Siegen. Erhöhtes Risiko und wegen Corona viel zu tun: Ein Biomarkt aus Siegen zahlt seinen Mitarbeitern mehr Lohn – steuerfrei, wünscht sich der Inhaber.

Der Biomarktbetreiber Klaus Wolf zahlt seinen Beschäftigten in der Corona-Krise eine Sonderzulage. „Die letzten Wochen waren im Lebensmittelhandel körperlich und psychisch für alle aktiven Mitarbeitenden äußerst stressig und anstrengend“, schreibt der Inhaber von Denn’s Biomarkt an der Weidenauer Straße in Siegen. Er habe sich daher entschieden, eine „Gefahrenzulage“ zu zahlen und appelliert an die Verantwortlichen, diese Zulage sozialversicherungs- und steuerfrei zu machen.

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Die Gefahrenzulage für die Beschäftigten bei Denn’s Biomarkt in Siegen

Die Beschäftigten im Lebensmittelhandel stünden im direkten Kontakt mit den Kunden und seien dem Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus ähnlich ausgesetzt wie etwa Pflegepersonal, so Wolf. Dagegen würden die Schutzmaßnahmen auch nur bedingt helfen. „Auch wenn sich unsere Kunden vorbildlich und diszipliniert verhalten“, lobt der Biomarktbetreiber.

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Er zahlt einen Zuschlag von etwa 20 Prozent zum Lohn – auch als Anerkennung „für das großartige Engagement unseres Teams in dieser Krisenzeit“. „Ich fände es angebracht, wenn diese Sonderzahlung versicherungs- und steuerfrei sein könnte!“, findet der Geschäftsmann.

Er sei der Ansicht, dass diejenigen, die jetzt die Versorgung der Bevölkerung aufrechterhalten – und dazu gehörten eben auch die Beschäftigten im Lebensmittelhandel, die zudem relativ niedrige Löhne erhalten – auch vom Staat diese kleine Vergünstigung erfahren sollten. Wolf glaubt, dass das auch als Motivation für andere Arbeitgeber dienen könne, ebenfalls eine Sonderzahlung oder „Gefahrenzulage“ zu zahlen.

Vorsichtsmaßnahmen wegen Corona: Plexiglas, Reinigung und Desinfektion

Als es losging mit dem Hamstern und Horten, „da war es schon extrem, auch bei uns“, sagt Klaus Wolf. „Wir kamen mit der Arbeit kaum noch hinterher und die Lieferanten mit der Ware nicht.“ Seine Leute mussten dem Ansturm der Kunden begegnen, die Schutz- und Hygienemaßnahmen einhalten, dazu kam die eigene Unsicherheit, wie man sich richtig verhält. „Das war nicht immer ganz einfach“, berichtet Wolf – und die allermeisten Kunden seien sehr freundlich und verständnisvoll für die Situation gewesen. Von Kollegen habe er gehört, dass sie die Polizei rufen und Sicherheitsdienste engagieren mussten.

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Neben der eigentlichen Arbeit kamen die Vorsichtsmaßnahmen, das betrifft auch die Beschäftigten, die zum Beispiel beim Einräumen der Waren in die Regale eng zusammenarbeiten. Oder auch nah an die Kunden herankommen. Einbahnstraßenregelung zur Kontaktvermeidung mussten aufgebaut, Klebestreifen zur Markierung aufgebracht, Plexiglasscheiben an den Kassen montiert werden. Dazu die Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten: „Wir machen das sowieso immer – aber jetzt nicht mehr zwei Mal am Tag, sondern stündlich oder noch öfter“, sag Klaus Wolf.

Corona: Wer viel arbeitet, sollte keine Lohnsteuern zahlen müssen

Seine Mitarbeiter hätten alle vorbildlich reagiert und klaglos die Mehrbelastung hingenommen – schon als Anerkennung dafür wolle er ihnen allen etwas zusätzlich zukommen lassen, sagt Wolf. Klar, im Moment schaue jeder von Tag zu Tag. Aber wenn das mit Corona irgendwann einmal vorbei ist – dann wäre doch vielleicht der geeignete Moment gekommen, nachhaltig nachzusteuern im System. Die, die viel und wichtige Arbeit erledigen, anständig zu bezahlen. Und denen, die jetzt sehr viel arbeiten, die Lohnsteuer zu erlassen. Wenigstens für den Bonus, findet Klaus Wolf.

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Aktuell überlegt er, die Öffnungszeiten abends zu verkürzen. Zu tun gibt es genug, gerade hat er zwei zusätzliche Aushilfen eingestellt, um die Arbeit etwas zu entzerren. Aber seine Mitarbeiterinnen – überwiegend Frauen – sind zu großen Teilen auf den Öffentlichen Nahverkehr angewiesen. Und der fährt aktuell nur bis 20 Uhr. „Wir haben bis 20 Uhr offen, vor 20.30 Uhr ist man dann nicht raus – da kommt kein Bus mehr“, sagt er.

Die Versorgung im Siegener Biomarkt in Zeiten von Corona

Inzwischen habe sich die Lage auch wieder einigermaßen beruhigt, sagt der Biomarktbetreiber. „Die Umsätze haben sich im Großen und Ganzen auf normales Niveau eingepegelt.“ Einzelne Produkte – Hefe zum Beispiel, was länger für die Nachproduktion benötigt, Mehl, Flüssigseifen und natürlich Toilettenpapier – seien knapp, sie gibt es nur in Kleinstmengen. Beschränkungen habe man aber nicht erlassen, sagt Klaus Wolf: Viele Kunden kämen zu Wocheneinkauf und nähmen dann zum Beispiel einen Karton mit – diesen Stammkunden möchte Wolf das nicht verbieten. Und inzwischen sei es zum Glück auch nicht mehr nötig.

Trotzdem: Nach wie vor darf nur eine bestimmte Anzahl Kunden gleichzeitig in den Laden. Bei Denn’s Biomarkt haben sie eine ganz einfache und äußerst effektive Lösung: Statt jemanden an die Tür zu stellen, der zählt, muss jeder Kunde zur Zeit einen Einkaufswagen nehmen. Ohne kommt man nicht rein. Und zur Zeit gibt es einfach nur eine begrenzte Zahl von Einkaufswagen – Problem gelöst. „Das hab’ ich mir von einem Edeka in Weidenau abgeguckt“, sagt Wolf.

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Und die Menschen kauften auch zügiger ein, lange Warteschlangen gebe es kaum noch. Die Kassen sind möglichst alle belegt, um den Durchfluss zu erhöhen, das Bistro ist geschlossen, an der Käsetheke wird zur zeit nicht mehr bedient. Und viele Kunden von Denn’s Biomarkt kaufen ja ohnehin sehr bewusst ein: Weil sie auf ihre Ernährung achten. „Gesunde Ernährung stärkt die Abwehrkräfte“, sagt Wolf. Auch wer Allergien habe oder eine chronische Erkrankung findet bei ihm viele Produkte, die für die dann oft nötige Schonkost benötigt werden.

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