Siegen. In Siegen öffnet eine Praxis für Corona-Patienten. Sie sollen dort medizinisch versorgt werden, während andere vor der Infektion geschützt werden
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) eröffnet am Donnerstag, 16. April, ein COVID-19-Behandlungszentrum (CBZ) in der Alten Hammerhütter Schule, Koblenzer Straße 90, in Siegen. In dem provisorisch als Hausarztpraxis eingerichteten Zentrum sollen an Corona erkrankte Menschen medizinisch versorgt werden. So sollen andere Patienten und Ärzte vor dem Kontakt mit Infizierten geschützt werden, die Corona-Patienten sollen sich aber auch gut aufgehoben fühlen.
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Die Praxis in Siegen
Optisch sieht es im Behandlungszentrum noch immer eher nach Schule als nach Arztpraxis aus. An der Tafel sind noch Reste von Kreide zu sehen, im Raum steht schultypisches Mobiliar und im Regal in der Ecke findet sich eine Auswahl an Spielen. Doch Schrank und Tafel sind mit Folie abgeklebt und davor steht eine Krankenliege. Eine provisorische Holzwand trennt das Behandlungszimmer von einem Empfangsraum, der darin befindliche Computer ist mit einer modernen Praxissoftware ausgestattet.
„Die Praxis ist mit einer kompletten Notfallausrüstung nach KVWL-Standard ausgerüstet“, erklärt Dr. Martin Junker, Leiter der KVWL-Bezirksstelle Lüdenscheid. Jeder Hausarzt finde hier alles, was er für die Behandlung brauche, erläutert Junker. Es gehe nicht um Hochglanz, ergänzt Stefan Spieren, stellvertretender Leiter der Bezirksstelle, sondern darum, dass man auch als Corona-Patient eine ordentliche Behandlung bekommen könne. Das Behandlungszentrum in Siegen ist das zweite im Kreis, das erste wurde in der vergangenen Woche in Olpe eröffnet. Die ersten Patienten dort seien überaus dankbar gewesen, erzählt Spieren.
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Das Gebäude für das CBZ stellt die Stadt Siegen zur Verfügung. „Der Kampf gegen das Coronavirus kann nur mit schnellem, entschlossenem und solidarischem Handeln gewonnen werden“, sagt Bürgermeister Stefan Mues. „Wir als Stadt Siegen haben daher keine Minute gezögert, als wir gebeten wurden, eines unserer Gebäude für die Einrichtung dieses neuen Zentrums zur Verfügung zu stellen.“ Die Kosten für das Gebäude teilen sich die Stadt und der Kreis Siegen-Wittgenstein, die Ausrüstung bezahlt die KVWL.
Die Corona-Patienten
Das Behandlungszentrum ist für Menschen, die an Corona erkrankt sind, oder die kürzlich einen Test gemacht haben und noch auf das Ergebnis warten. Infizierte sollen nicht als „Streuer“ in normale Praxen gehen, erklärt Martin Junker. Eine unangenehme Lage, sowohl für die Ärzte, die ihre Patienten und ihr Personal schützen müssen, als auch für die Kranken. Wenn nur ein Infektion in einer Arztpraxis auftrete, müsse diese für zwei Wochen geschlossen werden, so Junker, was angesichts der ohnehin schon unzureichenden Anzahl der Hausärzte fatal wäre. Auch Krankenhäuser müssen vor Infektionen möglichst geschützt und außerdem möglichst entlastet werden.
Kassenärztliche Vereinigung
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) vertritt mehr als 15.000 niedergelassene Ärzte im ihrem Gebiet und ist für die medizinische Versorgung der Bürger verantwortlich.
Die zusätzlichen Kosten für die KVWL durch die Corona-Pandemie betragen laut Dr. Martin Junker in NRW monatlich über 7,5 Millionen Euro.
Weitere Informationen zu den KVWL-Behandlungszentren gibt es unter www.kvwl.de/coronavirus
„Keiner will sie mehr“, fasst Junker die Misere der Infizierten zusammen. Das Corona-Behandlungszentrum soll dieses Problem lösen. Hierhin können sich die Infizierten wenden, die ärztliche Betreuung brauchen – wegen Corona-Beschwerden oder davon unabhängigen medizinischen Problemen. „In der ersten Woche in Olpe sind etwa zwei Drittel der Patienten mit Corona-spezifischen Beschwerden gekommen“, sagt Stefan Spieren, wobei das teilweise schwierig zu trennen sei, da immer noch lange nicht alles über das Virus bekannt sei.
Der Ablauf im Corona-Behandlungszentrum
Corona-Patienten können sich telefonisch unter 0271 700 149 99 oder unter www.notfallpraxis-siegen.de melden und erhalten zeitnah einen Termin. Geöffnet ist das CBZ jeden Tag, auch am Wochenende, zwischen 18 und 19 Uhr. Die Terminvergabe ist wichtig, damit nicht zu viele Menschen auf einmal in der Praxis sind. Die Hygienebestimmungen müssen auch hier ernst genommen werden, um Personal und nicht infizierte Patienten zu schützen. Deshalb sollen die Patienten auch Masken tragen, wer keine besitzt, kann in der Praxis eine bekommen.
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Im CBZ sind alle Leistungen möglich, die auch in einer Hausarztpraxis erbracht werden können, von der Ausstellung von Rezepten über Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis zur Einweisung in ein Krankenhaus, die Terminvergabe erfolgt nach Dringlichkeit.
Ausdrücklich nicht gedacht ist das Behandlungszentrum für Corona-Tests, die übrigens auch nicht in Hausarztpraxen durchgeführt werden sollen. Das geschehe manchmal leider, sagt Martin Junger, vermutlich auf Druck der Patienten. Doch eigentlich solle das nur an den dafür vorgesehenen Stellen durch die Diagnose-Teams des Kreises geschehen. „Wir brauchen den Überblick, um die Durchseuchung im Blick zu behalten.“
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Die Praxis erreichen können die Patienten nach aktuellem Stand nur mit dem eigenen PKW, auch wegen einer Anweisung aus Düsseldorf. „Das ist mir unverständlich“, ärgert sich Junker. Man arbeite bereits an einer Lösung mit den örtlichen Hilfsdiensten, um in Notfällen auch Patienten abholen zu können.
Ärzte aus Siegen und Umgebung
Den Dienst im CBZ übernehmen Hausärzte aus der Region. „Entscheidend ist, dass wirklich nur Fachärzte behandeln“, erklärt Stefan Spieren. Er freue sich, dass viele erfahrene Hausärzte bereit stünden, die mit der Ausrüstung gut umgehen und eine gute Behandlung der Patienten garantieren könnten. Der Dienstplan sei schon so lange vorbereitet, wie nötig, sagt Spieren, man plane genau so weit im Voraus wie die Bundesregierung.
Was seine Kollegen in den vergangenen Wochen seit Ausbruch der Corona-Pandemie geleistet hätten, im Hinblick auf die Umstellung auf digitale Praxen, sei herausragend, lobt Spieren die Hausärzte. Kein Patient sei außerdem nicht behandelt worden, unabhängig vom potenziellen Risiko. Auch die Patienten gingen sehr verständnisvoll mit der Situation um, lobt Junker auch diese. Für beide Seiten sei die Einrichtung eines CBZ eine gute Lösung.
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