Deuz. Das Gasthaus Klein hat geschlossen – die Menschen möchten aber trotzdem gut essen. In Netphen-Deuz gibt es dafür einen ausgefuchsten Abholservice

Die Küche wird so schnell nicht kalt im Gasthaus Klein. Probehalber hatten Corinna und Christian Klein-Wagner und ihre Mitarbeiter Ostersonntag ein Festtagsmenü zum Mitnehmen angeboten – und mehr als 100 Essen wurden abgeholt. Das Gasthaus muss in der Krise geschlossen bleiben – aber die Menschen möchten weiter gut essen. Das Ehepaar Klein-Wagner und ihr Team sorgen dafür, dass das weiter möglich ist – eben Zuhause.

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„In den ersten Tagen waren wir völlig entsetzt“, erinnert sich Christian Klein-Wagner – von einem Moment auf den nächsten stand der Betrieb still. „Das Telefon war völlig tot – und wenn es mal klingelte, dann nur für Absagen.“ Den Kopf in den Sand zu stecken kam für das Team aber nicht in Frage. Weitermachen.

Statt Lieferservice gibt es im Gasthaus Klein einen Abholservice

Die Spargelzeit ging gerade los. Und Spargel lässt sich nur schlecht in einen Karton tun und ausliefern – Pizzerien und Imbisse haben es da etwas leichter. So etwas ähnliches wollten sie im Gasthaus Klein auch versuchen – ohne den Lieferdiensten Konkurrenz machen zu wollen, wie Christian Klein-Wagner betont. Erfahrungswerte gab es keine. Sie versuchten es trotzdem. Nicht zum Liefern, sondern zum Abholen.

Die Azubis sind froh, dass sie wieder arbeiten können, sagt der Chef. 
Die Azubis sind froh, dass sie wieder arbeiten können, sagt der Chef.  © Gasthaus Klein

Und es klappt. Mit Spargel, gesottener Kalbszunge oder mit geschmorten Ochsenbäckchen. „Wir haben vor Corona frische Zutaten und regionale Küche angeboten und wollen das auch weiter tun“, sagt Christian Klein-Wagner.

„Man kann das nicht alles auf einen Teller schaufeln“, erklärt der Gastronom – Fleisch, Sauce, Kartoffeln werden alle separat abgefüllt, es gibt eine reduzierte Speisekarte, die von Woche zu Woche wechselt, freitags, samstags und sonntags können Gäste Menüs im Gasthaus Klein bestellen. Ochsenbäckchen zum Beispiel: „Das macht man zuhause eher nicht“, meint er. Einfach weil es richtig lange dauert. „Berufstätige schmoren doch nicht nach Feierabend noch vier Stunden Fleisch.“

Speisen werden im Gasthaus Klein extra für aktuelle Corona-Situation ausgewählt

Spargel lässt sich nicht sonderlich gut warmhalten, also wird er vakuumiert, „wir sagen den Kunden, dass sie einen Topf Wasser auf den Herd stellen sollen, bevor sie losfahren. Und wenn sie wieder da sind, den Spargel vier Minuten in kochendes Wasser – wie ein Kochbeutel Reis.“ Alles andere bleibt bis zuhause heiß. Die Speisen stimmt das Gasthaus Klein darauf ab. Statt Pommes gibt es Bouillonkartoffeln. „Brühduffeln“, sagt der Siegerländer.

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Und auch wenn es Gäste, Inhaber und Mitarbeiter alle lieber hätten, wenn sie bei dem schönen Wetter im Biergarten hinter dem denkmalgeschützten Fachwerkhaus wären – auf gute regionale Küche muss keiner verzichten. „Viele Stammgäste unterstützen uns, dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Christian Klein-Wagner, „die Leute helfen uns durch diese Zeit.“

Die Azubis sind froh über die Arbeit im Deuzer Gasthaus Klein

Alle sind froh, dass sie wieder etwas zu tun haben. Azubis können nicht in Kurzarbeit gehen, die Betriebe haben kaum noch Einnahmen, Klein-Wagner bezahlt seine Auszubildenden selber weiter. Die jungen Leute kommen jetzt wieder für drei Tage die Woche in den Betrieb. Auch wenn die Gaststuben leer sind: Zu tun gibt es genug.

Ausgeklügelte Logistik: Das Essen soll warm und frisch bleiben, Gäste holen die Speisen möglichst punktgenau ab. 
Ausgeklügelte Logistik: Das Essen soll warm und frisch bleiben, Gäste holen die Speisen möglichst punktgenau ab.  © Gasthaus Klein

Alles ist durchorganisiert. Wer im Gasthaus Klein ein Menü bestellt, bekommt einen Abholtermin, an dem das Essen punktgenau fertig ist. Fünf Minuten pro Abholer – man will ja trotz allem ein wenig schwätzen können. Aber die Gäste sollen sich nicht begegnen – Abstand halten. Vorne geht’s zum Haupteingang rein, es wird (idealerweise) bargeldlos kassiert und kurz geschwätzt, und weiter durch den Hausflur zur Essensausgabe.

Warteschlange wird im Gasthaus Klein in Deuz vermieden

Dort wird das Essen schnell verpackt, wenn der Gast vorne zur Tür reinkommt – wie gesagt: Spargel kann man nicht gut warmhalten. Ein gutes Menü soll nicht kalt werden und auch nicht matschig. Die Aluminium-Essensbehälter werden in Papiertüten ausgegeben und der Gast spaziert zum Hintereingang wieder raus. Warteschlange: Sehr unwahrscheinlich.

„Für uns ist das alles auch ein Lernprozess“, sagt Christian Klein-Wagner, es funktioniere aber bislang alles recht gut, auch die Gäste seien mit dieser Lösung zufrieden. Ihm liegt ein wenig die Verpackung quer im Magen – im übertragenen Sinne. Seit Jahrhunderten ist seine Familie im Siegerland in der Gastronomie tätig, „seit 18 Generationen stehen wir für Nachhaltigkeit und regionale Produkte“, sagt Klein-Wagner. Jetzt Wegwerf-Verpackungen aus Alu – „das tut ein bisschen weh“, gibt er zu. Auf die Schnelle ging es leider nicht anders. „Wir hoffen, dass wir das noch besser hinbekommen.“

Eine Übersicht der Gerichte finden Interessierte auf der Facebookseite des Gastronomiebetriebs oder erhalten diese auf Anfrage.

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Die Speisen können unter 02737/59330 oder per E-Mail an vorbestellt und dann nach Terminvereinbarung an der Marburger Straße 7 in Deuz abgeholt werden.

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