Siegen. Im Kletterzentrum Siegerland können nach der Corona-Pause wieder Wände erklommen werden, allerdings dürfen die Kletterer nur an jedes zweite Seil

Auch das Kletterzentrum Siegerland des Deutschen Alpenvereins (DAV) darf am heutigen Montag nach der Corona-Zwangspause wieder öffnen. Die Wiedereröffnung ist die erste Amtshandlung des neuen Betriebsleiters Jens Schumacher, der seit Mai die Verantwortung für die Halle trägt.

Auch interessant

Start in der Coronakrise

„Es ist ein zweischneidiges Schwert“, beschreibt der neue Betriebsleiter seinen Einstieg in die neue Position während der Coronakrise. Auf der einen Seite könne er sich so langsam an die Aufgabe heranrasten, auf der anderen Seite sei vieles im laufenden Betrieb einfacher. Auf eine Öffnung musste er sich intensiv vorbereiten und einen umfangreichen Maßnahmenkatalog erarbeiten, um die Vorgaben des Ministeriums erfüllen zu können – ohne genau zu wissen, wann es tatsächlich wieder losgehen würde. „Wir spekulieren im Moment nur, was möglich sein könnte“, schätze der Hallenleiter die Situation in der vergangenen Woche ein.

Auch interessant


Dass er seine Hausaufgaben gemacht hat, zahlt sich nun aus. Am siebten Mai kommt die Erlaubnis zur Öffnung vier Tage später – die Kletterhalle ist vorbereitet. Um Mindestabstand und Hygienevorschriften einzuhalten, gibt es ein Konzept. Es darf beispielsweise nur an jedem zweiten Seil geklettert werden, die Besucher müssen in zweieinhalbstündigen Zeitfenstern kommen, die vorher telefonisch reserviert werden können. Umkleiden und Duschen bleiben zu, genau wie das Bistro, der Ausrüstungsverleih fällt aus, Desinfektionsspender hängen in der Halle.

Über die Sonderregeln werden die Kletterer auf der Homepage und mit Aushängen in der Halle informiert. Außerdem wird jeder Kunde beim Eintritt vom Personal persönlich informiert, auch Kontrollen finden statt. Aus anderen Hallen, die über einen Außenbereich verfügen und deshalb bereits früher öffnen konnten, hat Schumacher die Information erhalten, dass die Regeln nicht immer beachtet werden. Dem möchte er entgegenwirken. Dass jetzt endlich wieder geklettert und gebouldert werden darf, soll nicht aufs Spiel gesetzt werden. Es warten allerdings nicht nur Einschränkungen auf die Besucher: Viele neue Routen und Boulder wurden während der Schließung geschraubt, verspricht das Team.

Siegener Kletterszene ist solidarisch

Die Zwangspause tat Jens Schumacher nicht nur als Betriebsleiter weh, auch seinen Sport vermisste der passionierte Kletterer. „Ich klettere seit 16 Jahren, das ist meine Leidenschaft“, sagt der 40-Jährige. Auch außerhalb der Halle praktiziert Schumacher seinen Sport, zum Beispiel beim alpinen Klettern. Beruflich orientierte sich der gelernte Kunststoffformgeber vor sechs Jahren um, startete zunächst mit einem Praktikum in einer anderen Kletterhalle. „Ich bin in die Arbeit reingewachsen“, erzählt Schumacher, der aus dem Oberbergischen Kreis kommt und für die neue Aufgabe nach Siegen gezogen ist.

Buntes Vereinsleben

Das Kletterzentrum Siegerland verfügt über etwa 580 Quadratmeter und ist 16 Meter hoch. Etwa 1200 m² Kletterfläche und knapp 200 m² Boulderfläche stehen den Kletterern zur Verfügung.

Die Öffnungszeiten der Halle nach der Pause sind montags, dienstags und donnerstags von 12 bis 22 Uhr, mittwochs und freitags von 8 bis 22 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen von 10 bis 20 Uhr.

Die Sektion Siegerland des Deutschen Alpenvereins hat über 5000 Mitglieder, die zahlreiche weitere Aktivitäten wie Wanderungen und Skifahrten ausführen.

In Sölden betreibt der Verein die Siegerlandhütte mit 49 Betten und gastronomischen Angeboten im Sommer.

Neben dem Sport faszinieren ihn auch die Menschen, die ihn betreiben. „Es ist eine tolle Szene, die Leute lieben ihren Sport“, sagt Schumacher. Das äußerte sich auch in der Krise. Von über 270 Abonnenten kündigten lediglich drei ihren Vertrag in der Coronakrise, einer setze die Zahlungen vorübergehen aus. Diese Solidarität loben auch Thomas Riedlinger und Konrad Thannbichler, Vorstände der Sektion Siegerland des Deutschen Alpenvereins. Als „angespannt aber nicht hoffnungslos“ beschrieb Thannbichler die Lage vor der Öffnung. „Die Mitgliedsbeiträge werden gezahlt und wir haben einen starken Verein im Hintergrund“. Einige Klettersportler verlängerten sogar ihre Abos. Ein halbes Jahr hätte man die Situation stemmen können, länger nicht, schätzt Thannbichler. Umso größer ist die Freude über die Öffnung.

„Geht nicht – gibt’s nicht“ in Siegen

„Klettern ist ein Sport für jedermann“, sagt Thomas Riedlinger. Ob klein oder groß, dick oder dünn, jung oder alt, wirklich jeder könne klettern, eben in unterschiedlichen Dimensionen. „Geht nicht – gibt’s nicht“, sagt Riedlinger. Auch Menschen mit Handicap kommen in die Halle, für sie gibt es besondere Angebote. Und gerade sie erfahren durch das Klettern eine Bestätigung, die sie sonst im Alltag kaum finden. Durch diese Vielfalt lebt auch der Verein.

Auch interessant


„Wir sind keine elitäre, geschlossene Gruppe“, sagt auch Schumacher, der „Neulingen“ die Angst nehmen möchte. Um zu klettern, müsse man erstmal nichts können. Es gibt Schnupperkurse und offene Treffs, bei denen die Unerfahrenen an die Hand genommen werden – in der Coronazeit natürlich nur im übertragenden Sinne. Über das Klettern hinaus möchte Schumacher auch Möglichkeiten zum Ausdauer- und Krafttraining in der Halle am Effertsufer etablieren. Das Kletterzentrum Siegerland gibt es inzwischen seit fünf Jahren, eigentlich hätte es zu diesem Anlass auch ein Fest geben sollen. Das muss nun ausfallen, aber im Moment sind die Kletterer erst einmal froh, dass es wieder losgeht.

Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Siegerland gibt es hier.

Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.

Das Corona-Newsblog aus dem Siegerland finden Sie hier.

Hier geht es zum Newsblog mit den aktuellen Entwicklungen rund um das Coronavirus.