Siegen. Wegen der Coronakrise findet an der Universität Siegen das Sommersemester digital statt. Zwei Studierende berichten von ihren Erfahrungen
Das Studium im Sommersemester an der Universität Siegen ist wegen Corona – vorerst – online und digital. Wie läuft das?
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Positiv überrascht
Trotz Coronakrise soll das Leben möglichst gewohnt weiter verlaufen. Die Einschränkungen betreffen dabei alle Schichten und Berufszweige. Auch ich muss mich auf ein so genanntes Onlinesemester einstellen und die Uni Siegen versucht möglichst effiziente Wege und Möglichkeiten vorzuweisen, damit die Lehre möglichst unbeeinflusst abläuft. Der Selbstversuch zeigt Vor- und Nachteile auf, die mit Onlinekursen einhergehen und führt zu einem unerwarteten Ergebnis.
Statt eines Treffens im Unigebäude wird ein Meeting mit der Software Zoom angesetzt. Das funktioniert sowohl über Mobiltelefon als auch über Laptops und Tablets. Ein Account wird benötigt, der kein Geld kostet, sondern durch Angabe der gängigen Daten, wie zum Beispiel der E-Mail-Adresse erworben wird.
Die Uni arbeitet derzeit an einer Lizenzierung, damit das Programm bedenkenlos und ohne Einschränkungen genutzt werden kann. Die Problematik bei der kostenfreien Version liegt in einer Begrenzung der Meetings auf 40 Minuten, weshalb inmitten eines Vortrags ein neuer Raum geöffnet werden muss, damit die Seminarzeit von 90 Minuten eingehalten werden kann. Neben der Tonübertragung wird auch das Bild der jeweiligen Teilnehmer über Webcam angezeigt. Dadurch entsteht ein ungewöhnliches Gefühl. In mehreren kleinen Fenstern präsentieren sich alle Mitglieder mit Live-Bildern. In meinem Fall waren es zwölf Leute. Jede Bewegung kann dabei wahrgenommen werden, weshalb sich die Situation skurril anfühlte.
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Die Angst, dass der Griff zum Schreibblock oder der Schluck aus der Teetasse beobachtet werden, ist allerdings eine Fehleinschätzung. Schnell gewöhnt man sich an die Situation und merkt, dass sich Augen und Ohren der Kommilitonen dann doch auf die jeweils Vortragenden richten. Sound und Bildqualität waren hervorragend. Selbst vom Mobiltelefon konnten sich die Teilnehmenden problemlos äußern, obwohl sie in ganz Europa verteilt waren: Sie kamen aus Amsterdam, Berlin, Rom, Stockholm, Wien und Siegen. Der Pluspunkt von einer solchen Art des Seminares ist damit offensichtlich. Negativ sind mir unangenehme Pausen aufgefallen, weil niemand genau wusste, wer als Nächstes reden darf. Das wird sich wahrscheinlich bessern. Präsentationen oder andere Schaubilder lassen sich per Mausklick projizieren und sind somit sichtbar für alle.
Meine Erfahrung war also sehr positiv und ich würde Zoom für Onlinemeetings weiterempfehlen. Momentan schreibt das Kontaktverbot die digitale Kommunikation vor, doch auch in kommenden Semestern sollten alternative Möglichkeiten der Lehre in Betracht gezogen werden, damit zum Beispiel auch krankgeschriebene Studierende oder Menschen mit längerer Anreise die Uni digital besuchen können.
Noch skeptisch
Distance-learning an der Uni Siegen: Als ich das zuerst gehört habe, hatte ich geteilte Gefühlen. Auf der einen Seite ist es in der aktuellen Coronakrise mehr als angebracht, auf der anderen Seite sah ich eine Menge Chaos auf die Dozierenden und Studierenden zukommen. Bis heute gibt es für die digitalen Seminare, Vorlesungen und Übungen keine einheitliche Lösung. In dem Corona-Portal der Uni Siegen findet man jedoch die Aussage, dass so weit wie möglich alle Veranstaltungen, die online stattfinden können, dies auch tun werden.
Einer meiner Kurse wird als Blockseminar in den August verschoben, vielleicht in der Hoffnung, dass die Situation sich bis dahin entspannt hat. Es ist aber auch möglich, dass die Lehrende sich mehr Zeit für das digitale Kurskonzept einräumen möchte. In einem anderen Kurs hat sich die Dozentin für das Moodle-Onlineforum entschieden. Die Studierenden sollten zunächst kurze Videos von sich verlinken und auch die Dozentin hat sich vorgestellt. Im weiteren Verlauf werden wir Texte zusammenfassen, Aufgaben abgeben, Test machen und über eine Videoplattform über den Stoff diskutieren.
Natürlich ist das die kreativste Lösung, verlangt aber auch die meiste Arbeit ab. Zunächst muss es einem technisch möglich sein, Videos aufzunehmen und hochzuladen. Wer einen alten oder defekten Computer hat oder sehr schlechten Internetzugang, hat da schon Probleme. Auch die Wohnsituation spielt eine Rolle. Wenn diese Hürden überstanden sind, bleibt das unangenehme Gefühl, dass ein Vorstellungsvideo mit sich bringt. Diese kurzen Runden sind im echten Leben teilweise schon unangenehm, weil man sich in ein paar Sätzen möglichst prägnant präsentieren soll. Durch die Aufnahme und das Hochladen kriegt das ganze noch eine neue Ebene.
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Bisher hatte auch die Dozentin einige Startschwierigkeiten mit dem Medium. Auch bei hundertprozentiger Lautstärke muss man ganz genau hinhören, um sie zu verstehen und die Aufgaben wurden mit einiger Verzögerung hochgeladen. Ich kann ihr jedoch absolut keinen Vorwurf machen. Das E-Learning ist für uns alle Neuland und da kann man, gerade wenn man ein Wagnis eingeht, auch schon mal ein bisschen Zeit brauchen, um sich einzuarbeiten. Ich bin für ihren Einsatz bereits jetzt dankbar, auch wenn nicht alles reibungslos verläuft.
Wenn ich mir etwas von meinen Dozenten wünschen könnte, wären es Transparenz und mehr Kommunikation. Es ist mir wichtig, möglichst früh zu wissen, wie der aktuelle Stand bei Kursen aussieht, auch wenn der Masterplan noch nicht perfektioniert wurde.
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