Hilchenbach. Bei der Kommunalwahl 2020 tritt Hilchenbachs Bürgermeister Holger Menzel nicht wieder an. Gründe seien unter anderem die Angriffe aus der Politik
Holger Menzel wird ab Herbst 2020 nicht mehr Bürgermeister von Hilchenbach sein. In einem Statement wandte sich der Verwaltungschef am Donnerstag, 19. März, an die Bürger und kündigte an, bei der Kommunalwahl im Herbst 2020 nicht mehr zu kandidieren.
Er hat keine Lust mehr. Der Idealismus, mit dem er sein Amt angetreten habe, komme ihm „zunehmend abhanden“. Ihm fehle „Motivation für die Zukunft, die für die Ausübung dieses Amtes zwingend erforderlich ist“. Deshalb werde er im September nicht mehr für das Amt kandidieren. Für ihn gehe dann eine „außergewöhnliche und tolle Zeit“ zu Ende. „Ich bereue nichts.“
Schon Menzels Vorgänger scheitert an diesem Hilchenbacher Rat
Am Donnerstagmittag überraschte Holger Menzel mit einem fünfseitigen Brief an alle Hilchenbacherinnen und Hilchenbacher, nachdem er zuvor die Belegschaft im Rathaus informiert hatte. Noch im Dezember hatte er sich auf bohrendes Nachfragen von Grünen-Fraktionschef Dr. Peter Neuhaus im Rat zur gegenteiligen Äußerung hinreißen lassen: „Ich bin entschlossen anzutreten.“
Unterstützung im Rat hatte der Müsener, der 2015 mit Unterstützung von UWG, Grünen und FDP ins Amt kam, damals schon nicht mehr. Inzwischen haben UWG und FDP zusammen mit der CDU die Kreuztaler Stadträtin Edelgard Blümel nominiert. Und auch Sven Wengenroth, 2015 bei der SPD, jetzt bei den Linken, hatte sich entschieden, noch einmal gegen Menzel anzutreten.
Holger Menzel, studierter Bauingenieur, arbeitete bei der Bezirksregierung, als er sich 2015 auf die Kandidatensuche der drei Fraktionen bewarb. Diese brauchten einen Nachfolger für Hans-Peter Hasenstab, der nach zwei Amtszeiten nicht wieder kandidierte – vorgeblich, um sich beruflich neu zu orientieren, tatsächlich aber auch aus Ärger über den 2014 neu gewählten Rat, der ihm die Verabschiedung des Haushalts verweigerte. Demselben Rat, an dem nun auch Holger Menzel gescheitert ist.
Die Gründe, warum Holger Menzel in Hilchenbach nicht mehr antritt
„Ich hätte das Amt des Bürgermeisters gern noch mindestens eine weitere Amtszeit bekleidet“, schreibt Holger Menzel, „aber nicht zu diesen Bedingungen.“ Diese Gründe nennt er neben anderen:
„Ständige unsachliche, unfaire und auch persönliche Attacken aus der Politik“: Es fehle an der „sportlichen Fairness“ im Umgang. Solche Diskussionskultur führe „am Ende zu einer weiteren Politikverdrossenheit“. Ausdrücklich erwähnt Menzel, dass nicht öffentliche Vorlagen für die Gremien des Rates „ungefiltert an die Presse weitergegeben“ worden seien.
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Bei der Auseinandersetzung um das Marktplatz-Gemälde („Bilderstreit“) und um die Antifa-Flagge bei einer Veranstaltung auf dem Dirt-Bike-Platz sei er „in die rechte Ecke gedrängt“ worden. „Wer mich wirklich kennt, weiß, wie absurd diese Behauptung ist.“
„Die Vorgehensweise der ehemaligen Unterstützer“: Er habe „nach durchaus erfolgreichen Jahren der Zusammenarbeit zumindest erwartet, dass die Zusammenarbeit auch mit einem abschließenden Gespräch endet“. Diese hätten aber „im stillen Kämmerlein“ über die Bürgermeisterkandidatur entschieden. Am besten habe er „paradoxerweise“ mit der Fraktion zusammengearbeitet, die einen Gegenkandidaten gegen ihn aufgestellt habe, also der SPD.
„Leider nehmen auch die Angriffe aus der Bevölkerung heraus zu.“ Dazu trage „leider auch eine einseitige Berichterstattung der lokalen Presse“ bei, „die insbesondere Hilchenbach dauerhaft mit negativen Schlagzeilen belegt. Ein objektives Bild lässt sich mit einer solchen Berichterstattung trotz der Erfolge kaum zeichnen.“
Strukturelle Probleme machten „die Arbeit des Bürgermeisters zunehmend schwieriger, ja fast unmöglich“. Der Stadt würden neue Aufgaben übertragen, die aber nicht finanziert würden – zum Beispiel in der Flüchtlingskrise oder jüngst bei der Organspende. „Wer hierbei glaubt, dass das mit der Aushändigung einer Broschüre erledigt ist, glänzt aus meiner Sicht entweder mit grandioser Weltfremdheit oder vollkommener Gleichgültigkeit den Kommunen gegenüber.“
Reaktionen aus Hilchenbach auf den Rückzug von Holger Menzel
SPD-Fraktionschef Helmut Kaufmann, dessen Partei bisher keinen Kandidaten nominiert hat, äußerte sich überrascht, „dass er das Feld so verlässt – zumal keiner weiß, ob die Kommunalwahl im September überhaupt stattfindet“. Die CDU habe Menzels Entscheidung zu akzeptieren, sagte deren Fraktionschef André Jung. „Ich habe die Zusammenarbeit mit ihm immer gesucht. Er ist an mangelnder Kommunikation gescheitert.“ Nicht äußern wollte sich am Donnerstag Grünen-Vorsitzender Dr. Peter Neuhaus, der schon Anfang 2019 die Suche nach einem neuen Bürgermeister initiiert hatte.
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