Kreuztal. Der „Spitzentanz“, bisher Abteilung der Musikschule, macht sich als Tanztheater Kreuztal selbstständig – vielleicht irgendwann im eigenen Haus.
„Das Ziel war, dass Väter nicht mehr einschlafen“, scherzt Tanzpädagogin Britta Papp. 2005 bot sie die ersten Ballettkurse für Kinder in Kreuztal an. 15 Jahre später ist der Fachbereich Tanz ein „Alleinstellungsmerkmal“ der Stadt Kreuztal, sagt Bürgermeister Walter Kiß. Um diese Entwicklung zu würden, ist „Spitzentanz“ zukünftig eine eigenständige Institution.
Die Geschichte: Anfang in der Weißen Villa
„Wenn man so etwas macht wie Musikschule, gehört Tanz dazu“, sagt Musikschulleiter Ralf Stiebig. Deshalb ging er im Jahre 2004 auf Britta Papp zu, die gerade ihr Abitur machte und in Siegen tanzte. Der Plan: Unter dem Dach der Musikschule einen Fachbereich Tanz aufzubauen. Das Vorbild waren Hochschulen für darstellende Kunst, an denen es selbstverständlich auch beide Bereiche gäbe, erzählt Stiebig. Im Kreis habe es so etwas aber damals nirgendwo gegeben.
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Schon ein Jahr später starteten die ersten Ballettkurse in der Weißen Villa in Dreslers Park. „Die ersten Kurse waren gar nicht so einfach“, erinnert sich Britta Papp. Die Einrichtung war spartanisch, viele Teilnehmer gab es zunächst auch nicht. Doch das änderte sich schnell. Es kamen mehr Kinder, irgendwann gab es die erste Stange. Im Sommer 2006 gab es schon drei Ballettkurse für insgesamt 30 Kinder in unterschiedlichem Alter.
Seitdem geht es mit Spitzentanz stetig bergauf. Britta Papp entwickelte neue Kurse, erst Hip-Hop, später Tanztheater. Die Kreuztaler Kinder und Jugendlichen nahmen das Angebot begeistert an. Die Schülerzahl wurde in 14 Jahren mehr als verzehnfacht, über 330 sind es aktuell.
Das Projekt: Drei Säulen
Auf drei Säulen baut Britta Papp „Spitzentanz“ auf.
Zum einen die kulturelle Ebene. „Kulturelle Bildung ist wichtig“, sagt Papp. Immer seltener stünden Theater-, Konzert- oder Ballettbesuche auf dem Wochenplan einer Familie, kurzweiligere Unterhaltung, vor allem digitale Angebote, treten an diese Stelle. Dieser Entwicklung möchte sie entgegenwirken, indem sie selbst kurzweilige Unterhaltung anbietet. Ihr selbst gefallen die klassischen Angebote nicht mehr immer. Schwanentanz habe sie einmal gesehen, vom russischen Staatsballett, noch einmal würde sie es nicht besuchen, erzählt Britta Papp. Deshalb will sie Angebote schaffen, die die Zuschauer wirklich unterhalten. Ganz nebenbei werden die Kinder dabei selbst an die Kultur herangeführt und lernen Aspekte der Veranstaltungsorganisation und Durchführung kennen.
„Jeder kann tanzen!“ – diese Überzeugung von Papp ist die zweite Säule. Klassische Ballettschule habe oft einen „Elite-Touch“, davon wolle sie weg, sagt Papp. Jeder kann nicht nur tanzen, sondern darf es auch. Auch Kinder und Jugendliche mit Behinderung bezieht sie mit ein. Jeder sei in der Lage, außergewöhnliches zu leisten, wenn auch auf unterschiedlichem Niveau.
Die Talentförderung ist schließlich die dritte Säule. Jedes Kind hat Talente, die Britta Papp herauskitzeln möchte. Besonders im „Tanztheater Kreuztal“ sollen talentierte Tänzerinnen und Tänzer ihr Können ausprägen und sich mehrmals im Jahr auf der Bühne beweisen. Dafür erwartet sie jedoch auch vollen Einsatz.
Die Zukunft: Festes Haus?
Ihr Angebot entwickelt Britta Papp ständig weiter. Dabei ließ sie sich auch von der Coronakrise nicht abhalten. Tanzstunden fanden per Zoom statt. „Das hat echt gut funktioniert“, freut sich Britta Papp. Die Nachfrage sei so groß, dass sie diese selbst mit dem digitalen Angebot kaum abdecken könne. Auf Dauer möchte sie deshalb weitere Dozenten gewinnen. Nach der Ausgliederung ist auch ein eigenes Domizil für „Spitzentanz“ ein Thema. „Irgendwann ein festes Haus für den Tanz zu haben, ist nicht ausgeschlossen“; sagt Walter Kiß.
Die Shows sind ein elementarer Aspekt von Britta Papps Konzept. „Wenn man nur im Tanzraum bleibt, ist es nicht dasselbe“. Deshalb freut sie sich, wenn es bald wieder Auftritte geben kann. Im Hintergrund arbeitet sie ohnehin immer daran, mehr Aufführungsmöglichkeiten zu generieren. Nicht nur Bürgermeister Walter Kiß ist beeindruckt von den „fulminanten Shows“ – auch viele Väter kämen auf sie zu und sagen Sätze wie „Das war ja gar nicht so schlimm“ oder „Das ging schnell vorbei“. Eingeschlafen sei bei „Spitzentanz“ jedenfalls noch niemand.
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