Hilchenbach. Die Gemeindeprüfungsanstalt gibt „dringliche Empfehlungen“: höhere Steuern, höhere Gebühren, KAG-Beiträge.

Die Gemeindeprüfungsanstalt gibt der Hilchenbacher Politik die „dringliche Empfehlung“, auf ihren Kämmerer zu hören und sich der vorgeschlagenen Erhöhung der Grundsteuer nicht länger zu verweigern: „Sie laufen auf die Überschuldung zu, Sie werden handlungsunfähig“, warnte Prüfer Heinrich Josef Baltes im Hauptausschuss. Kämmerer Udo Hoffmann hält – stufenweise bis 2022 – eine Anhebung der Grundsteuer auf 820 Prozent für erforderlich. Der Hauptausschuss hatte zuletzt einer Erhöhung von 490 auf 520 Prozent zugestimmt.

Die Prüfung

Turnusmäßig prüft die Gemeindeprüfungsanstalt alle Kommunen in NRW. Der Bericht geht an die Kommunalaufsicht, der Rat muss dazu Stellung nehmen.

Gute Sekretärinnen

Nur ein gutes Haar haben die Gäste der Gemeindeprüfungsanstalt gelassen – und das haben sie in den Sekretariaten Schulen gefunden: Was die Zahl der Schüler angehe, für die je eine Sekretärin eingesetzt sei, sei Hilchenbach „sehr gut aufgestellt“. Diese Zahl ist nämlich, im Vergleich zu den anderen 193 Kleinstädten im Land, hoch, erfuhr der Hauptausschuss.

„Großen Handlungsbedarf“ sah Prüferin Sabine Jary: Das Eigenkapital schwinde, die Stadt hänge von wenigen Gewerbesteuerzahlern ab, die Kassenkredite steigen. „Die Lage ist sehr ernst.“ Heinrich Josef Baltes hatte sich die Straßen angesehen, die zu 77 Prozent „abgenutzt“ seien: „Sie haben das ganze Vermögen nur noch neun Jahre.“ In den Erhalt, für den sie KAG-Beiträge erheben müsste, investiere die Stadt nichts, für die Unterhaltung gebe sie unterdurchschnittlich wenig aus. „Das können Sie auf Dauer nicht durchhalten.“ Ähnlich der Befund für den offenen Ganztag an den Grundschulen: Da bringe die Stadt eine „freiwillige Mehrleistung“ von 280 Euro pro Schüler und Jahr auf.

Konkret empfiehlt die Gemeindeprüfungsanstalt:

Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) in der Heinsberger Straße und später auch in der Siedlung.

Veränderungen in der Kalkulation der Abwasser-, Straßenreinigungs- und Friedhofsgebühren. Die Stadtwerke könnten – so die Rechnung der Prüfer -- durch eine Gebührenerhöhung 400.000 Euro Gewinn erwirtschaften und an die Stadtkasse abführen.

Die Übertragung des Winterbach-Sportplatzes an einen Verein. Allein das, Heinrich Josef Baltes, würde die im städtischen Haushalt ablesbaren Kosten für die Sportplätze von 2,43 auf 0,79 Euro je Quadratmeter drücken. „Sie müssen sich sehr gut überlegen, was Sie sich leisten können.“ Rechnerisch wäre auch eine halbe Sporthalle überflüssig – diese Einsparung halten die Prüfer aber nicht für realisierbar.

Die Neuausschreibung des offenen Ganztags, die Erhöhung der Elternbeitrags – und den Abbau des eigens für die Ganztagsbetreuung gemieteten Containers an der Florenburgschule. Der, so Baltes, sei „nicht erforderlich“.

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Die Reaktionen

Die Ratsfraktionen reagierten verschnupft auf den Vortrag. Das alles sei „nichts Neues“, sagte Arne Buch (CDU). An der Finanzlage der Stadt änderten die Empfehlungen „letztlich nichts“, sagte Lukas Debus (SPD), „am eigenen Schopf können wir uns da nicht rausziehen.“ Da es anderen Gemeinden ähnlich gehe, werde das Land handeln müssen, bevor die Kommunen 2022 reihenweise ihre Haushaltssicherungsziele verfehlen und in den Nothaushalt abstürzen.

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„Sie haben aber auch eine eigene Verantwortung“, erwiderte Sabine Jary. Und Dagmar Klossow, Abteilungsleiterin bei der Gemeindeprüfungsanstalt, verwies auf den Gesetzestext: Die Gemeindeordnung schreibe vor, dass die Stadt ihren Haushalt auszugleichen habe. Da treffe wohl „Theorie auf Wirklichkeit“, merkte André Jung (CDU) an. Selbst steuern könne die Stadt nur den kleinen, freiwilligen Teil ihrer Ausgaben. Würden die gestrichen und zum Beispiel Bäder oder Theater aufgegeben, „dann würde die Stadt unattraktiv“, sagte Jung, „den Bevölkerungsrückgang würde man damit beschleunigen“. Den wiederum hatten die Prüfer gleich zu Beginn als eines der großen Probleme der Stadt genannt. Nach der Begrüßung durch Dagmar Klossow: „Ich bin sehr gespannt, wie Sie sich auf den Weg machen werden.“

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