Hilchenbach. In einem neuen Projekt loten Hilchenbacher Jugendliche aus, wie sie in ihrer Stadt mitreden können.
Bitte deinen Senf dazu. Die Einladung kehrt die Redensart ein wenig um: Leute, die ihren Senf dazugeben, sind nicht unbedingt beliebt.
Der Hilchenbacher Jugendförderverein Push will ausgerechnet das nun schmackhaft machen. Es geht, sagt Sascha Rötz, um „wirkliche Beteiligung“. Und die soll der Sozialpädagoge, der dafür eine halbe Stelle hat, mit Unterstützung der Sozialarbeitsstudentin Mandana Krämer, ein Jahr lang von Grund auf neu aufbauen. Das Landesjugendamt bezahlt das Projekt, das in dieser Woche mit einer Instagram-Seite an den Start geht.
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Warum das Projekt?
„Es gibt ein Recht auf Partizipation“, sagt Sascha Rötz, „Jugendliche wollen ihre Meinung äußern.“ Echte Beteiligung gab es beim Neuaufbau des Dirt-Bike-Paks („Starke Typen rocken den Park“), bei dem Streetwork-Einsatz „Legalize Freundeskreis“.Und es gibt sie im Jugendforum, das mit seinem Begehren, in der Kommunalpolitik allgemein und bei der Gestaltung des Kulturellen Marktplatzes Dahlbruch im Besonderen gehört zu werden, in den letzten Monaten oft genug angeeckt ist. „Für erfolgreiche Partizipation bedarf es Rahmenbedingen und Voraussetzungen, die in Hilchenbach nicht transparent ausgehandelt wurden“, heißt es dazu ziemlich abstrakt auf der Push-Homepage.
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Wo setzt das Senf-Projekt an?
Seine Meinung ausdrücken können, das kann man lernen. Aber das ist nicht alles. „Man muss auch bereit sein, andere Meinungen zu akzeptieren“, sagt Sascha Rötz. Grundlage ist die richtige Information. Und die Bewertung dessen, was da im Sekundentakt aufs Smartphone kommt. „Bei manchen beobachte ich, dass man sich die Meinung nimmt, die einem gerade passt, auch wenn die Quelle zwielichtig ist.“
Wie geht es los?
Zuerst werden Themen zu finden sein. Sascha Rötz wird bei der Lebenswelt der Jugendliche beginnen: Was macht hier gern? Und wie und wo könnt ihr das, was euch wichtig ist, ausleben? Und wenn nicht: Was würdet ihr ändern? Und welche Möglichkeiten habt ihr?
Und konkret?
„Wir wollen hören, wo es Missstände gibt“, sagt Sascha Rötz. Die finde man zum Beispiel über subjektive Landkarten heraus. Welche Orte sucht man auf, wie kommt man da hin, was fällt unterwegs auf? Wie kommt ihr denn zum Bolzplatz nach Hadem, zu den Sportplätzen in Dahlbruch und Hilchenbach, wie gut ist der Radweg dorthin? „Das kann man genau unter die Lupe nehmen.“ Die Schul-AG von Push („Lernen mal anders“) hat das schon ausprobiert: Da fiel den Jugendliche zum Beispiel die Vermüllung der Bereiche um Markt und Rathaus auf. „Von da kann man weiterplanen. Nächster Schritt wäre, die Wege selbst abzugehen.“ Da kann auch der Döner-Imbiss Station sein, der auf einer der Landkarten seinen Platz gefunden hatte. Daraus wurde ein Projekt zum Thema Ernährung. „Wir haben einfach mal selbst gekocht.“
Mehr als nur Bands
Push ist aus einer Initiative von Nachwuchsbands hervorgegangen, die in Hilchenbach Probenräume suchten. Der Verein richtet jährlich die Push-Festivals aus.
Im Laufe der Jahre hat sich Push zum Dach für weitere Initiativen entwickelt: die Tanzgruppe Unique und die Uzing Crew im Dirt-Bike-Park.
Mittlerweile übernimmt der Verein auch selbst die Trägerschaft von Projekten der Jugendarbeit. Dazu gehörte, aus dem Bereich der Prävention, „Legalize Freundeskreis“ , und das ist aktuell „Bitte deinen Senf dazu“. Auch der Mädchentreff International ist eine Kooperation von Push und städtischem Kinder- und Jugendbüro.
Wie erreicht das Projekt seine Zielgruppe?
Die Jüngeren können über die Schulsozialarbeit angesprochen werden, die Älteren an ihren Treffpunkten, zum Beispiel auf der Gerichtswiese oder im Dirt-Bike-Park. Und alle über die digitalen Kanäle von Push und Kinder- und Jugendbüro. Und, so Sascha Rötz, „ganz viel durch weitersagen“.
Wie wird das organisiert?
Derzeit natürlich auch digital. Vorstellen kann sich Sascha Rötz, dass sich eine AG bildet, die kontinuierlich an Beteiligungsthemen arbeitet. Und ein Barcamp, also ein großes Forum, in das jeder Themen einbringen kann, die er zusammen mit Menschen, die das gleiche Interesse haben, weiterbearbeitet.
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Und wenn aus Wünschen dann doch nicht Wirklichkeit wird?
„Dann ist Frustration vorprogrammiert.“ Sascha Rötz sieht seine Aufgabe auch darin, zu vermitteln, dass Beteiligung mehr ist als das Formulieren von Wunschzetteln. Den neuen Sportplatz zum Beispiel kann man gut fordern, ohne ihn zu bekommen. Aber die Manga-AG im Jugendzentrum, die kann man selbst aufmachen, wenn man Mitstreiter dafür gewinnt. „Es geht um kleine Schritte.“ Denn am Ende, so steht es auf der Push-Homepage, sollen die Jugendlichen „Erfolge von Mitwirkung erleben“.
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