Hilchenbach. Vierhasen-Brennerei und Stadtapotheke Hilchenbach tun sich zusammen. Jetzt kommt es auf die Schnaps-Spendierfreude der Bürgern an.
So hatte er sich das eigentlich nicht vorgestellt vor fünf Jahren, als er beruflich umsattelte: vom Bürgermeister zum Edelbrand-Sommelier und zur staatlich geprüften Brennereifachkraft. Preisgekrönt sind die Geiste, Gins und Liköre seiner Vormwälder Vierhasen-Brennerei, die dadurch entstehen, dass Alkohol mit Kräutern verdampft, destilliert und kondensiert. Und jetzt? Jetzt holt er den Alkohol aus den Spirituosen zurück. Damit Dr. Christof Werner in seiner Stadtapotheke daraus Desinfektionsmittel herstellen kann. Denn die werden jetzt mehr gebraucht als der Schnaps.
1. Die Idee: Fusel & Co. wiederverwenden
„In Corona-Zeiten kauft niemand Alkohol“, stellt Hans-Peter Hasenstab sehr nüchtern fest, jedenfalls nicht zum Trinken. „Man hätte das auch anders erwarten können.“ Die Brennblase soll aber trotzdem arbeiten: indem aus Alkoholresten der reine Alkohol herausdestilliert wird. Denn der ist gerade für die Herstellung von Desinfektionsmitteln gefragt. Der Literpreis von einst 20 Euro sei um das Drei- bis Vierfache gestiegen, berichtet Hasenstab. Was sich irgendwann auch mal in den Preisen für die Vierhasen-Erzeugnisse niederschlagen wird. Aber darum geht es jetzt nicht.
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2. Die Anlieferung: Auf Spenden kommt es an
Hans-Peter Hasenstab nimmt fast alles, je hochprozentiger, desto besser. Reste, Fusel, ungeliebte Geschenke, die im Keller Staub ansetzen. Zum Beispiel ein Rest vom Persico, der in einer Apfelkornflasche angeliefert wurde. Oder den Sanddornlikör, den Hasenstab sich für die Vorführung ausgesucht hat. „Den trinke ich nicht, daran brauche ich nicht einmal zu riechen.“ Eine Box für die Alkoholspenden steht im Carport an der Dorfstraße 8 in Vormwald, in Grund sammelt Ortsvorsteher Martin Born mit, in Geisweid Getränke Hoffmann in der Birlenbacher Straße. „Geeignet ist alles außer Sahnelikör“, sagt Hasenstab. Wegen der Reinigung der Blase hinterher. Also weder Baileys noch Eierlikör. Und auch nichts aus der Vierhasen-Brenenrei. „Dann würde ich nachdenklich.“
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3. Die Alkoholgewinnung: Mit Lizenz vom Zollamt
Hans-Peter Hasenstab macht den 110-Liter-Kessel voll: „Ein bisschen was geht da schon rein. Und dann würde ich versuchen, das in vier bis sechs Stunden durchzujagen.“ Deutlich schneller als die Geiste, die Zeit im Aromakorb haben sollen. Hasenstabs Sohn Yann hilft mit; dem Abiturienten ist wegen Corona gerade sowieso ein Praktikumsplatz weggebrochen – für Medizininformatik ist das hier vielleicht auch eine brauchbare Erfahrung, irgendwie. Damit alles seine Ordnung hat, hat sich Hans-Peter Hasenstab beim Hauptzollamt Dortmund die Lizenz zum Brennen geben lassen – denn eigentlich will der Staat mitverdienen: 13,30 Euro Branntweinsteuer je Liter Alkohol.
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4. Die Herstellung des Desinfektionsmittels: Kein Apothekenpreis
Was morgens ankommt, ist abends in der Apotheke fertig aufbereitet, „zumindest die ersten Flaschen innerhalb eines Tages“, sagt Apotheker Dr. Christof Werner. Ein Arbeitstag geht für das Konfektionieren von hundert 100-Milliliter-Fläschchen in der Apotheke auch drauf. „Normalerweise dürfte ich das gar nicht herstellen.“ Jetzt darf er aber – denn wie bisher einfach woanders einkaufen kann er den begehrten Artikel gar nicht. Zumindest nicht zu vertretbaren Preisen: Das mit geschenktem Alkohol hergestellte Mittel gibt Dr. Werner zum Selbstkostenpreis ab, für zwei oder drei statt der 7,95 Euro, die mittlerweile auf dem Markt verlangt werden. Ganz abgesehen von den Mengen, die nicht so ohne weiteres zu haben sind: „Die Nachfrage ist groß.“ Und die Stadtapotheke bedient nicht nur die privaten Kunden, sondern versorgt auch noch Schulen und Stadtverwaltung.
Geschenkter Ökostrom
Für sein Vorhaben – nach dem Vorbild von Kollegen in Nordhessen und am Bodensee – hat Hans-Peter Hasenstab auch einen Sponsor gefunden. Die Maingau Energie, von der Hasenstab den Ökostrom bezieht, berechnet die Energiekosten für die Alkoholerzeugung nicht.
„Wir helfen, wo wir können, um die Krise zu meistern“, sagt Richard Schmitz, Geschäftsführer von Maingau Energie. „Dafür bin ich dankbar“, sagt Hans-Peter Hasenstab. Denn für jede Charge gehen immerhin 75 Kilowatt durch den Stromzähler, das sind 22,50 Euro.
5. Die Rechnungen: Was aus einer Flasche Likör wird
Aus einer 0,7-Liter-Flasche 35-prozentigem Korn, die bei Hans-Peter Hasenstab abgeliefert wird, oder aus zwei Flaschen Likör macht Apotheker Dr. Christof Werner zwei mal 100 Milliliter Desinfektionsmittel. Dazu wird der Alkohol mit reinem Wasser auf 70 oder 80 Prozent reduziert, je nach Produkt. Um Corona-Viren abzutöten, sind mindestens 62 Prozent erforderlich. Drei Milliliter Lösung werden je Desinfektion verbraucht, sodass die Flasche Likör am Ende für gut 30 Desinfektionen gereicht haben wird. Und zu Hause im Keller ist wieder Platz.
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