Siegen/Elspe. Der Siegener Schauspieler Sebastian Kolb und sein Freund und Bühnen-Kontrahent Jean-Marc Birkholz lesen Karl Mays „Ölprinz“ auf Youtube
Am Samstag hätten sich wieder 4000 Menschen aufgemacht, um die Karl-May-Premiere in Elspe live zu erleben. Corona lässt sie zu Hause bleiben. Winnetou ist auch daheim. Fast überall. Aber nicht ganz. Jean-Marc Birkholz und viele seiner Kollegen aus ganz Deutschland und Österreich haben sich auf Initiative des Magazins „Karl May & Co.“ vor ihre privaten Kameras gesetzt und gelesen.
Auch interessant
An 47 Nachmittagen wird es Kapitel aus Karl Mays Jugenderzählung „Der Ölprinz“ geben, ab Samstag um 18 Uhr auf dem Youtube-Kanal des genannten Magazins. Stichwort: Winnetou@home. Mit Benefiz-Charakter.
Auch interessant
Siegener Schauspieler vermisst die Zuschauer
Alle lesen ohne Gage: Der frühere Segeberger Winnetou Jan Sosniok, Bond-Bösewicht Götz Otto und Bernhard Schmid, Leiter des Karl-May-Verlages. Gleich fünf bekannte Gesichter aus Elspe machen mit. Zum populären Winnetou Birkholz kommen James Bürkner, Markus Lürick, Cheryl Baulig und der in Siegen geborene Sebastian Kolb. 2020 wäre er als Titelschurke „Ölprinz“ wieder der Antagonist seines Freundes Birkholz gewesen und bedauert den Ausfall der Saison umso mehr.
Weil der jährliche Sommer dort für ihn längst mehr ist, als nur ein Engagement. Der Wegfall könne auch durch ein solches Projekt oder die Aussicht, die Produktion nächstes Jahr nachzuholen, „überhaupt nicht kompensiert werden“. Ihm fehlen die „drei Monate Ferienlagerstimmung“, das Zusammensein mit Kollegen, die vielfach längst gute Freunde sind, nicht zuletzt das Spielen vor 4000 Zuschauern. Was da an Emotionen zurückkomme, sei nicht zu ersetzen.
Winnetou, Ölprinz und noch ein Siegener
„Winnetou“ Jean-Marc Birkholz hält sich in diesem Sommer erstmals „mit meiner Frau in Belarus auf und versuche zu erfahren, was ich sonst um diese Zeit nicht habe. Den Minsker Sommer. Ich entdecke das Land ganz neu.
Sebastian Kolb hat für seine Lesung bei Schauplatz, Requisiten und Atmosphäre versucht, ein wenig Elspe-Stimmung bei den Zuschauern zu erzeugen. Was genau, will er noch nicht verraten.
Mit Klaus Krückemeyer ist noch ein zweiter gebürtiger Siegener dabei. Der Schauspieler und Wahl-Hesse ist selbst mit dem Karl-May-bezogenen Live-Hörspiel „Old Shatterhand unter Kojoten“ unterwegs.
Allerdings ist dies nicht das einzige Thema, das den Wahlkölner bewegt. „Wir sind nicht systemrelevant“ klagt er bitter in Richtung der Politik, wenn es um die Behandlung seiner Zunft geht. Wenn Soforthilfe von den Künstlern praktisch gar nicht genutzt werden könnten, weil nur Betriebsausgaben davon getätigt werden dürften, sei das ein Unding, „welcher Betrieb läuft denn aktuell?“, schimpft der Schauspieler. Dabei gehe es ihm noch relativ gut. Er hat in Elspe eine Anstellung und erhält Kurzarbeitergeld.
Der Ölprinz kommt nach Siegen
In den nächsten Tagen steht er auch wieder vor der Kamera. Allerdings werde die Gage der Drehtage gegen das Kurzarbeitergeld gerechnet, somit verliert er zwei Monate Kurzarbeitergeld: „Wir können leider nicht immer zwölf Monate arbeiten, daher generieren wir unseren Jahresumsatz oft in „Hochzeiten“, auch häufig über Doppelbelastung und eben jetzt im Sommer. Die Zeiten, in denen man kein Engagement hat müssen ja auch überbrückt werden. Wenn aber meine Gagen gegengerechnet werden, stimmt etwas nicht im System.“ Jean-Marc Birkholz sieht die Sache ähnlich: „Wohl dem, der Rücklagen angespart hat. Aber was ist mit all jenen, die sich kein Polster anlegen konnten? Ich wünsche mir von Herzen, dass alle gesund bleiben und NIEMAND auf der Strecke bleibt. Denn sonst hätten wir versagt.“
Auch interessant
Zurück zur „Ölprinz“-Lesung, die in enger Zusammenarbeit mit dem Bamberger Karl-May-Verlag entstanden ist. Sebastian Kolb hat zwei Teile bekommen, einmal mit „seinem“ Bühnen-Schurken, den er genüsslich „mit leichtem Klaus Kinski-Touch“ intoniert hat. Ein wenig hätten er und Birkholz sogar gezögert, sich für das Projekt einspannen zu lassen. Aus Wut und Ärger über die Geringschätzung seitens der Politik. Aber sie haben an die Fans gedacht. „Für die und Karl May und den Verlag habe ich es dann gemacht“, sagt Kolb. Ganz ohne Live-Karl May geht es übrigens doch nicht in diesem Sommer. Am 18. und 19. Juli wird er in Siegen ebenfalls Passagen aus dem „Ölprinz“ lesen, unter dem Titel: „Winnetou’s Gegner kommt“.
Spende für Corona-Nothilfe empfohlen
Den Zuschauerinnen und Zuschauern wird empfohlen, mit einer Spende die Aktion #KunstNothilfe (https://elinor.network/kunstnothilfe/) vom elinor.network und der GLS Bank zu unterstützen. Dort werden Kulturschaffende mit einer Soforthilfe unterstützt.
Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Siegerland gibt es hier.
Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.
Das Corona-Newsblog aus dem Siegerland finden Sie hier.
Hier geht es zum Newsblog mit den aktuellen Entwicklungen rund um das Coronavirus.