Hilchenbach. Der Hauptausschuss wird anstelle des Rates am Mittwoch den Haushalt verabschieden – möglicherweise nun doch ohne Steuererhöhungen.

Es ist sein 20. Haushaltsplan für Hilchenbach – und zugleich der letzte. Das Pressegespräch, in dem er hätte Bilanz ziehen können, wurde abgesagt, und auch dem Rat wird Kämmerer Udo Hoffmann in Sachen Stadtfinanzen keine letzten Worte vor seinem Ruhestand mit auf den Weg geben können. Für den Beschluss der Haushaltssatzung am Mittwoch, 1. April, um 17 Uhr im Ratssaal ist ausnahmsweise nur der Hauptausschuss eingeladen.

Die aktuelle Stimmung

„Die Zahlen sind Makulatur“, sagt André Jung (CDU). Der CDU-Fraktionschef erwartet, dass die Steuererhöhungen (Gewerbesteuer von 440 auf 445, Grundsteuer von 490 auf 520 Prozent) nicht beschlossen werden. Angesichts der Existenznöte der Steuerzahler sei „dieses Signal völlig falsch“.

Haushaltssicherungskonzept und damit auch der Haushalt selbst würden wohl ohne die Steuererhöhung nicht genehmigt, glaubt Helmut Kaufmann (SPD): „Aber was hat das zurzeit für einen Wert?“ Ähnlich Ernst Heinrich Hofmann (FDP): „Vor dem Begriff Nothaushalt habe ich keinen Respekt. Was wir einmal als Haushalt beschließen wollten, hat eigentlich keine Relevanz mehr.“ Zustimmung zu einem Verzicht auf die Steuererhöhung signalisiert Dr. Peter Neuhaus (Grüne): „Wenn das rechtlich möglich ist.“

Sven Wengenroth (Linke) rechnet nicht damit, dass der für 2022 vorgeschriebene Haushaltausgleich noch erreicht wird „Die Gewerbesteuern werden wegbrechen.“ Heinz Jürgen Völkel (UWG) erwartet, dass das Land die nicht nur in Hilchenbach ablaufende Zehn-Jahresfrist sowieso verlängert: „Das haben wir schon einmal erlebt.“ Völkel gehört zu den Ratsmitgliedern, die das Anberaumen von Sitzungen generell ablehnen: „Ich gehe da auf keinen Fall hin“, sagt Völkel, der sich selbst als 73-Jähriger zu einer Corona-Risikogruppe zählt.

Im Ältestenrat, in dem Fraktionsvorsitzende und Verwaltungsspitze unter Ausschluss der Öffentlichkeit zusammenkommen, gab es am Montagnachmittag keine Einigung: Die Runde beauftragte den Bürgermeister, bei der Kommunalaufsicht nach den Chancen zu fragen, den Etat ohne Steuererhöhung genehmigt zu bekommen. Vertreten waren allerdings nur drei der sechs Fraktionen; den anderen war die Teilnahme wegen Corona zu riskant. Zu erwarten ist, dass der Hauptausschuss am Mittwoch in Kampfabstimmungen geht. Um die Sitzung kurz zu halten, sollen keine Haushaltsreden gehalten und auch keine anderen Diskussionsbeiträge zugelassen werden.

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Die Finanzlage

  • Streitthema in den letzten Wochen war die Grundsteuer. Von 490 auf 520 Prozent sollte der Hebesatz nun erhöht werden – dafür gab es bereits ein einstimmiges Votum des Hauptausschusses. Kämmerer Hoffmann hatte seinen Vorschlag – 620 Prozent – nicht durchsetzen können. Mit dem Etat beschließt der Rat auch das Haushaltssicherungskonzept, in dem dargestellt wird, wie Hilchenbach bis 2022, dem gesetzlich letztmöglichen Zeitpunkt, den Haushaltsausgleich schaffen will: mit „deutlichen Anhebungen“ bei der Grundsteuer. Konkret eingeplant sind auch für 2021 und 2022 jeweils 30 Prozentpunkte mehr, sodass der Hebesatz dann bei 580 Prozent landet. Dadurch sollen die Grundsteuereinnahmen von 2,7 Millionen Euro im Jahr 2019 auf 4,2 Millionen im Jahr 2022 steigen.

  • Außerdem eingeplant wird eine „langsame Erholung“ bei der Gewerbesteuer von zuletzt nur noch 2,5 Millionen auf 6,8 Millionen Euro 2022. Auch da ist eine Anhebung des Hebesatzes von 440 auf 445 Prozent in diesem Jahr mit eingerechnet.

  • Erhöht wird die Hundesteuer: von 84 auf 90 Euro für einen Hund, von 96 auf 120 Euro je Hund bei zwei Hunden und von 108 auf 132 Euro je Hund bei drei und mehr Hunden.

  • 10 Seiten lang ist eine Kürzungsliste mit kleinen Beträgen von 500 bis 10.000 Euro, die insgesamt zu Einsparungen von knapp 100.000 Euro führen sollen.

Unter dem Strich soll das dazu führen, das 2022 mit einem hauchdünnen Überschuss von 44.900 Euro der Haushaltsausgleich soeben erreicht wird. Die allgemeine Rücklage, die 2009 noch mit 57 Millionen Euro gefüllt war, wird bis dahin auf 12,6 Millionen Euro abgeschmolzen sein. Erst vor kurzem hat die Gemeindeprüfungsanstalt die Stadt daher vor der drohenden Überschuldung gewarnt.

Dazwischen liegt eine finanzielle Berg- und Talfahrt. Zwei Mal seit Einführung des „Neuen Kommunalen Finanzmanagements“ 2008 war die Stadt im Nothaushalt, fünf Mal schloss sie aber auch mit Überschüssen ab – die Gewerbesteuer erreichte Höchststände von 23 Millionen Euro im Jahr 2012 und 18,4 Millionen Euro im Jahr 2014.

Investitionen

Knapp 4 Millionen Euro sieht der Etat an Investitionen vor:

  • Größter Einzelbetrag sind 700.000 Euro für den Kulturellen Marktplatz. Insgesamt bringt die Stadt rund 4,2 Millionen Euro dafür aus. Die Gesamtkosten betragen 10 Millionen Euro, der Rest wird durch Landeszuschüsse und Spenden aufgebracht.
  • 360.000 Euro kostet die Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses Vormwald.
  • Mit 355.000 Euro schlägt die Renaturierung des Wälderbachs zu Buche, 90 Prozent der Kosten sind durch einen Zuschuss gedeckt.
  • 252.000 Euro beträgt der städtische Anteil am Ausbau der B 508 für Gehwege und Beleuchtung; an den Kosten werden die Anlieger beteiligt.
  • Für 140.000 Euro werden die Technikräume der Carl-Kraemer-Realschule erweitert, das Geld aus dem Gute-Schule-Programm des Landes war ursprünglich für einen neuen Brennwertkessel vorgesehen. Der wird nicht mehr benötigt, nachdem das Nahwärmenetz für den Schulhügel in Betrieb gegangen ist.

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