Lernförderung (6,6 Prozent),

2373 Zuschüsse für das Mittagessen (48,7 Prozent)

...in Anspruch genommen. Die Schülerbeförderung als weitere mögliche Leistung spielt wegen des kostenlosen Schülertickets keine Rolle.

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Das passierte bei Corona

Im Rahmen des Homeschooling während der Schulschließungen wegen Corona seien zudem 46 Anträge auf Anschaffung von Laptops oder Tablet-Computern bewilligt worden, berichtete Dezernent Arno Wied. In sieben Fällen sei gegen die Bewilligung eines Darlehens Widerspruch eingelegt worden. Darlehen seien „eine relativ schlechte Lösung“, wandte Horst Löwenberg (DPWV) ein, „von was sollen die zurückgezahlt werden?“ In den Schulen seien die Kinder mit Forderungen nach digitalen Endgeräten konfrontiert worden. „Es ist relativ bescheiden, die Menschen so stehen zu lassen. Die Kinder werden abgehängt.“

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Löwenberg berichtete, dass Tablet-Anträge auch schon abgelehnt worden seien. Ein Kläger sei dagegen mit Erfolg gerichtlich vorgegangen. „Das ist auch keine Lösung.“ Arno Wied verwies auf Überlegungen auf Bundesebene, einmalige Zuschüsse von 150 Euro zu gewähren oder aber die Schulen direkt mit den Geräten auszustatten. „Das ist noch Bewegung drin.“

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Das sagt die Politik

Renate Becker (UWG) äußerte Vorbehalte: Zwar sei es richtig, für die Inanspruchnahme der Leistungen zu werben. Die Bereitstellung per Karte sei aber zu einfach: Von den Berechtigten müsse „eine gewisse Eigeninitiative leistbar“ sein.

Kornelia Busch-Pfaffe (CDU) wies darauf hin, dass die Vergünstigungen oft bei Vereinen eingelöst würden. Für die dort tätigen Ehrenamtlichen dürfe die Abrechnung mit Karteneinsatz nicht aufwändiger werden, das darf nicht zu Lasten der Leistungserbringer gehen“. Die Zuordnung zu den Konten, von denen das Geld an die verschiedenen Einrichtungen erstattet werde, geschehe „wie bei einer Scheckkarte“ automatisch, versicherte Dezernent Arno Wied: „Zusätzlicher administrativer Aufwand fällt nicht an.“

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