Hilchenbach. Am Mittwoch hat der Beigeordnete und Kämmerer seinen letzten Arbeitstag im Hilchenbacher Rathaus. 20 Jahre war Udo Hoffmann im Amt.
Seinen Abschied hat er sich bestimmt anders vorgestellt: mit einer anständigen Pressekonferenz für seinen 21. Haushaltsplan, mit einer richtigen Haushaltsdebatte im Rat, mit einem Ausstand für die Kollegen am Mittwoch, seinem letzten Arbeitstag. Corona war dagegen. Kämmerer Udo Hoffmann geht ein bisschen sang- und klanglos. Was den zweiten Mann in der Rathaus-Chefetage nicht aus der Fassung bringt. Wie so vieles andere auch nicht, seit er dieses Büro am 1. Juli 2000 bezogen hat. Genau 20 Jahre wird der dann 65-Jährige im Dienst der Stadt Hilchenbach gestanden haben, wenn er zum 30. Juni ganz offiziell ausscheidet. Drei Mal ist er zum Beigeordneten gewählt worden. Zwei achtjährige Amtszeiten hat er voll gemacht, die letzte halb.
Vor Hilchenbach: Freudenberg – und beinahe Polizist
Eigentlich wollte der gebürtige Freudenberger Polizist werden. Die Aufnahmeprüfung hat er bestanden, den Gesundheitscheck nicht. Bei der Bezirksregierung Köln wurde er Diplom-Verwaltungswirt, an der Uni in Siegen arbeitete er sechs Jahre im Personaldezernat, bevor er 1985 in der Verwaltung seiner Heimatstadt anfing. Erst im Bauamt, dann in der Kämmerei. „Wer Verwaltung macht, muss überall einsetzbar sein.“ 1995 wurde er dort Stadtkämmerer.
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Als die Wähler vier Jahre später erstmals der CDU die Fäden in die Hand drückten, wurde der SPD-Mann nachdenklich: „Ich weiß nicht, wie meine Chancen auf Wiederwahl ausgesehen hätten.“ Die Anfrage aus Hilchenbach kam zur rechten Zeit: Dort war Stadtkämmerer Günter Schlabach gerade zum Bürgermeister gewählt worden. Udo Hoffmann bewarb sich mit Erfolg, verkaufte das Haus in Bühl und zog mit der Familie nach Dahlbruch um. „Gemarkungsmäßig ist das eigentlich Allenbach“, sagt Udo Hoffmann über die Lage des Bauplatzes für das neue Eigenheim. So viel Genauigkeit muss sein.
In Hilchenbach: Nicht nur Herr der Zahlen
Bürgermeister, wie es sich die SPD vorgestellt hatte, wurde Hoffmann nicht. Er blieb die Nummer 2, erst hinter Günter Schlabach, ab 2004 hinter Hans-Peter Hasenstab und seit 2014 hinter Holger Menzel. Unwohl gefühlt hat er sich da nicht – in der notorisch klammen Stadt hat ein Kämmerer großen Einfluss, Begehrlichkeiten abzuweisen. Obwohl: „Hilchenbach leistet sich relativ viel dafür, das wir in dieser Situation sind“, sagt er, „die Infrastruktur spiegelt nicht unbedingt Finanzschwäche wider.“ Ein anderer hätte jetzt gesagt, dass das Städtchen mit Theater und drei Bädern über seine Verhältnisse lebt.
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Udo Hoffmann ist kein Herr der Zahlen. Er habe sich als „politischer Kämmerer“ verstanden, sagt er. Soll heißen: Der Blick reicht über das bloße Zahlenwerk weit hinaus. Was schon die breit gefächerte Zuständigkeit für Schule, Soziales, Sport, Ordnung und Personal, zeitweise auch für Kultur und Wirtschaftsförderung gebietet. Deshalb hat er sich auch dem Kulturellen Marktplatz nicht in den Weg gestellt – obwohl er, nach eigenen Prioritäten befragt, zuerst die Erneuerung des Kunstrasens in Dahlbruch und dann die Straßensanierung nennt. „Aber ich finde es auch toll, dass wir ein Kino haben.“
Zur Person
Udo Hoffmann wurde 1955 in Freudenberg geboren; er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er besuchte die Realschule in Freudenberg, die Höhere Handelsschule in Siegen und absolvierte den Vorbereitungsdienst in der Landesverwaltung bei der Bezirksregierung in Köln.
Der Hilchenbacher ist auch überregional gefragt: Im NRW-Städte- und Gemeindebund ist er Mitglied in drei Ausschüssen, im Deutschen Städte- und Gemeindebund im Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Verkehr.
Weil Udo Hoffmann nicht ausschweift, bietet er auch selten Reibungsflächen – seine selten gewordenen sarkastischen, oft nur halblauten Nebenbemerkungen vorne vom Präsidiumstisch im Ratssaal sind aber legendär. Er könnte Bände erzählen, wenn er nur wollte: über die Bäderaffäre, die zwei anschaffungswütige Schwimmmeister den Job kostete. Über den Kampf um Kraemers Park, wo nun der Netto-Discountmarkt steht. Und über den Skandal um den städtischen Bauhof, als vor zehn Jahren eine Kolonne als „Sadisten von Hilchenbach“ bundesweit Schlagzeilen machte. Lieber spricht Hoffmann über die Agenda 21, mit der Hilchenbach zur Klimakommune aufstieg, über Stadtmarketing und Kultur Pur, über die Errichtung der Realschule und die Bewältigung der Flüchtlingskrisen. Da ist er ganz Verwaltungsmann.
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Nach Hilchenbach: Rückkehr nicht ausgeschlossen
Die Zeit nach Hilchenbach wird es nicht geben. Die Hoffmanns bleiben, legen sich E-Bikes zu. Udo Hoffmann bleibt sportlich beim TuS Dahlbruch. Und politisch – auch daraus macht er kein Geheimnis: Wenn die SPD ihn fragt, kandidiert er im September für den Rat. Also ein Abschied nur für heute, auch in Zeiten von Corona ohne Begleitung zum verriegelten Rathausausgang: „Raus kommt man immer.“
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