Siegen. Wegen Corona finden am Landgericht Siegen kaum Verhandlungen statt. Im Prozess um eine Vergewaltigung in Kreuztal gibt es aber jetzt das Urteil.

Da die Verhandlung nicht länger unterbrochen werden sollte, wurde trotz der Corona-Pandemie nun in Siegen der Prozess um eine Vergewaltigung in Kreuztal abgeschlossen. Es war kein schöner Anblick, der sich den herbeigerufenen Polizisten am Abend des 25. Oktober 2019 in einem Sportlerheim in Kreuztal bot. Eine junge Frau saß dort, „mit verschmutzter Kleidung, zerzaustem Haar, weinend und zitternd“. Mit diesen Worten fasst die Vorsitzende Richterin der 1. Großen Strafkammer den Zustand der 22-Jährigen zusammen, die kurz zuvor vergewaltigt worden war. Der Täter muss dafür sowie für eine Körperverletzung und einen Diebstahl vier Jahre ins Gefängnis.

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„Wir glauben der Frau S.“, ist der entscheidende Satz der Urteilsbegründung an diesem Montagmittag im Gerichtsgebäude. Weil die Verhandlung gut drei Wochen unterbrochen war, kann das letzte Wort des Angeklagten erst kurz vor der Verkündung gehört werden. Es tue ihm leid, was geschehen sei, lässt der gebürtige Rumäne (26) durch die Dolmetscherin erklären.

Vergewaltigung in Kreuztal: Angeklagter wollte angeblich nur Handy stehlen

„Ich schwöre bei Gott, dass es nie meine Absicht war, sie zu vergewaltigen“, sagt der Mann weiter. Er habe nur das Mobiltelefon stehlen wollen, keinerlei andere Absichten gehabt. Und er könne mit Sicherheit sagen, „dass mein Körper ihren nicht berührt hat“. Diese Darstellung sei durch die Aussage des Opfers widerlegt, stellt Elfriede Dreisbach fest und betont die klare Beschreibung, die von der Zeugin schon am Tattag gegeben worden sei.

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Das darauf beruhende Phantombild habe am 31. Oktober zur Verhaftung des nunmehr Verurteilten geführt. Die Aussage werde durch aufgewühlte Erde am Tatort gestützt, durch den Zustand der jungen Frau und auch durch eine Freundin. Da hatte sich das Opfer vor der Tat aufgehalten und keine Verletzungen aufgewiesen.

Gericht: Zwischen Täter und Opfer hatten keinen Kontakt vor der Tat

Der Angeklagte hat nach Überzeugung des Gerichts spätestens beim ersten Anblick seines nahenden Opfers den Entschluss gefasst, sie zu vergewaltigen. Der Mann, der nach bewegtem Leben nach Kreuztal zu einem Verwandten gekommen war, um in der Brauerei zu arbeiten, habe im Ermittlungsverfahren den Geschlechtsverkehr sogar zugegeben, stellt Elfriede Dreisbach außerdem fest.

Zutritt nur nach erhöhtem Aufwand

Die Verhandlung, eine der wenigen in Zeiten von Corona, steht im Zeichen der Ausnahmelage. Wer das Gerichtsgebäude betritt, muss in der Eingangsschleuse ein Formular mit Namen und Adresse ausfüllen, den Saal angeben, den er aufsuchen möchte und versichern, nicht krank zu sein.

Die Kammer, zwei Richter und zwei Schöffen, sitzt „auf Lücke“, mit je einem leeren Stuhl zwischen zwei Personen. Der Publikumsverkehr soll weiterhin möglichst eingeschränkt bleiben. Richterin Elfriede Dreisbach geht davon aus, dass sich auch in Sachen Burbach-Verfahren „vor dem 20. April nichts tut“.

Die Siegerlandhalle sei geschlossen und stehe mithin nicht zur Verfügung. Für den Saal 165 seien es immer noch zu viele Beteiligte, um eine entsprechende Abstandsregelung ermöglichen zu können. „Einige Anwälte machen das garantiert nicht mit“, ist die Kammervorsitzende sicher.

Durch eine Neuregelung der Fristen kann die Hauptverhandlung nun deutlich länger unterbrochen werden als bisher. Ein Monat wäre bereits jetzt möglich gewesen, soweit vorher an zehn Tagen verhandelt wurde. „Jetzt sind es zwei Monate zusätzlich“, erklärt Elfriede Dreisbach.

Wenn auch unter der Prämisse, die junge Frau bereits länger gekannt, mit ihr gechattet und auch am selben Ort mehrfach einvernehmlichen Verkehr gehabt zu haben. Dort seien sogar Kondome und Unterwäsche von ihr aufzufinden. Die entsprechende Suche der Polizei sei jedoch ohne Ergebnis geblieben. Chatverläufe auf dem Tablet des Mannes hätten keinen Kontakt zum Opfer bewiesen. Die Kammer gehe klar davon aus, dass es keine vorherige Bekanntschaft gegeben habe.

DNA unter dem Fingernagel des Opfers gefunden

Dass bei der Aussage der Überfallenen kleinere Abweichungen vorgekommen seien, etwa über die genaue Zahl der Tritte gegen ihren Kopf und Körper, wertet die Richterin als positiv: „Wir wären eher misstrauisch geworden, wenn sie immer die gleichen Worte gebraucht hätte.“ Die wesentlichen Dinge seien konstant geblieben, während der Täter schon kurz nach dem Vorfall das gestohlene ‚Handy’ einem alten Bekannten zum Verkauf angeboten habe, „wohl zur Vertuschung“. Als „kleines Indizchen, ganz am Rande“, nennt Dreisbach auch noch eine DNA-Spur, die unter einem Fingernagel des Opfers gefunden wurde und dem Mann zumindest grob zugeordnet werden könne.

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Angeklagter war in Italien bereits wegen Diebstahl in Haft gewesen

In Italien sei er einmal sechs Monate wegen Diebstahls im Gefängnis gewesen, hat der Täter ausgesagt. In Deutschland gibt es noch keine Vorstrafen in den Akten. Das reiche aber nicht, um in diesem Geschehen einer „klassischen Vergewaltigung“ von einem minderschweren Fall auszugehen, verteidigt die Vorsitzende die relativ hohe Gefängnisstrafe. Staatsanwältin Katharina Burchert hatte sogar noch zehn Monate mehr beantragt, während Verteidiger Jörn Menzel vor drei Wochen um „eine milde Strafe“ bat.

Das geklaute Mobiltelefon sowie das im Tausch dafür bekommene Tablet muss der Täter abgeben, die erlangten 25 Euro werden auch eingezogen.

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