Netphen. Hier kommt die Geschichte über das Netphener Unternehmen, in dessen Studios die Haincher Wasserburg digital neu geschaffen wurde.
Grüne Wiese, eine Parklandschaft mit Blumenrabatten. Die weiße Burg, die sich im umgebenden Wassergraben spiegelt. Strahlend blauer Himmel mit weißen Wölkchen. Ein Foto von der Haincher Wasserburg, aufgenommen um 1780. „Ein fiktives Kunstbild“, stellt Dr. Volker Loos klar. Kunst, weil man bekanntlich um 1780 noch nicht fotografierte, nicht analog und schon gar nicht digital. Und fiktiv, weil niemand hundertprozentig weiß, wie die Burg damals wirklich ausgesehen hat. Aber es gibt viele gute Gründe, die zu genau diesem Bild geführt haben.
1. Analog: Anfänge mit Siegerländer Geschichte
Man könnte die Geschichte bei Dr. Heinz Dörr beginnen, dem gelernten Fotografen, der 1965 in Netphen die Firma Siegfilm gründete, Lehrfilme für den Schulunterricht produzierte und fürs Fernsehen Filme zu regionalgeschichtlichen Themen, über den Hauberg, die Lohgerberei, die Eisenverhüttung. Oder sogar noch früher bei dessen Großvater Heinrich Dörr, dem Fotografenmeister. Man könnte auch erst bei Heinz Dörrs Tochter, der Mediendesignerin Judith Dörr-Loos, anfangen, die in das längst mit Bau- und Industriefilmen groß gewordene Unternehmen einstieg und die 3-D-Animation und 3-D-Grafik für sich und die Firma entdeckte. Oder gleich mit Sebastian Loos, dem jungen Mediendesigner in der fünften Generation des Familienunternehmens. Aber dann wären wir zu schnell wieder bei der Wasserburg.
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2. Digital: Von Netphen in die ganze Welt
Dann lieber so: Dr. Volker Loos, studierte Kaufmann und promovierter Mittelalterhistoriker , hat Judith Dörr geheiratet und Ende der 1990er Jahre endgültig beruflich umgesattelt. Firmen aus Deutschland bauen seit den Wirtschaftswunderjahren in Deutschland und in aller Welt: Staudämme, Brücken, Tunnel, Autobahnen, Flughäfen.
Von Anfang an lassen sie ihre Arbeit im Film dokumentieren, viele von Siegfilm. Für die Behörden, für die Auftraggeber als technischen Hintergrund. Aber natürlich auch zum Renommieren. „Bis zu neun Monate waren wir in Afrika“, berichtet Volker Loos. Und zum Staudammbau nach China „sind wir zehn Jahre lang immer wieder hingefahren.“ Die Referenzliste reicht von A wie ABB bis Z wie Züblin. „Auf der Baustelle entstehen die Kontakte“, erzählt Volker Loos. Und so machte sich Siegfilm seinen Namen.
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3. Dreidimensional: Fiktive Fräse, echter Highway
Die Holzkamera von Großvater Dörr hat einen der Ehrenplätze im Regal. Ebenso die Arriflex, die in den 1960er Jahren bis nach Südafrika unterwegs war. Immer 16-Millimeter-Film, bis der vom Video und das von der digitalen Kamera abgelöst wurde. Und dann der Ehrgeiz, auch das zu zeigen, was man gar nicht zeigen kann. Weil es das noch gar nicht gibt. Zum Beispiel die Straßenfräse, die ein Anbieter auf den Markt bringen will – ein Fall für die 3-D-Animation.
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Für die Maschine bekommt der Mediendesigner die Daten aus dem Rechner des Konstrukteurs. Beim Lkw, der auf die Baustelle kommt, bei dem Schüttgut, das später von der Straßenwalze verteilt wird, wird das schwieriger. Erst recht bei den Menschen, die als Arbeiter die Animation erst lebendig machen. Die entstehen am Schnittplatz des Mediendesigners: „Das ist wie Kneten“, sagt Robin Weyandt, einer von rund einem halben Dutzend Mitarbeitern im Siegfilm-Team.
Ein schöner Lohn für überzeugende Arbeit ist die Reaktion des Publikums: Wenn die glauben, die Straßenfräse sei auf einen künstlichen Hintergrund montiert worden. Dabei ist der echt. Volker Loos und seine Leute haben den Highway in New Mexico bei irgendeiner Gelegenheit selbst fotografiert, „weil wir wissen, dass wir die irgendwann brauchen.“ Nur die Fräse eben, die gibt es in Wirklichkeit noch gar nicht.
Hier geht es zu der Geschichte des Bildes von der Wasserburg Hainchen.
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