Siegen. Linke, Grüne und CDU fordern, die Planungen für den Neubau der Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein wegen der Coronakrise vorerst zu stoppen.
„Wir müssen alle in diesen Zeiten erkennen, dass sich die Bedingungen radikal geändert haben“, sagte Martin Achatzi (CDU) zu Beginn der Sitzung des Bau- und Verkehrsausschusses des Kreises Siegen-Wittgenstein. Er leitete damit die Diskussion um den geplanten Neubau eines Verwaltungsgebäudes ein. Es folgte eine lange und hitzige Debatte – ohne Ergebnis.
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Home-Office während Corona auswerten
Die Linke-Fraktion hatte in einem Antrag gefordert, dass die den Neubau betreffenden Planungen bis zum Ende des Jahres ausgesetzt werden. In Anbetracht der Coronakrise und der finanziellen Auswirkungen auf die Kommunen sei dieser Schritt erforderlich. Die so gewonnene Zeit könne dafür genutzt werden, die Erfahrungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung im Homeoffice auszuwerten und zu prüfen, ob sich sich daraus ein geänderter Raumbedarf ergibt.
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CDU Siegen-Wittgenstein: Aktivitäten sofort aussetzen
Die CDU und die Grünen unterstützen den Antrag der Linken. Angesichts der Pandemie erscheine es nur logisch, alles auf den Prüfstand zu stellen und kritisch neu zu betrachten, sagte Martin Achatzi. Die Krise habe ohnehin große Auswirkungen auf den Haushalt, „wir dürfen zukünftigen Generationen keine finanziellen Hürden aufbürden“, warnte er. Deshalb müsse der Kreis die Aktivitäten sofort aussetzen und erst einmal die Entwicklung nach Corona abwarten.
Die Pläne zum Neubau
Den Bau eines neuen Gebäudes für die Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein sowie die Durchführung eines Architektenwettbewerbs beschloss der Kreistag im September 2019 mit 27 Ja- und 21- Neinstimmen, letztere vor allem von der CDU.
Der Neubau soll nördlich oder südlich des Kulturhauses Lyz entstehen und 80 Büroräume für das Jugendamt sowie 550 m² Bürofläche für die Kfz-Zulassungsstelle beinhalten.
Meike Menn (Bündnis 90/Die Grünen) forderte ebenfalls, dass die finanzielle Lage neu überdacht werden müsse. Außerdem forderte sie ausführliche Berichte über die Arbeitsweise der Verwaltung während der Pandemie: „Es ist wichtig zu wissen, wie gearbeitet wird“. Dabei gehe es nicht nur um Homeoffice, sondern „um wirklich flexible Arbeitszeiten“.
SPD vermutet Wahlkampfmanöver
Guido Müller (FDP) kritisierte diese Forderungen: „Es wundert mich, dass wir nach über einem Jahr Planung zu komplett neuen Erkenntnissen kommen“. Er erinnerte daran, dass die ersten Pläne zu dem Neubau kurz nach der Wirtschaftskrise gemacht worden sein. Der grundsätzliche Bedarf habe sich nicht geändert und der Neubau sei erwiesenermaßen die günstigste Alternative. Dass die Arbeit von zuhause als neues Ideal angepriesen werde, kritisierte er ebenfalls: „Homeoffice trägt man auf dem Rücken der Arbeitnehmer aus“.
„Völlig verfehlt“ nannte Winfried Schwarz (SPD) den Antrag. „Die BRD gibt gerade Millionen aus“, stellte er fest und empfahl der CDU, sich mit der Wirtschaftstheorie nach John Maynard Keynes zu befassen. Homeoffice sei keine Lösung. Der Wettbewerb laufe bereits und die inhaltlichen Punkte müsse man zu einem späteren Zeitpunkt diskutieren.
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Es folgte ein Wortgefecht, in dem die Antragsbefürworter der Gegenseite die Ablehnung der neuen Realität nach Corona vorwarfen, während die Antragsgegner ein Wahlkampfmanöver vermuteten. „Der Ausschuss muss mitnehmen, dass das Thema nicht abgeschlossen ist“, sagte der fraktionslose Thomas Hartmann. Es bestünden mindestens „erhebliche Zweifel“ an den Plänen.
Landrat Andreas Müller: Noch keine Entscheidung nötig
Landrat Andreas Müller versuchte, die Wogen zu glätten. „Ich stimme völlig zu, dass wir eine neue Situation haben“, sagte er. Die veränderte Arbeitssituation müsse auch untersucht und dargestellt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sei jedoch keine weitere Entscheidung nötig.
Der erste Schritt, der bereits begonnen hat, sei die Beauftragung eines Planungsbüros mit der Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs. Zur Vorbereitung dieses Wettbewerbs gehöre es auch, in Zusammenarbeit mit dem Planungsbüro die genauen Anforderungen zu erörtern, die Ergebnisse sollen im Herbst zusammengetragen werden. Damit finde genau das statt, was im Antrag gefordert werde, so der Landrat.
Der Architektenwettbewerb selbst, der zwischen zwölf und 18 Monaten dauern soll, hat noch nicht begonnen. Erst die Ergebnisse des abgeschlossenen Wettbewerbs sollen dem Kreistag dann vorgelegt werden, damit über einen möglichen Bau entschieden werden kann. Ullrich-Eberhardt Georgi (Die Linke) zeigte sich als Antragssteller damit einverstanden: „Wir begrüßen das vom Landrat vorgeschlagene Vorgehen“. Wichtig sei jedoch auch, im Kreistag darzustellen, welche Auswirkungen ein möglicher Abbruch der Ausschreibung habe. So blieb eine Abstimmung über den Antrag am Ende aus.
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