Hilchenbach. Der künftige Eigentümer plant eine Begegnungs- und Übernachtungsstätte für erholungsuchende Selbstversorger.

Vielleicht schon zu Beginn des nächsten Jahres wird das Richard-Martin-Haus wieder eröffnet – dann unter einem neuen Namen. Der Bensberger Cornelius Blümel will gemeinsam mit seiner Familie eine „Begegnungs- und Übernachtungsstätte für Erholungssuchende in Selbstversorgung“ einrichten und betreiben. Der bisherige Eigentümer Guido Fuhrmann, der das Haus 2009 von der Evangelischen Arbeitnehmerbewegung (EAB) übernommen und in seine Unternehmensgruppe rund um das Haus Abendfrieden eingegliedert hatte, will sich von dem Gebäude trennen.

Der Plan: Haus für Familien und Gruppen

Der Plan, den der 50-jährige künftige Hausherr hat, ist über lange Zeit gereift: „Ich möchte noch einmal etwas anderes machen.“ Das hätte zu einem früheren Zeitpunkt auch ein Campingplatz sein können – im Laufe der Jahre aber entdeckte Blümel Bedarf an anderer Stelle: Befreundete Familien mit Kindern suchen einen Platz, an dem sie sich treffen und Zeit miteinander verbringen können.

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Den Raum dafür bietet das Richard-Martin-Haus über der Hilchenbacher Siedlung, mit Spielplatz und Minigolfanlage, Wald und Grillplatz. Wohl fühlen könnten dort sich aber auch kirchliche Gruppen mit ihren Freizeiten. Oder Chöre und Musikvereine. Und Wanderer oder Einzelreisende, die etwas mehr als Jugendherberge und etwas weniger als Hotel zum Übernachten suchen. Mehr Menschen haben mehr Freizeit, und womöglich verkleinert sich nun auch in der Zeit nach Corona der Aktionsradius . „Wir sehen das Potenzial“, sagt Cornelius Blümel.

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Das Haus hat, was es dafür braucht. 32 Zimmer, die für Familien auch mit Doppelstockbetten ausgestattet werden können, Säle und Gruppenräume. ein großzügiges Außengelände. Mit Treppenlift und Aufzug ist es sogar fast barrierefrei. Gesucht haben die Blümels im Umkreis von 100 Kilometern ihres Wohnorts. Als er die Gelegenheit in Hilchenbach entdeckte, habe er nicht weiter gesucht, berichtet Cornelius Blümel. „Für meine Idee ist das das ideale Gebäude.“

Wanderwege, Rothaarsteig – „ein sehr interessanter Standort“. Die neue Nutzung und der Anbau von Fluchttreppenhäusern für den Brandschutz müssen noch genehmigt werden. Dann könnte Blümel, der seinen Job im Marketing eines Autoherstellers quittiert, kaufen und loslegen, draußen und drinnen. „Da muss was gemacht werden.“

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Die Geschichte: 1929 als EAB-Heim erbaut

Familie Blümel erwirbt ein Haus mit Geschichte: 1929 wurde es von Richard Martin als Stammhaus des Evangelischen Arbeitervereins gebaut. Martin übernahm das Anwesen in seinen Privatbesitz, um es vor dem Zugriff der Nazis zu schützen. Das Haus wurde als Lazarett genutzt, und nach dem Krieg war es Schülerwohnheim für Aussiedlerschüler, die am Jung-Stilling-Gymnasium Abitur machten – bevor das Wohnheim in der Brachthäuser Straße neu gebaut wurde.

Ende der 1950er Jahre kam das Haus zurück in den Besitz der EAB, die damals noch drei Häuser hatte. Ende 2009 gab die EAB mit Hilchenbach ihr letztes Haus auf – die Übernachtungszahlen waren zu weit zurückgegangen. Das Bedauern des Verbandes war groß: „Das war unser Kronjuwel“, sagte damals EAB-Landesvorsitzender Werner Künkler, „da hängt auch für unsere Mitglieder viel Herzblut dran.“

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Danach gab es Überlegungen, wie das Haus weiter genutzt werden könnte: Zuerst im Gespräch war die Jugendherberge, die dort mit einer Dependance oder gleich komplett hätte einziehen können. Dann ein Haus für Kurzzeit- und Tagespflege.

Einvernehmen erteilt

Per Dringlichkeitsentscheidung hat die Stadt Hilchenbach bereits Anfang April ihr Einvernehmen zu der Bauvoranfrage erteilt. Nach dem positiven Bescheid durch den Kreis kann der Bauherr in die weitere Planung einsteigen und den Bauantrag stellen.

Guido Fuhrmann entwickelte schließlich das Konzept für ein Urlaubsziel der mittleren und älteren Jahrgänge, die den Bingo-Abend in der Bauernstube oder das Boulespiel mit anderen Gästen spannender finden als den Abend allein vor dem Fernsehen. Und die bei Bedarf auch auf Unterstützung durch das Abendfrieden-Personal zurückgreifen können. Genutzt wurde das Haus ab dann aber vor allem als Tagungs- und Veranstaltungsort. Mit dem Rückzug Fuhrmanns aus der Altenpflege-Branche beginnt ein neues Kapitel, mit dem sich Cornelius Blümel auch einen persönlichen Wunsch erfüllt: „Dahin gehen, wo andere Urlaub machen.“ Im – wieder – frisch gebackenen Luftkurort.

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