Hilchenbach. Vom Mitmachfilm für die Kleinen bis zum virtuellen Mischpult für die Großen: Corona zwingt den Mobilen Musiktreff in die Zukunft.
„Hallo, liebe Kinder.“ Kerstin Skupin hat die Ukulele dabei und Trommeläffchen Dodo. „Du hast schon ganz viele Freude eingeladen? Und die sitzen alle hier schon im Kreis?“ Ja, sie sind alle da. Tiger, Zebra Löwe, Pferd, Giraffe. Sogar der Hase, obwohl der eigentlich nicht in den Dschungel gehört? „Weil du den so gern hast?“ Alle sind sie da. Nur die Kinder nicht. Denn Kerstin Skupin spricht in einer Kamera hinein.
Die Kleinen: Trommeläffchn auf dem Monitor
Musikalische Früherziehung in Zeiten von Corona. „Wir haben nahtlos weitergemacht“, berichtet Hans-Dieter Klug, Geschäftsführer des Mobilen Musiktreffs, zu dem die Musikschule und das Rockmobil gehören und der in Hilchenbach zudem den Auftrag einer städtischen Musikschule wahrnimmt. Am 16. März war Schluss mit dem Unterricht. Von den 750 Schülerinnen und Schülern sind um die 300 geblieben. Weggebrochen sind die Angebote in Kitas und im offenen Ganztag der Grundschulen. Für die Früherziehung gibt es nun wöchentlich mehrere neue Videos zum Mitsingen, Mitspielen und Mitbasteln. Der Instrumentalunterricht wird über Skype oder ähnliche Video-Telefonieformate fortgesetzt. „Ich habe jetzt sogar Live-Unterricht für Gruppen angefangen“, berichtet Hans-Dieter Klug.
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Gitarrenlehrer Hans-Dieter Klug schaltet sich mit vier Schülern über Zoom zusammen. Der Lehrer spielt vor, die Schüler spielen nach, jeder für sich, der Lehrer hört bei einem Teilnehmer nach dem anderen herein. „Es geht darum, ein bisschen Rüstzeug zu vermitteln, wie man allein weiterüben kann.“ Ensemblespiel geht so nicht. „Der Ton kommt mit leichter Verzögerung an.“ Bei Tanz und Gesang ist das einfacher. Der Unterricht, zu dem weitere Gruppen in anderen Zoom-Räumen hinzukommen werden, erfordert Disziplin. „Man kann nicht einfach vor sich hin daddeln“, stellt Hans-Dieter Klug fest, „aber es funktioniert.“
Die Großen: Lernvideos für Instrumente
„Heute geht es um das Pedal.“ Wolfgang Mertens erklärt, wie Saiten gedämpft und wieder freigegeben werden. „Immer erst die Taste loslassen, dann das Pedal“, führt er am Beispiel des Präludiums Nr. 1 von Bachs Wohltemperierten Klavier vor. „Ich muss aufpassen, dass mein Klavier keinen Schluckauf bekommt.“ Elf Minuten dauert diese Lektion auf Video. Eigentlich ist der Einzelunterricht in der Wohnung ja schon wieder möglich. Auch eine erste Band probt schon wieder ganz real. Um den Abstand zu wahren, auf großer Fläche im Siegener Werkstatt- und Probenhaus. „Am Anfang“, berichtet Hans-Dieter Klug, „waren die Videos als Überbrückung gedacht. Inzwischen sehen wir das als Möglichkeit für die Zukunft.“ Gerade auf dem Land lässt sich mancher Weg sparen.
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Und das Rockmobil? Das ist natürlich zu eng, um Abstandsvorgaben auch nur annähernd einzuhalten. „Dafür brauchte man um die 30 Quadratmeter." Was aber nicht bedeutet, dass es das Angebot derzeit nicht gibt. BandLab heißt die Software für ein digitales Acht-Spur-Mischpult, das MoMu zuletzt beim Jugendaustausch von Siegen-Wittgenstein und Emek Hefer in Israel eingesetzt hat. „So kannst du weltweit zusammen an Songs arbeiten.“ Weltweit. Und in Hilchenbach. „Wir beginnen jetzt mit bestehenden Bands“, kündigt Hans-Dieter Klug an.
Die Zukunft: Für den Verein wird der Herbst kritisch
Und wirtschaftlich? „Wir hatten mit einer Kündigungswelle gerechnet“, berichtet Hans-Dieter Klug, „aber die hat nicht stattgefunden.“ Die Früherziehung per Video hat allerdings Grenzen: „Sie setzt voraus, dass Eltern oder ältere Geschwister mitmachen.“ Wenn Musikschulleiterin den Musikater herumschleichen lässt, wenn Lotte Weyers Topfdeckel zu Becken umfunktioniert. „Mit Deckeln aus Glas sollte man das natürlich nicht machen“, warnt sie. Und wenn Katja Stücher dazu anregt, mit einer Wasserflasche auszuprobieren, wie eine Querflöte funktioniert. Da geht es aber auch darum, einfach den Kontakt zu den Kindern aufrecht zu erhalten.
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„Den Engpass werden wir im August oder September haben“, fürchtet Hans-Dieter Klug. Die Kitas bleiben Gästen verschlossen, Schnupperstunden für das neue Schuljahr können dort nicht stattfinden – MoMu bemüht sich gerade, zumindest einen alternativen Veranstaltungsraum in jeder Kommune zu finden. „Ich habe meine Zweifel“, räumt der Geschäftsführer der Musikschule ein. Denn wenn sich die Räume überhaupt finden – die Kinder müssten auch dort hingebracht werden. Hans-Dieter Klug ist aber zuversichtlich: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kitas und Schulen noch lange im Notbetrieb geführt werden.“
Viele Kinder machen trotz Corona weiter
Den Eltern, deren Kinder an der musikalischen Früherziehung teilnehmen, hat der Mobile Musiktreff wegen Corona ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt. Gut die Hälfte der Kinder sind aber dabeigeblieben. Das Online-Angebot gibt es zum halben Preis.
Informationen über das Mobile Musikzimmer und das Anmeldeformular zu den Online-Kursen gibt s auf www.momu.de
Young Stage bekommt Verspätung
In den Startlöchern steht der dritte Durchgang des Jugendkulturprojekts Young Stage, das eigentlich in diesem Sommer laufen sollte, erstmals in der über Hilchenbach hinaus erweiterten Trägerschaft zusammen mit den Jugendbüros von Kreuztal und Freudenberg. Was 2013 als Musik-, Theater- und Tanzprojekt begann, soll nun vor allem als Musikprojekt weitergehen. Eigentlich hätte die Band im Sommer in einem Feriencamp ihre Live-Performance erarbeitet. Daraus wird nun ein Herbst-Winter-Programm.
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Mobiles Musikzimmer wird es weiter geben
So oder so aber: Auch wenn die Kleinen irgendwann wieder in Gruppen zusammenkommen dürfen, soll es weiter die Videos aus dem „Mobilen Musikzimmer“ geben. „Das wird ein Angebot sein, das auf Dauer bleibt“, sagt Hans-Dieter Klug. Kerstin Skupin lädt am Schluss zum Mitsingen ein: „Irgendwann auch mal wieder mit Opa und Oma“. Und Bettina Schreiber schließt auf dem Video mit demselben Lied, mit dem die Stunden im Gruppenraum aufhören: „Jeder weiß, es ist jetzt aus, und wir gehen jetzt mal raus.“
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